
In Brasilien sollen in den 1970er und 1980er Jahren Arbeiter eines Agrarunternehmens von Volkswagen wie Sklaven gehalten worden sein. VW lehnte einen Vergleich ab. Nun wurde das Unternehmen verklagt.
„Diese Arbeiter waren auf dem Bauernhof allen Arten von Gewalt ausgesetzt: bewaffneter Überwachung, physischer und psychischer Aggression, erniedrigenden Arbeitsbedingungen, anstrengenden Arbeitszeiten und Schuldknechtschaft“, sagt Staatsanwalt Rafael Garcia Rodrigues ARD-Interview.
Er koordiniert die Ermittlungen gegen Volkswagen Brasilien. „Die Arbeiter durften die Farm nicht verlassen, bis sie die Kunden bezahlt hatten, bei denen es sich in Wirklichkeit um Menschenhändler handelte“, sagte Garcia Rodrigues.
Arbeit im VW-Agrarunternehmen
Das brasilianische Arbeitsministerium hat am Mittwoch Klage gegen Volkswagen Brasilien eingereicht. Es geht um schwere Menschenrechtsverletzungen und moderne Sklavenarbeit auf einer riesigen Rinderfarm im Bundesstaat Pará.
Auf der sogenannten „Fazenda Volkswagen“, einem landwirtschaftlichen Betrieb, der einer Tochtergesellschaft von Volkswagen Brasilien gehörte, kam es offenbar zu systematischer Ausbeutung und Gewalt gegen Arbeiter.
Die mutmaßlichen Verbrechen ereigneten sich während der brasilianischen Militärdiktatur in den 1970er und 1980er Jahren. In der Klage fordert das Arbeitsministerium eine Entschädigung in Höhe von umgerechnet rund 30 Millionen Euro.
„Grausame Zwangsarbeit“
Augenzeugen berichten von grausamer Zwangsarbeit, Waffengewalt, Fluchtversuchen, bei denen Arbeiter gefesselt wurden, und sogar von Todesfällen. Der Priester Ricardo Resende schildert die Umstände ARD-Interview so: „Auf dem Bauernhof traf ich einen Arbeiter, der mich um Hilfe bat. Er packte meinen Arm, er zitterte vor Fieber und sagte, ich müsse ihn retten.“
Er fragte den Arbeiter, wovor er ihn retten sollte. „Er sagte, er hätte Malaria und sie würden ihn nicht gehen lassen, weil er Schulden habe. Als kranker Mensch wurde er nicht nur nicht versorgt, sondern es wurde ihm auch verwehrt, sich behandeln zu lassen.“ Resende machte öffentlich auf die Menschenrechtsverletzungen aufmerksam und berichtete, dass die Arbeiter praktisch in der Falle saßen.
„Hunderte Menschen betroffen“
Laut Staatsanwalt Garcia Rodrigues waren Hunderte und möglicherweise sogar mehr als Tausend Menschen betroffen. Er erklärt, dass Volkswagen offenbar von den menschenunwürdigen Bedingungen auf der Rinderfarm wusste und von der Ausbeutung profitierte.
Er weist auf die Verantwortung des deutschen Automobilherstellers hin. Die Arbeiter wurden unter falschen Versprechungen auf die Farm gebracht und gezwungen, für das Unternehmen zu arbeiten, um die Schulden zu begleichen, die aufgrund der überhöhten Kosten für Nahrung und Unterkunft wuchsen. Nach Angaben des Anwalts entsprechen diese Bedingungen internationalen Definitionen von Zwangsarbeit und moderner Sklaverei.
Volkswagen Brasilien gab an, noch nicht offiziell benachrichtigt worden zu sein und daher keinen Zugang zum Inhalt der Klage zu haben, und äußerte sich nicht zum laufenden Verfahren. VW lehnte eine außergerichtliche Einigung ab. Die Gerichtsverhandlung ist für Februar nächsten Jahres geplant.