Vorwurf der Doppelmoral
China führt seinen Zollkrieg mit Trump aggressiv
12. Oktober 2025, 10:59 Uhr
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Seltene Erden sind ein zentrales Thema im Handelskonflikt zwischen Peking und Washington. China will strengere Exportkontrollen einführen. US-Präsident Trump reagiert mit Zusatzzöllen gegen Peking in Höhe von 100 Prozent. Nun eskaliert der Streit erneut.
Im Handelsstreit zwischen den USA und China haben sich die Fronten zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt deutlich verhärtet. Nach der Ankündigung weiterer Zölle durch Präsident Donald Trump wirft China den USA Doppelmoral vor und droht mit Gegenmaßnahmen. Washington verallgemeinert seit langem das Prinzip der nationalen Sicherheit, missbraucht Exportkontrollen, wendet diskriminierende Maßnahmen gegenüber China an und weitet seine Zuständigkeit auf Produkte wie Halbleiter und Computerchips einseitig aus, erklärte das Handelsministerium in Peking.
China warf den USA zudem vor, mit ihren Maßnahmen die globalen Lieferketten zu stören. Peking fordert die USA auf, ihren „falschen Ansatz“ zu korrigieren, die Ergebnisse vergangener Handelsgespräche aufrechtzuerhalten und gegenseitige Bedenken durch Dialog auszuräumen. „Wenn die USA hartnäckig an ihrem Kurs festhalten, wird China entschlossen geeignete Maßnahmen ergreifen, um seine legitimen Rechte und Interessen zu schützen“, sagte das Ministerium.
Die Agentur antwortete auf eine Frage zu Trumps Erklärung, er werde ab dem 1. November zusätzliche Zölle in Höhe von 100 Prozent auf Importe aus China erheben. Dies folgte auf die Ankündigung Chinas, die Exportkontrollen für Seltene Erden auszuweiten.
Das chinesische Handelsministerium kündigte am Donnerstag an, den Export von Technologien rund um Seltene Erden nun strenger zu kontrollieren. Das Ministerium begründete die Maßnahme als legitim, um das eigene Exportkontrollsystem gesetzeskonform zu verbessern. Die Agentur sieht eine Bedrohung für die nationale Sicherheit und verweist auf die Bedeutung seltener Erden für militärische Zwecke und auf wiederkehrende Konflikte auf der ganzen Welt.
Am Freitag teilte das Ministerium in Peking mit, dass ab Dienstag eine Gebühr für Schiffe aus den USA fällig werde, die chinesische Häfen anlaufen. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf eine ähnliche Regelung in den USA, die aus einer unter Präsident Joe Biden eingeleiteten Wettbewerbsuntersuchung hervorgeht. Ebenfalls ab dem 14. Oktober wird für Schiffe, die chinesischen Unternehmen gehören oder in China hergestellt werden, beim Anlegen in den USA eine Gebühr erhoben.
Die Rolle seltener Erden
China ist ein weltweit bedeutender Produzent wichtiger Rohstoffe und verfügt daher über einen entscheidenden Einfluss in den Verhandlungen mit den USA. Die Rohstoffe und die daraus hergestellten Magnete werden sowohl in der Industrie als auch im Hightech- und Verteidigungssektor benötigt. Sie finden sich in zahlreichen Produkten von Elektromotoren über Halbleiter bis hin zu Turbinen.
China verfügt über eine hohe Konzentration an Bodenschätzen. Anders als ihr Name vermuten lässt, sind Seltene Erden nicht unbedingt selten. Doch der Abbau der Bodenschätze ist schwierig, da sie in anderen Rohstoffen gebunden sind. China hat sich auf das Verfahren spezialisiert.
Was könnte nun folgen?
Seit der Zolleskalation im April haben beide Seiten viermal in europäischen Großstädten verhandelt. Seitdem gelten deutlich niedrigere Tarife. Auch in Fragen wie dem Deal zum Verkauf der Videoplattform Tiktok schienen sich die Streitparteien angenähert zu haben.
Doch nun spitzt sich der Handelsstreit erneut zu. Sollte Trump seine Drohung wahr machen, würden auf chinesische Importe an der US-Grenze Zölle in Höhe von 130 Prozent in Kombination mit den aktuellen Zuschlägen erhoben, was den Handel voraussichtlich zum Erliegen bringen würde. Experten zufolge dürfte China ebenso hart zurückschlagen.
Streitigkeiten über weit mehr als Zölle und Rohstoffe
Beim Showdown zwischen den beiden Großmächten geht es nicht mehr nur um Zölle und Rohstoffe. China hat schon lange aufgehört, Soja von US-amerikanischen Landwirten zu kaufen – einer Kernwählerschaft von Trump, die damit ihren Hauptkunden verloren hat. Unterdessen schneidet Washington China von wichtiger Spitzentechnologie im Bereich der Computerchips ab, die die Chinesen für die Entwicklung künstlicher Intelligenz benötigen.
„Die neue Eskalation könnte Ausdruck von Fehleinschätzungen auf beiden Seiten sein“, analysiert Gabriel Wildau vom Beratungsunternehmen Teneo. Möglicherweise hat China versucht, seine Seltenerd-Maßnahmen zu nutzen, um seine Verhandlungsposition für das Treffen mit Trump in Südkorea zu verbessern. Als Eskalation hätte Peking laut Wildau auch die Exportkontrollliste des US-Handelsministeriums verstehen können, die Ende September um chinesische Unternehmen erweitert wurde. US-Beamte sahen darin lediglich eine technische Anpassung.