Das laufende Jahr verlief für Deutschlands größten Immobilienkonzern bisher erfolgreich: Der Gewinn ist gestiegen – vor allem aufgrund höherer Mieten. Und der Konzern geht davon aus, dass das so weitergehen wird.
Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern Vonovia verdiente in den ersten neun Monaten dank höherer Mieteinnahmen mehr, auch wenn der Wohnungsbestand sank. Auch das Geschäft mit Zusatzdienstleistungen und der Verkauf von Immobilien trugen zur Steigerung des Betriebsergebnisses bei. „Nach drei Jahren der Stagnation wachsen wir nun wieder mit großer Dynamik – wie vor der Krise“, sagte der scheidende Vonovia-Chef Rolf Buch bei der Vorlage der Zahlen.
Auch Vonovia investiert wieder mehr; in den ersten neun Monaten waren es rund 1,4 Milliarden Euro. Insgesamt hat Vonovia 1.555 Wohnungen fertiggestellt und mit dem Bau von 1.600 neuen Wohnungen begonnen.
Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg in den neun Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,4 Prozent auf 1,85 Milliarden Euro. Auch der Transaktionsmarkt habe sich so gut stabilisiert, dass der Immobilienkonzern die geplanten Preise beim Wohnungsverkauf realisieren könne, erklärte Buch.
Wohnungsnot spielt Vonovia in die Karten
Der Konzern profitiert weiterhin von der hohen Nachfrage nach Wohnraum in Ballungsräumen. „Wir sind vollständig vermietet und die Nachfrage bleibt hoch“, sagte Buch in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.
Im Durchschnitt zahlten Mieter bei Vonovia in Deutschland 8,11 Euro pro Quadratmeter (Stand Ende September 2025) – 30 Cent und 3,84 Prozent mehr als im September des Vorjahres. Damals habe der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei 7,81 Euro gelegen, teilte der Konzern in seinem Zwischenbericht mit.
Der Konzern rechnet mit noch höheren Gewinnen
Vonovia-Mieter müssen sich wohl auf weiter steigende Mieten einstellen. Im Zwischenbericht spricht das Unternehmen von einer „positiven Mietentwicklung“ im Kerngeschäft. Demnach bestätigte der Vorstand des DAX-Konzerns seine im Sommer erhöhten Ziele für das laufende Jahr und kündigte für 2026 erneut höhere Ergebnisse an.
Vonovia bestreitet stets, die Mieten auf Kosten der Mieter zu erhöhen. Dennoch stehen viele Mietervertreter der Gruppe sehr kritisch gegenüber. Vonovia hält viele Wohnungen im unteren Preissegment, aber nach Recherchen von ARD-Magazin Plusminus drehte kräftig an der Mietpreisschraube. Diese Wohnungen werden häufig von Bürgergeldempfängern bewohnt – und deren steigende „Unterbringungskosten“ werden im Wesentlichen vom Staat und damit letztlich vom Steuerzahler getragen.
Unerlaubte Mieterhöhungen?
Die Gruppe machte kürzlich Schlagzeilen, weil das Berliner Landgericht Mieterhöhungen aufgrund „guter öffentlicher Verkehrsanbindung und Nahversorgung“, wie die Gruppe sie nannte, für unzulässig erklärte. Diese Faktoren sind bereits im Mietspiegel berücksichtigt. Ein Vonovia-Sprecher sagte jedoch dem Tagesspiegel: „Wir bleiben von unserer Rechtsauffassung überzeugt.“
Kritik kommt auch von Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Deutschen Mieterbundes NRW. Im Gespräch mit tagesschau.de Witzke kritisierte das Geschäftsmodell von Vonovia und verwies auf mehrere laufende Klagen: „Die Mieterhöhungen von Vonovia gehen bis an die Grenze des Erlaubten und darüber hinaus, wie zahlreiche Gerichte in den letzten Monaten festgestellt haben.“
Neben Berlin hätten auch Gerichte in Hamburg, Dortmund und Dresden festgestellt, dass die Mieterhöhungen gegen den dortigen Mietspiegel verstoßen, sagte Witzke. Vonovia betont stets, dass die Mieterhöhungen rechtskonform seien und hat vielerorts Berufung eingelegt.
Haben Sie keine Angst vor der Politik
Witzke forderte einen vorübergehenden Mietenstopp, die Sanktionierung von Verstößen gegen den Mietendeckel und die Reduzierung deutlich überhöhter Mieten.
Damit rechnet Vonovia nicht. Dem Zwischenbericht zufolge sind aufgrund der Koalitionsvereinbarung für das laufende Geschäftsjahr keine negativen Entwicklungen zu erwarten. Mit anderen Worten: Das Wohnungsunternehmen geht nicht davon aus, dass die Politik ernsthaft in den Mietmarkt eingreifen will.
Forderungen des Vonovia-Chefs Reform der Mietpreisbindung
Gleichzeitig hat Vonovia-Chef Buch durchaus Wünsche an die Politik. Er fordert eine Reform des Mietendeckels: „Heute deckelt der Mietendeckel die Mieten in angespannten Wohnungsmärkten flächendeckend für alle, auch für Gutverdiener“, sagte Buch. „Es dient also nicht mehr seinem eigentlichen Zweck, nämlich diejenigen zu schützen, die wirklich Schutz brauchen.“ Er sprach von einem „massiven Eingriff in den Mietmarkt“, der den Markt zementieren und damit die Wohnungsnot verschärfen würde. „Das kann man durchaus als asozial bezeichnen.“
Mietendeckel sind gesetzliche Regelungen zur Miethöhe, die den Anstieg der Wohnungsmieten in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt bremsen sollen. Die Regelungen wurden im Jahr 2015 eingeführt. Sie sehen unter anderem vor, dass bei der Wiedervermietung einer Wohnung die neue Miete zu Beginn des Mietverhältnisses nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Die aktuellen Regeln sollen bis Ende 2029 gelten.
Zum Jahresende verlässt Firmenchef Buch den unter seiner Leitung herangewachsenen Branchenprimus. Sein Nachfolger wird der ehemalige SAP-Manager und derzeitige Vodafone-CFO Luka Mucic. Buch übernahm 2013 die Geschäftsführung von Vonovia und brachte sie schnell an die Börse. Mit einem Expansionskurs schuf der ehemalige Bertelsmann-Manager den größten deutschen Immobilienkonzern. Vonovia übernahm unter anderem Gagfah, Buwog und den Berliner Konkurrenten Deutsche Wohnen.
Mit Informationen von Alina Leimbach, ARD-Finanzredaktion
