EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen stellt heute einen Fahrplan für die Verteidigungsfähigkeit Europas vor. Das soll sich verbessern – spätestens bis 2030. Doch in manchen Mitgliedsstaaten herrscht Skepsis.
Bisher kursieren in Brüssel nur Schlagworte; Die neue Verteidigungsstrategie der Europäer ist nur in Fragmenten bekannt. Eine bessere Drohnenabwehr ist ein Stichwort dafür, aber auch eine schnellere Waffenproduktion und ganz allgemein der Wunsch nach mehr Zusammenarbeit der Verteidigungsministerien in Europas Hauptstädten.
Bevor Ursula von der Leyen heute den Fahrplan für neue europäische Verteidigungsprojekte vorstellte, musste sich die Chefin der EU-Kommission viel Kritik anhören. Bitte keine Doppelstrukturen war ein Kritikpunkt. Europas Verteidigung wird recht gut von der NATO verwaltet, die keine Konkurrenz aus der EU braucht.
Rutte signalisiert Unterstützung
Der Generalsekretär der NATO sieht die Dinge jedoch anders. Mark Rutte unterstützt die Leyens-Initiative. „Unsere Zusammenarbeit ist ausgezeichnet“, erklärte er kürzlich auf einer der mittlerweile regelmäßig stattfindenden Sicherheitskonferenzen mit der EU-Kommission. Rutte will dies auf Basis einer klaren Aufgabenteilung ausbauen. „Die NATO legt die militärischen Ziele und Fähigkeiten fest“, erklärte er. Als entscheidende Kraft sieht er die EU und den Binnenmarkt. Sie kann die Rüstungsindustrie gezielt ankurbeln und Geld und Kredite zu ihrer Finanzierung bereitstellen.
Die Kommissionschefin will noch einen Schritt weiter gehen: Sie will die Rüstungsproduktion besser kontrollieren. Möglichst viele Länder sollten zusammenkommen, sie sollten sich so oft wie möglich auf ein Waffensystem einigen und es dann gemeinsam beschaffen. Was wirtschaftlich selbstverständlich ist, weil es Kosten spart, ist politisch umstritten. Europas Regierungen geben ungern Verantwortung an Brüssel ab.
Europäische Reaktion auf russische Drohnen
Beim Vorschlag für ein gemeinsames Drohnenabwehrsystem kann die Kommissionschefin mit mehr Unterstützung aus den Hauptstädten rechnen. Die NATO sah nicht gut aus, als billige russische Drohnen mit teuren europäischen Kampfjets bekämpft werden mussten. „Europa muss jetzt eine starke und gemeinsame Antwort auf die russischen Drohnen liefern“, forderte der Kommissionschef wenige Tage, nachdem 19 russische Drohnen tief in den polnischen Luftraum eindringen konnten.
Was wäre, wenn Putin einen ganzen Schwarm schicken würde und Hunderte von Drohnen über die Grenze kämen? Was wäre, wenn sie voller Sprengstoff wären? Die Nato-Führung erklärte, sie lerne aus Fehlern – und bekundete prompt Interesse an dem Vorschlag der EU-Kommission. Die Drohnenabwehr soll in das größere Programm „Eastern Flank Watch“ integriert werden. Gute Schlagzeilen gibt es bereits; In ihrer heutigen Roadmap möchte von der Leyen erläutern, wie sie sich die Umsetzung vorstellt.
Pistorius signalisiert Zustimmung
Boris Pistorius hat bereits gestern beim Nato-Treffen in Brüssel seine Zustimmung signalisiert. Grundsätzlich hält er die neue Aufgabenverteilung für richtig. „Die physische Verteidigung des NATO-Territoriums ist in erster Linie Aufgabe der NATO und daran wird sich nichts ändern“, erklärte der Bundesverteidigungsminister. „Aber jeder Beitrag, der von der Europäischen Union kommt und in der Regel über Mitgliedsbeiträge der EU-Mitgliedstaaten finanziert wird, ist willkommen.“
Zumal beim Treffen der Verteidigungsminister erneut deutlich wurde, dass die Europäer nicht immer die gleichen Interessen haben wie die Amerikaner – und in der Nato immer noch den Ton angeben. Ohnehin sind die meisten EU-Länder auch Mitglieder der NATO. Nur vier Länder sind nicht Mitglieder des Militärbündnisses: Österreich und Irland sowie die Inselrepubliken Malta und Zypern. Einige von ihnen haben aber auch enge Beziehungen zur Allianz und nehmen an Manövern teil.