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Volksbefragung: Klimaschutz per Kreuz – Hamburg stimmt anders ab als erwartet

Die Entscheidung für die Zukunft ist gefallen. Die Abstimmung zeigt nicht nur die Zustimmung zum Klimaschutzgesetz, sondern auch Differenzen, die die politische Landkarte Hamburgs neu zeichnen – zwischen Mitte und Rand, zwischen Brief und Wahlurne.

Die Hamburger Zukunftsentscheidung brachte nicht nur ein neues Klimaschutzgesetz mit sich – sie lieferte auch überraschende Erkenntnisse über das Wahlverhalten der Bevölkerung. Besonders auffällig: In den Wahllokalen war die Zustimmung zum Gesetzentwurf höher als bei den Briefwählern. Eine Erkenntnis, die viele überraschte.

„In den Wahllokalen stimmten 56,3 Prozent für die Zukunftsentscheidung“, erklärte Landeswahlleiter Oliver Rudolf bei einer Sonder-Landespressekonferenz am Montag im Hamburger Rathaus. „Das sind rund drei Prozentpunkte mehr als das Gesamtergebnis.“ Auch beim zweiten Volksentscheid, der Initiative „Hamburg testet Grundeinkommen“, lag die Zustimmung an der Wahlurne mit 40,5 Prozent überdurchschnittlich hoch. Die Erwartungshaltung im Vorfeld war eine andere: Viele gingen davon aus, dass sich vor allem Briefwähler besonders für den Klimaschutz engagieren würden. Die Hypothese besagt, dass sich früher entscheidet, wer sich für ein Thema begeistert.

Bei vereinzelten Volksabstimmungen ist die Briefwahl die Regel. „Ein Volksentscheid außerhalb einer Wahl ist in erster Linie als Briefwahl konzipiert“, sagte Rudolf. Alle Wahlberechtigten erhalten ihre Unterlagen automatisch per Post – auch Stimmzettel und Stimmzettel. Dies führte beim Olympia-Referendum 2015 und bei der Abstimmung über die Schulreform zu geringen Wählerzahlen. Beim Olympia-Referendum waren es 78.000, bei der Schulreform 2010 waren es nur noch 65.000.

Doch die Zahlen vom Sonntag sprechen eine andere Sprache. Rund 111.000 Hamburgerinnen und Hamburger gaben ihre Stimme in einem der 185 Wahlzentren ab. „Man sieht, dass der Zustrom zu den Wahlbüros dieses Mal sehr starr war“, sagte Rudolf.

Die Gründe für die stärkere Unterstützung an der Wahlurne sind nicht abschließend geklärt. Es ist möglich, dass die persönliche Abstimmung mit einem höheren Maß an politischem Engagement verbunden ist. Wer sich die Mühe macht, in ein Wahllokal zu gehen, hätte sich intensiver mit den Inhalten der Volksabstimmungen auseinandersetzen können. Zudem war die öffentliche Debatte in den Wochen vor der Entscheidung intensiv und kontrovers. Insbesondere die künftige Entscheidung wurde in den Medien, sozialen Netzwerken und politischen Gremien breit diskutiert. Diese Dynamik könnte dazu beigetragen haben, dass sich viele Menschen kurzfristig für die Stimmabgabe entschieden haben – etwa um ein Zeichen zu setzen oder sich aktiv zu engagieren.

Aus technischer Sicht verlief der Abstimmungstag weitgehend reibungslos. Obwohl es in einzelnen Wahlzentren zu kleineren Problemen kam – etwa mit der elektronischen Stimmliste oder der nachträglichen Zustellung der Stimmzettel – sorgte ein vorbereiteter Notfallplan für die Absicherung der Stimmabgabe. In einem Fall mussten fünf Personen unverrichteter Dinge abreisen, weil die Stimmzettel nicht rechtzeitig zugestellt wurden. „Das ist natürlich sehr ärgerlich“, gab Rudolf zu. „Wir wollen, dass jeder Wahlberechtigte wählen kann.“

Auch die Möglichkeit, in jedem Wahllokal abzustimmen, wurde rege genutzt. Rund 10.000 Menschen machten davon Gebrauch. „Dies wird dadurch ermöglicht, dass es in den Wahlzentren eine elektronische Stimmliste gab“, erklärte Rudolf. „Das heißt, Sie waren online zugeschaltet und konnten prüfen, ob Sie wahlberechtigt sind.“

Die Gesamtwahlbeteiligung lag bei 43,7 Prozent – ​​ein überdurchschnittlicher Wert für eine Volksabstimmung außerhalb eines Wahltages. Nur das Olympia-Referendum 2015 verzeichnete mit 50,2 Prozent eine höhere Wahlbeteiligung. Die Kosten für die Abstimmung belaufen sich nach ersten Schätzungen auf rund sieben Millionen Euro. Im Einsatz waren rund 6.000 ehrenamtliche Wahlhelfer. Die Auszählung verlief zügig und ohne größere Zwischenfälle. „Die Ergebnisse lagen gegen 22:30 Uhr vor – genau wie geplant“, sagte Rudolf. Der einfache Aufbau der Stimmzettel trug dazu bei, dass die Auszählung schnell und zuverlässig erfolgte.

Die Abstimmungsergebnisse zeigen ein klares Muster: Besonders groß war die Unterstützung für die künftige Entscheidung in den zentralen und städtischeren Bezirken, während die äußeren, eher vorstädtischen Gebiete deutlich zurückhaltender stimmten. Maike Johannsen vom Statistikamt Nord fasste es so zusammen: „Bei der künftigen Entscheidung haben wir eine türkise Mitte, die mehrheitlich mit Ja gestimmt hat. In den Außenbereichen überwogen die Nein-Stimmen.“

Die Extremwerte unterstreichen diese Spaltung. In Wilhelmsburg erhielt die Schule Fährstraße 86,6 Prozent Ja-Stimmen, das Schauspielhaus Katenweise in der Veddel kam auf 86,4 Prozent und die Ganztagsgrundschule Sternschanze auf 85,5 Prozent. Diese Hotspots liegen alle in dicht besiedelten, teils sozial geprägten Stadtteilen mit einem hohen Mieteranteil. Ganz anders sieht es in den wohlhabenderen Randgebieten aus: Die Neuland-Schule verzeichnete nur 28,3 Prozent Zustimmung, die Lemsahl-Mellingstedt-Schule 30,4 Prozent und die Strenge-Schule in Wellingsbüttel 32 Prozent. Die Vermutung aus der Pressekonferenz, dass Mieter eher zustimmen und Eigentümer eher ablehnen, wird hier zumindest optisch bestätigt – auch wenn es hierzu keine belastbaren Daten gibt.

Das endgültige offizielle Ergebnis wird voraussichtlich am 4. November vom Senat festgelegt. Bis dahin bleibt noch Zeit für weitere Auswertungen – etwa zur Teilnahme nach Altersgruppen. Dies sollte morgen, Dienstag verfügbar sein.

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