Vom erhofften Festtag der Deutschen beim Neujahrsspringen blieb am Ende nicht viel übrig. Während sich Karl Geiger in der Weltspitze zurückmeldet, kann Pius Paschke im zweiten Durchgang nur noch Schadensbegrenzung betreiben. Der Sieg bei der Vierschanzentournee ist in weite Ferne gerückt.
Plötzlich war es ganz still in der Skisprung-Arena Garmisch-Partenkirchens. Eben noch hatten die 22.500 Zuschauer Pius Paschke mit ihrem Jubel angefeuert und seinen ersten Sprung des neuen Jahres lautstark begleitet – dann landete er bei nur 129 Metern. Zu wenig, um vorn mitzumischen. Zu wenig, um die Österreicher im Kampf um den Vierschanzentournee-Sieg herauszufordern. Nur wenige Minuten später aber brandete Jubel nach der Landung Karl Geigers auf: Der Oberstdorfer landete bei 137 Metern. Konnte doch noch ein Deutscher um den Sieg beim Neujahrsspringen mitmischen, den ersten Triumph seit 23 Jahren?
Vier Athleten überflügelten Geiger noch, an der Spitze die Österreicher Daniel Tschofenig und Michael Hayböck. Ein starker Sprung im zweiten Durchgang – und das Podest wäre möglich für den Oberstdorfer. Und Geiger sprang gut, aber einfach nicht gut genug. Am Ende landete er beim überragenden Sieg des Österreichers Tschofenig als bester Deutscher auf Rang sechs – für ihn persönlich ein Erfolg, aber ein Festtag für die deutschen Skispringer war das Neujahrsspringen nicht: kein Sieg, kein Podestplatz und in der Gesamtwertung hat Paschke, der einzige aussichtsreiche DSV-Adler, Punkte verloren, anstatt aufzuholen.
Ein Ende der 23 Jahre währenden Durststrecke seit Sven Hannawalds Vierfach-Coup? Dazu bräuchte es jetzt schon ein Skisprung-Wunder.
Denn während sich Geiger nach einer durchwachsenen Saison zurück in der Weltspitze meldete, konnte Paschke mit 143,5 Metern im zweiten Sprung nur noch Schadensbegrenzung betreiben, auch wenn er sich damit immerhin um sieben Plätze verbesserte: Rang neun für jenen Mann, der als Weltcupführender und Deutschlands großer Hoffnungsträger zur Vierschanzentournee gereist war. „Im ersten Durchgang habe ich leider einen kleinen Fehler oben gemacht, der viele Folgefehler nach sich zog“, sagte Paschke.
Tschofenig ist der Mann der Stunde
Bis kurz vor der Vierschanzentournee hatte das deutsche Team mit Paschke an der Spitze den Weltcup dominiert, seitdem aber sind es die Österreicher. Tschofenig übernimmt mit dem deutlichen Erfolg beim Neujahrsspringen jetzt nicht nur die Tournee-Führung, sondern auch das Gelbe Trikot des Weltcup-Spitzenreiters. Hinter dem 22-Jährigen komplettierten Gregor Deschwanden aus der Schweiz als Zweiter und der Österreicher Michael Hayböck als Dritter das Podium in Garmisch-Partenkirchen.
Hayböck schaffte zum Start in das Jahr mit 145 Metern sogar einen Schanzenrekord im ersten Durchgang. Andreas Wellinger kam als drittbester Deutscher hinter Paschke auf Platz zehn.
Das Warten auf den ersten Gesamtsieg seit Sven Hannawald dürfte damit weitergehen. Dabei waren 22.500 Zuschauer – darunter Bayerns Ministerpräsident Markus Söder – bei prächtigem Sonnenwetter bereit für eine riesige Sause gewesen. Klassiker wie „Griechischer Wein“, „YMCA“ und „Über den Wolken“ erklangen, die Fans sangen lautstark mit. Nur die deutschen Springer vermochten die Party nicht weiter zu befeuern.
25,3 Punkte Rückstand
Bei den beiden verbleibenden Wettbewerben in Innsbruck und Bischofshofen dürfte es nur noch darum gehen, welcher Österreicher am 6. Januar den goldenen Adler für den Gesamtsieger in die Höhe recken darf. Die beste Ausgangssituation zur Halbzeit hat nun Tschofenig: Er nahm sowohl Jan Hörl (Rang fünf) als auch Oberstdorf-Gewinner Stefan Kraft (Achter) Punkte ab und fährt als Führender zum Bergisel, wo am Samstag (13.30 Uhr/ARD und Eurosport) der dritte Wettbewerb ausgetragen wird.
Für die Deutschen geht es wohl hauptsächlich um Einzelergebnisse. Paschke liegt nach Rang vier in Oberstdorf und neun in Garmisch-Partenkirchen jetzt im Gesamtklassement auf Platz sechs mit 25,3 Punkten Rückstand auf Tschofenig. Unmöglich ist der Tournee-Sieg zwar nicht, aber sehr unwahrscheinlich.