Der Mindestlohn soll in den nächsten zwei Jahren erhöht werden. Allerdings herrscht Unzufriedenheit in der Bevölkerung – von Arbeitnehmern bis hin zu kleineren Unternehmen.
Frankfurt – Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat am 29. Oktober beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn schrittweise zu erhöhen. Dem Kabinettsbeschluss zufolge soll die Lohnuntergrenze zum 1. Januar 2026 von derzeit 12,82 Euro auf 13,90 Euro pro Stunde und ein Jahr später auf 14,60 Euro steigen.
Damit setzt die Regierung eine Empfehlung der unabhängigen Mindestlohnkommission vom Juni um, von der nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes bis zu 6,6 Millionen Arbeitnehmer profitieren könnten. Die Reaktionen auf die Erhöhung des Mindestlohns waren jedoch gemischt, wobei sich die Kritik weniger auf die Erhöhung selbst als vielmehr auf deren Höhe richtete.
„Auch dann wird es nicht gehen“: Arche-Mitarbeiter zeichnet für viele Familien ein bitteres Bild
Anlässlich der Empfehlung der Mindestlohnkommission erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele in einer Stellungnahme: „Ein Mindestlohn von 14,60 Euro pro Stunde ist zu wenig. Eine Erhöhung auf 15 Euro wäre angesichts der hohen Inflation der letzten Jahre angemessen gewesen. Arbeitnehmer, die den Mindestlohn beziehen, müssen wegen der hohen Preise jeden Euro dreimal umsetzen. Sie brauchen dringend einen Lohn, von dem sie leben können. Daher ist es unverständlich, warum sich Arbeitgeber blockieren.“
In einem Interview mit bild.de Arche-Mitarbeiterin Josefine Brendel, die als Familienhelferin arbeitet, erklärte: „Das ist also ein sehr schöner Gedanke, aber 1,08 Euro extra pro Stunde helfen da natürlich nicht viel.“ Die Beteiligung vieler Familien bliebe unverändert: „Die Eltern haben kein Geld, um in den Urlaub zu fahren, die Freizeitaktivitäten ihrer Kinder zu bezahlen oder für Nachhilfeunterricht.“ Sie urteilt: „Das geht auch mit 1,08 Euro mehr nicht.“
Auch kleine Unternehmen kämpfen mit einer Mindestlohnerhöhung – ein Friseur zeichnet ein bitteres Bild für die Kunden
Auch bei kleineren Unternehmen gibt es Bedenken. Eine Friseurin aus dem nordrhein-westfälischen Lünen machte in einem Facebook-Post ihren Ärger über die bevorstehende Mindestlohnerhöhung öffentlich und kündigte die Konsequenzen für ihre Kunden an. „Die Preiserhöhung wird sich in einer Größenordnung von vier bis sechs Prozent bewegen“, erklärt sie und begründet: „Wie in jedem Unternehmen sind die Lohnnebenkosten der größte Kostenfaktor, wobei ab dem nächsten Jahr natürlich auch die Löhne erhöht werden. Höhere Löhne werden sich dann verständlicherweise auch auf die Preisgestaltung auswirken.“
Besonders frustriert ist die Friseurin über die Konkurrenzsituation in ihrer Branche: „Kein Friseur, der mit bestem Fachwissen, mit hochwertigen Produkten arbeitet und seinen Mitarbeitern ein Gehalt zahlt, das stark vom Mindestlohn abweicht, kann günstige Preise anbieten.“ Ihre düstere Prognose für die gesamte Branche lautet: „Leider sieht die Zukunft des Friseurhandwerks sehr bitter aus – und genau deshalb interessieren sich keine Auszubildenden mehr für diesen Beruf.“
„Was bringt so eine lächerliche Erhöhung?“: Netzwerkreaktionen auf die Mindestlohnerhöhung
Der Ton im Netz ist noch schärfer als die geplante Erhöhung. Ein Handwerker kommentiert auf Facebook: „Ich habe so viele Kollegen, die sich Tag für Tag für die Gesellschaft zu Tode arbeiten und nur den Mindestlohn bekommen. Was bringt so eine lächerliche Erhöhung, wenn im Supermarkt alles wieder teurer wird?“ Ein Mitarbeiter aus der Gastronomie schildert: „Viele von uns bekommen tatsächlich nicht einmal den Mindestlohn, es ist pure Ignoranz zu glauben, dass uns das hilft.“
Das Thema hatte bereits innerhalb der Regierungskoalition selbst für Spannungen gesorgt. Merz hatte vor der Entscheidung mehrfach betont, dass es für eine Erhöhung auf 15 Euro, wie ursprünglich von der SPD gefordert, „keinen gesetzlichen Automatismus“ geben werde. SPD-Chef Lars Klingbeil hatte zuvor erklärt, dass der Mindestlohn im Jahr 2026 auf 15 Euro steigen werde, was Merz mit den Worten „Darüber waren wir uns nicht einig“ zurückwies. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zeigte sich nach der Entscheidung erleichtert, räumte aber ein, dass sie „als Sozialdemokratin natürlich mehr gewollt hätte.“ (Quellen: IPPEN.MEDIA, VdK, bild.de, facebook.com, eigene Recherche) (schwarz)
