
Das Beschaffungsamt der Bundeswehr BAAINBw hat den europäischen Rüstungskonzern General Dynamics European Land Systems (GDELS) mit der Entwicklung und Lieferung von 274 Aufklärungsfahrzeugen vom Typ Luchs 2 beauftragt. Das geht heute aus einer Stellungnahme des BAAINBw hervor. Zuvor hatte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages entsprechende Finanzmittel freigegeben. Die Auslieferung der ersten Serienfahrzeuge an die Truppe soll 2029 beginnen.
„Das hochspezialisierte Aufklärungsfahrzeugsystem, das hinsichtlich Autonomie, akustischer und thermischer Signatur neue Maßstäbe setzen wird, zeichnet sich durch modernste, vernetzte Aufklärungssensorik, überlegene Mobilität und Durchsetzungskraft aus“, beschreibt der Hersteller GDELS in einer ebenfalls heute veröffentlichten Stellungnahme die Kernmerkmale des Luchs 2.


Für die Entwicklung und Produktion von 274 Luchs 2 inklusive Trainingssimulatoren sowie einem umfangreichen Ausrüstungs- und Logistikpaket wurde nach hartpunkt vorliegenden Informationen ein Gesamtbudget von knapp über 3,5 Milliarden Euro freigegeben. Auch die Entwicklung des Waffensystems ist im Paket enthalten. Darüber hinaus wurden optional 82 weitere Fahrzeuge vereinbart. Allerdings sind die für die Hauptbewaffnung der Luchs 2 vorgesehenen Kanonen hier nicht berücksichtigt; Diese werden über ein separates Projekt beschafft, das ebenfalls am vergangenen Mittwoch genehmigt wurde. Zu diesem Zweck wird mit Rheinmetall ein Rahmenvertrag geschlossen, bei dem bis zu 310 25-mm-Maschinenkanonen vom Typ KBA erworben werden können.


Die Oerlikon KBA ist eine Maschinenkanone im Kaliber 25 x 137 mm, die für die Feuerunterstützung mittlerer Distanz optimiert ist und eine effektive Reichweite von bis zu 2.700 Metern hat. Rheinmetall gibt an, bereits über 6.000 KBA-Geschütze produziert zu haben, die über drei Feuermodi und eine doppelte Bandzuführung verfügen. Dank der Doppelgurtzuführung können zwei unterschiedliche Munitionsarten in dieselbe Waffe geladen werden. Rheinmetall gibt die Schussfrequenz der Waffe mit bis zu 600 Schuss pro Minute an. Weitere verfügbare Feuermodi sind der Einzelschuss- und der schnelle Einzelfeuermodus (RSS) mit 200 Schuss pro Minute. Das Munitionsportfolio umfasst laut Rheinmetall panzerbrechende APFSDS-T-Geschosse, Deformationsgeschosse und HEI-T-Brandgeschosse sowie modernste Anti-UAV-Munition mit Selbstzerlegungsfunktion für den Einsatz gegen Drohnen.
Mit dem Aufklärungsfahrzeug „Next Generation“ will die Bundeswehr einen Teil der derzeit bei den Aufklärungstruppen des Heeres eingesetzten vierrädrigen Aufklärungsfahrzeuge vom Typ Fennek durch ein durchsetzungsfähiges Aufklärungsfahrzeug auf Rädern ersetzen, das maximale Mobilität mit modernster Aufklärungs- und Kommunikationstechnik in einem System vereint. Wie hartpunkt bereits in der Vergangenheit berichtete, wird das zukünftige Aufklärungsfahrzeug auf einer 6×6 Piranha-Radplattform des europäischen Verteidigungsunternehmens General Dynamics European Land Systems basieren.
Nach Angaben des BAAINBw wird die Luchs 2 mit modernster Aufklärungssensorik und leistungsstarken Informationsverarbeitungs- und Kommunikationssystemen ausgestattet, um den Anforderungen des „gläsernen Schlachtfeldes“ gerecht zu werden und gleichzeitig die Nischen auszunutzen, in denen unbemannte Systeme an ihre Grenzen stoßen. „Zusammen mit den zukunftsweisenden integrierten Aufklärungsfähigkeiten und neuen Möglichkeiten der Selbstverteidigung bewirken die neuen Systeme einen Generationswechsel im Heeresaufklärer der Bundeswehr mit einer deutlichen Steigerung der Fähigkeiten zur fahrzeuggestützten Aufklärung“, heißt es in der Stellungnahme des Beschaffungsamtes Koblenz. „Trotz des zunehmenden Einsatzes unbemannter Systeme bleibt die fahrzeuggestützte Aufklärung insbesondere bei schlechten Wetterbedingungen, in komplexem Gelände oder in Szenarien, die physische Präsenz und Nahaufklärung erfordern, unverzichtbar“, so das BAAINBw weiter.
Weitere Ausstattungsdetails des Luchs 2 wurden in der Pressemitteilung nicht kommuniziert. Auf der verteilten Grafik sind jedoch einige Merkmale des künftigen Hauptmobilitäts- und Funktionsträgers der fahrzeuggestützten Aufklärung der „Kavalleristen der Bundeswehr“ zu erkennen. So sind beispielsweise die zum Schwimmen notwendigen Propeller am Heck des Fahrzeugs und der Schwallschutz am Bug deutlich zu erkennen. Diese geben dem Fahrzeug die Möglichkeit, stehende und fließende Gewässer zu durchqueren, um eine größere Auswahl an „Annäherungsrouten“ zum Aufklärungsziel wählen zu können. Zu sehen ist außerdem der Sensormast auf der rechten Seite des Fahrzeughecks, der über stabilisierte Sensoren verfügen soll und somit auch während der Fahrt genutzt werden kann. Dabei handelt es sich offenbar um ein als BAA IV bekanntes Sensorsystem von Hensoldt, über das derzeit keine öffentlich zugänglichen Informationen vorliegen. Auf der linken Seite des Fahrzeughecks befindet sich ein weiterer Mast, der scheinbar einen ESM-Sensor trägt.
Zu sehen sind außerdem ein 360-Grad-Sichtsystem und verschiedene Antennen, die darauf hinweisen, dass das Fahrzeug sowohl zur Satellitenkommunikation als auch zur Fernkommunikation über Kurzwelle geeignet ist. Auch Antennen für taktisches UHF/VHF-Radio sind zu sehen.
Waldemar Geiger