Gesundheitsministerin Nina Warken will mit einem unerwarteten Sparplan steigende Krankenkassenbeiträge verhindern. Geplant sind Kürzungen der Verwaltungskosten der Krankenkassen und strengere Regeln für Krankenhäuser.
Gesundheitsministerin Nina Warken, CDU.
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Mit einem kurzfristigen Sparpaket von 2 Milliarden Euro will Nina Warken im kommenden Jahr die größten Löcher in den Krankenkassenfinanzen schließen und dafür sorgen, dass die Beiträge vorerst nicht weiter steigen. Die CDU-Gesundheitsministerin legte ihre Vorschläge am Freitagnachmittag den anderen Ministerien zur Abstimmung vor. Das Papier, das der NZZ vorliegt, sieht vor allem Sparmaßnahmen für Krankenhäuser und die gesetzlichen Krankenkassen selbst vor.
Das sechsseitige Papier mit dem sperrigen Titel „4. Das Paket der fachfremden ÄA(e)A für BEEP-GE“ enthält eine Reihe punktuell formulierter Interventionen, die die Ausgaben im Gesundheitsbereich insbesondere im Jahr 2026 spürbar drosseln sollen.
Die größten Einschnitte sind für Kliniken geplant
Laut Warkens Plan sollen die Krankenkassen im kommenden Jahr durch die Reduzierung ihrer Verwaltungskosten rund 100 Millionen Euro einsparen. „Sachkosten“ wie Büromaterial, Softwarelizenzen, Mieten, Telefon- und Werbekosten, aber auch Beratungs- und Gutachterleistungen dürfen im Vergleich zum Jahr 2024 um nicht mehr als 8 Prozent steigen.
Die größten Einschnitte plant Warken durch Kürzungen bei den Krankenhäusern. Zur Überraschung von Experten soll im kommenden Jahr die „Meistbegünstigungsklausel“ für Spitäler außer Kraft gesetzt werden, was Experten im Interview mit der NZZ als „Kriegserklärung“ an die Kliniken werten. Diese Klausel sieht vor, dass Sonderzahlungen, die einzelne Krankenhäuser mit den Krankenkassen aushandeln, automatisch für alle Kliniken eines Bundeslandes gelten, was die Kosten für die gesetzlichen Krankenkassen unbeabsichtigt stark erhöhen kann.
„Giftliste“ ist vorerst vom Tisch
Nach Warkens Plänen dürfen die Sondervereinbarungen zwischen Kliniken und Krankenkassen nun einen vom Statistischen Bundesamt festgelegten „Richtwert“ für ein Jahr nicht überschreiten. Möglicherweise müssten bereits vereinbarte Preise „noch einmal angepasst“ werden, wie es in dem Papier heißt. Darüber hinaus sollen die Budgets psychiatrischer und psychosomatischer Kliniken neu gestaltet werden.
Weitere 100 Millionen will der Gesundheitsminister einsparen, indem er die Mittel des Innovationsfonds halbiert – ein Geldtopf, den Krankenkassen, Steuerzahler und Arbeitgeber jeweils gemeinsam finanzieren und mit dem die Krankenkassen neue Wege der Gesundheitsversorgung erproben sollen. Im Jahr 2026 sind die Krankenkassen von der Finanzierung des Fonds befreit; Was danach passiert, ist unklar. Insgesamt nennt das Papier für das kommende Jahr schnelle Einsparungen von rund 2 Milliarden Euro, was ziemlich genau der finanziellen Lücke in den Kassen entspricht, die die Koalition kürzlich ermittelt hat.
Das Sparpaket gilt als ehrgeizig und pragmatisch – doch die schlimmsten Einschnitte scheinen vorerst vom Tisch zu sein. Bisher war immer von einer 50-teiligen „Giftliste“ die Rede, die in den Fachabteilungen des Gesundheitsministeriums erstellt wurde und auch umfangreiche Kürzungen der Krankenkassenleistungen vorsah. Kürzungen für Patienten werden in dem Papier jedoch nicht erwähnt.
Die Ministerien haben nun bis Anfang der Woche Zeit, über Warkens Vorschläge abzustimmen, bevor die Pläne am Mittwoch den Weg ins Kabinett finden sollen. Damit ist Warken ein zeitlicher Coup gelungen. Mitte Oktober trifft sich der sogenannte Schätzerkreis, ein Gremium bestehend aus Experten des Bundes und der Krankenkassen, um den Finanzrahmen für 2026 festzulegen. Sollte das Kabinett Warkens Pläne am Mittwoch verabschieden, was als wahrscheinlich gilt, wären die Finanzen der Krankenkassen für das kommende Jahr vorerst gesichert und Prämienerhöhungen verhindert.