Vergütungsumfrage
Studie: Weibliche Top-Managerinnen sind „keine seltene Spezies mehr“ – Gehälter sinken
19. Oktober 2025, 11:12 Uhr
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In den Chefetagen deutscher Spitzenunternehmen werden Männer im Durchschnitt besser bezahlt als Frauen. Laut einer EY-Umfrage kehrt sich der Trend nach einem Jahrzehnt um. Experten zufolge ist der Grund auch Ausdruck einer Normalisierung.
Laut einer Studie sind die Vergütungen von Vorständen in deutschen Top-Unternehmen im vergangenen Jahr gesunken. Allerdings waren davon fast nur die weiblichen Vorstandsmitglieder betroffen. Die durchschnittliche Vergütung weiblicher Vorstände in DAX-, MDax- und SDax-Unternehmen, ohne die Vorstandsvorsitzenden, sank im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent auf 2,15 Millionen Euro, wie das Beratungsunternehmen EY mitteilte. Unterdessen stieg das durchschnittliche Vorstandsgehalt der Männer um 0,4 Prozent auf 2,27 Millionen. Damit hat sich ein langjähriger Trend umgekehrt.
Laut EY ist es das erste Mal seit zehn Jahren, dass Frauen in den Vorständen deutscher Top-Unternehmen weniger verdienen als Männer. Insgesamt sanken die Bezüge der Vorstände von Unternehmen im DAX, MDax und SDax um drei Prozent auf durchschnittlich 2,65 Millionen Euro. Dieser Rückgang sei „hauptsächlich auf die insgesamt eher schwache Umsatz- und Gewinnentwicklung der Unternehmen zurückzuführen“, erklärte Jens Massmann von EY. Viele Unternehmen hätten ihre eigenen Ziele verfehlt und massiv Kosten gespart. „In einem solchen Umfeld sind hohe Gehaltserhöhungen schwer zu rechtfertigen.“
Den Grund für den deutlichen Rückgang des Durchschnittsgehalts weiblicher Vorstandsmitglieder sieht der Experte vor allem in den „teils deutlich niedrigeren Gehältern neu berufener weiblicher Vorstandsmitglieder“. Noch vor wenigen Jahren gab es in den Vorständen von Börsenunternehmen nur sehr wenige Frauen, was sich positiv auf deren Gehälter auswirkte – so dass weibliche Manager die Männer überholten. Doch das habe sich geändert, erklärte Massmann. „Die Zeiten, in denen weibliche Vorstandsmitglieder eine Seltenheit waren und teilweise sehr hohe Gehälter verlangen konnten, sind vorbei.“
Besonders deutlich wird der Studie zufolge das Gehaltsgefälle zwischen Frauen und Männern unter Vorständen (einschließlich Vorstandsvorsitzenden) von DAX-Unternehmen: Die durchschnittlichen Gehälter von Frauen in Vorständen sanken von 3,05 Millionen Euro auf 2,92 Millionen Euro im Jahr 2024. Die Gehälter der Männer stiegen leicht an 3,34 Millionen Euro auf 3,38 Millionen Euro. „Dadurch ist eine Gehaltslücke von fast einer halben Million Euro zwischen weiblichen und männlichen Vorständen entstanden“, erklärte EY.
Mit 70 Prozent macht die an Erfolgsfaktoren gekoppelte variable Vergütung einen großen Teil der Vorstandsgehälter aus. Nach Angaben des Beratungsunternehmens liegt Volkswagen-Chef Oliver Blume mit einer Gesamtvergütung von rund 11,56 Millionen Euro an der Spitze der Spitzenverdiener, gefolgt von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing mit 9,75 Millionen Euro und SAP-Chef Christian Klein mit 8,92 Millionen Euro.
Merck-Chefin Belén Garijo erhält mit rund 7,63 Millionen Euro das höchste Gehalt unter den Frauen, wie EY mitteilte. Den zweiten Platz belegt Deutsche-Bank-Managerin Rebecca Short mit 6,50 Millionen Euro. Helen Giza, Leiterin von Fresenius Medical Care, erhält 5,75 Millionen Euro. Auch VW-Chef Hauke Stars und Merck-Finanzchefin Helene von Roeder gehörten zu den Spitzenverdienern.
Für die Umfrage analysierte EY nach eigenen Angaben die Vergütung von 368 Vorstandsmitgliedern der größten börsennotierten Unternehmen, die während des gesamten Geschäftsjahres im Vorstand saßen. Darunter war eine Rekordzahl von 88 Frauen, ein Anteil von fast einem Viertel (23,9 Prozent). Vor zehn Jahren waren es nur 6,4 Prozent. Berücksichtigt wurde die Gesamtvergütung, bestehend aus einem Festgehalt sowie kurz- und langfristigen Boni.