Zunächst war es nur ein Mann, der am späten Mittwochabend an seinem im Hanauer Stadtteil Lamboy geparkten Fahrzeug eine grausame Entdeckung machte: Die Motorhaube seines Wagens war mit einem Hakenkreuz beschmiert. Polizisten fanden daraufhin weitere Graffiti an mehreren anderen Autos, mehreren Briefkästen und Hauswänden in der Umgebung.
Insgesamt wurden knapp 50 Fahrzeuge angemeldet – viele davon mit dem Verbotszeichen beschmiert, teilte das Polizeipräsidium Südosthessen mit. Obwohl es sich bei vielen um Spiegelbilder handelte, wurden sie von der Polizei als Hakenkreuze eingestuft. Ein spezieller Vorversuch ergab, dass es sich bei der verwendeten Substanz wahrscheinlich um menschliches Blut handelte.
Das Verbrechen wurde offenbar recht schnell aufgeklärt. Ein Tatverdächtiger wurde am Donnerstag vorläufig festgenommen, wie die Staatsanwaltschaft Hanau und die Polizei am Nachmittag der Agentur KNA mitteilten. Es handelt sich um einen 31-Jährigen aus Hanau mit rumänischer Staatsangehörigkeit.
Nach ersten Erkenntnissen gehen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei davon aus, dass (…) es sich möglicherweise um eine Kurzschlussreaktion handelte.
Mitteilung der Behörden in Hanau
„Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei gehen nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass die Tat mit einem Vorfall im beruflichen Umfeld des Mannes in Zusammenhang stehen könnte und es sich möglicherweise um eine Kurzschlussreaktion gehandelt hat“, hieß es. Die Polizei geht zudem davon aus, dass das bei den Graffiti verwendete Blut vom 31-Jährigen selbst stammte.
Tatverdächtiger in Hanau bei Festnahme betrunken
Der Mann sollte in eine psychiatrische Klinik gebracht werden. Zudem ergab ein Atemalkoholtest, dass er einen Blutalkoholspiegel von rund 1,2 Promille aufwies. Die Ermittler sprachen von einem „schnellen Erfolg der Ermittlungen“. Südosthessens Polizeipräsident Daniel Muth zeigte sich erfreut über die „schnelle Aufklärung“.
Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) hatte zuvor sein Entsetzen über die Tat zum Ausdruck gebracht. „Das verblüfft mich“, sagte er auf der X-Plattform. „Diese Tat trifft das Herz der Stadt Hanau und reißt die Wunden des rechten Terroranschlags vor fünf Jahren wieder auf. Sie muss schnellstmöglich aufgeklärt werden.“
Auch Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky reagierte schockiert auf die Erkenntnisse vor seiner Festnahme. „Gerade in unserer Stadt, die von dem rassistischen Übergriff am 19. Februar 2020 tief betroffen war, löst eine solche Tat tiefe Bestürzung aus“, sagte der SPD-Politiker
Hanau stehe für eine Stadtgesellschaft, die sich gegen Hass, Rassismus und jede Form extremistischer Symbolik zur Wehr setzt, fügte er hinzu. „Was hier passiert ist, überschreitet alle Grenzen des Anstands und der Menschlichkeit.“
Die Stadt hatte Strafanzeige eingereicht. „Hakenkreuze haben in Hanau keinen Platz. Wir werden nicht zulassen, dass solche Zeichen Angst oder Spaltung säen“, betonte Kaminsky.
Hanau mit seinen rund 100.000 Einwohnern geriet 2020 durch einen rassistisch motivierten Anschlag in die Schlagzeilen: In der hessischen Stadt ermordete der Rechtsextremist Tobias Rathjen am 19. Februar des Jahres acht Männer und eine Frau in Shisha-Bars.
Anschließend tötete der 43-Jährige seine 72-jährige Mutter und sich selbst. Im Vorfeld des fünften Mordtages äußerten sich die Angehörigen der Opfer enttäuscht über den Umgang mit dem rechtsextremen Verbrechen und warfen den Behörden erneut Versagen vor. (lem)
