
Die Anbindehaltung ist seit Jahren rückläufig, dennoch werden viele Rinder in Deutschlands Ställen immer noch über längere Zeiträume angebunden. Wenn es nach der überwiegenden Mehrheit der Verbraucher geht, dürfte sich das schnell ändern. Das zeigt eine neue Forsa-Umfrage im Auftrag der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, die exklusiv dem RND vorliegt.
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Hintergrund ist, dass die Bundesregierung an einem neuen Tierschutzgesetz arbeitet. Nach aktuellen Plänen soll Tethering ganzjährig verboten werden. Dies wird seit langem vom Tierschutzbund kritisiert, da es die Bewegungsfreiheit der Tiere dauerhaft einschränkt und ihnen kein Umdrehen oder Rollen ermöglicht. Den Landwirten soll eine Übergangsfrist von zehn Jahren für die Umstellung eingeräumt werden. Zeitweise waren es etwa fünf Jahre.

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Wie Verbraucher über die Praxis denken
Allerdings sieht Foodwatch diesen Zeitraum kritisch – und laut der Forsa-Umfrage steht die Mehrheit der Verbraucher dahinter. Auf die Frage, was sie davon halten, dass die Bundesregierung Tethering für weitere zehn Jahre zulassen will, gaben 84 Prozent an, dass dies falsch sei. Elf Prozent hielten es für richtig, fünf Prozent gaben keine Antwort oder waren unentschlossen.
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Die Teilnehmer wurden auch gebeten, ihre Meinung zur saisonalen Anbindehaltung zu äußern, bei der Rinder einen Teil des Jahres auf der Weide verbringen. 63 Prozent sagten, dass es verboten werden sollte. 30 Prozent dachten, es könnte erlaubt sein. Sieben Prozent machten keine Angaben oder waren unentschlossen. Für die Umfrage befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa 1.002 Menschen mittels computergestützter Telefoninterviews.
Tethering findet vor allem im Süden statt
Besonders in Süddeutschland kommt es häufig zu kleinen landwirtschaftlichen Betrieben, in denen es zur Anbindehaltung kommt. Der Bayerische Bauernverband etwa spricht von 13.000 Betrieben im Freistaat. Auf seiner Seite listet er einige Punkte auf, die eine Umstellung erschweren: Neben dem finanziellen Aspekt sind es zum Beispiel die begrenzten Platzverhältnisse für kleine Unternehmen, insbesondere wenn sie mitten in der Stadt liegen. Doch wenn neue Gebäude entstehen, betont der Verband, gebe es in der Regel einen Wandel in der Wohnform.

Wie die Branchenikone Deutz vom Traktor-Image weg will
Ein Traktor mit froschgrüner Farbe ist das Markenzeichen der Firma Deutz. Ein Fahrzeug, das die Vergangenheit repräsentiert. Nun muss sich der Konzern neu erfinden, um auch in Zukunft bestehen zu können.
Die Fesselhaltung nimmt allmählich ab. Nach Angaben des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaftslehre gab es im Jahr 2010 in Deutschland 71.018 Betriebe mit Anbindehaltung, bis zum Jahr 2020 sank die Zahl jedoch auf 28.257. Das entsprach 28 Prozent aller Rinderhaltungsbetriebe und betraf zehn Prozent aller Rinder.
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Ausnahmen für Kleinbetriebe
Ein Jahr später setzte sich die neu gewählte Ampel-Koalition das Ziel, das Tierschutzgesetz zu ändern. Die Pläne zur Gesetzesänderung werden nun konkreter und sehen ein Verbot der ganzjährigen Anbindung in zehn Jahren vor. Das Landwirtschaftsministerium will Kleinbetrieben eine Ausnahme gewähren. Eine weiterentwickelte „Mischtierhaltung“ soll auf Betrieben mit maximal 50 Rindern, die älter als sechs Monate sind, weiterhin zulässig bleiben. Voraussetzung ist, dass die Tiere während der Weidesaison auf die Weide kommen und sich außerhalb der Weidesaison mindestens zweimal wöchentlich im Freien aufhalten können.
Allerdings kommt Kritik von unterschiedlichen Seiten. Der Deutsche Bauernverband fordert „erhebliche Korrekturen“ des Gesetzentwurfs. Dazu überreichte er gemeinsam mit dem Bayerischen Bauernverband Unterschriften an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag. „Eine Haltungsform wie die Anbindehaltung braucht Perspektiven für die Weiterentwicklung statt eines Komplettverbots“, heißt es in der Begleitbotschaft. Würden Unternehmen deswegen zusammenbrechen, bestünde die Gefahr eines massiven Strukturverlusts.
Foodwatch: Bundestag muss Tierschutzgesetz verschärfen
Auch Foodwatch ist unzufrieden und drängt auf Änderungen. „Die Mitglieder des Agrarausschusses haben noch die Chance, der Tierquälerei ein Ende zu setzen“, sagt Annemarie Botzki von Foodwatch. „Der Bundestag muss das neue Tierschutzgesetz der Bundesregierung verschärfen. Kettenlandwirtschaft steht eindeutig im Widerspruch zum Tierschutz und sollte sofort verboten werden.“ Über eine Foodwatch-Kampagne erhielten die Mitglieder des Agrarausschusses rund 90.000 Protestpostkarten.
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Ein Sprecher des von Cem Özdemir geleiteten Ministeriums sagte dem RND, man habe mit der aktuellen Regelung einen „ausgewogenen Kompromiss zu einem für alle Beteiligten wichtigen Thema“ gefunden. Bevor es zu einem fertigen Gesetz wird, muss der Entwurf zunächst den Bundestag passieren.
https://www.ln-online.de/wirtschaft/neues-tierschutzgesetz-der-ampel-verbraucher-wollen-schnelles-ende-der-anbindehaltung-GTAIUM7ERVFT7OU55QM6OWVOCE.html