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US-Wahl: Harris gegen Trump: Endspurt vor der schicksalhaften Wahl

Im Rennen um das Weiße Haus sind Kamala Harris und Donald Trump noch einmal um Abstimmungen in potenziell entscheidenden Staaten. Der Demokrat Harris reiste am Montag für vier Auftritte in den wichtigen „Swing State“ Pennsylvania, der Republikaner Trump reiste außerdem nach North Carolina und Michigan, wo sich ebenfalls ein enges Rennen abzeichnet. Es ist die letzte Chance der Kandidaten, ihren Wählern eine Botschaft zu senden, bevor am Dienstag über die Präsidentschaft und die künftigen Machtverhältnisse im US-Parlament entschieden wird. Es ist auch eine schicksalhafte Entscheidung für Deutschland und Europa.

Da in den allermeisten Bundesstaaten klar ist, welche Partei dort den Sieg erringen wird, konzentrierten sich Demokraten und Republikaner im Wahlkampf vor allem auf die wenigen „Swing States“, in denen der Ausgang noch offen ist. Als potenziell wahlentscheidend gilt vor allem Pennsylvania, wo 19 Wahlmännerstimmen zu vergeben sind – mehr als in jedem anderen Schlüsselstaat. Ein Muss für einen Sieg Harris oder Trump gewinnt mindestens 270 Wähler aus den 50 Bundesstaaten. In Umfragen liegen der amtierende Vizepräsident und der ehemalige Präsident Kopf an Kopf.

Begeisterte Anhänger

In ihren Reden sandte Harris eine Botschaft der Einigkeit an unentschlossene Wähler und Unterstützer Republikanerfür wen Trump zu extrem sein könnte. „Ich betrachte Menschen, die eine andere Meinung als ich haben, nicht als Feinde“, sagte der 60-Jährige in der Stadt Allentown. Sie möchte Gemeinsamkeiten finden – und Lösungen, die auf gesundem Menschenverstand basieren. „Wir kämpfen derzeit für unsere Demokratie“, rief sie ihren Anhängern zu. Die Menge skandierte in Erwartung der ersten Trump-Präsidentschaft: „Wir gehen nicht zurück!“

Fast zeitgleich rief das Publikum des Republikaners in der nur 60 Kilometer entfernten Stadt Reading: „Trump! Trumpf! Trumpf!“ Unter anderem kündigte der Ex-Präsident erneut „die größte Abschiebung der Geschichte“ an. Die Behauptung, die Vereinigten Staaten würden von kriminellen Einwanderern überrannt, ist ein zentraler Bestandteil seines Wahlkampfs. Trump war zuversichtlich, dass Pennsylvania ihm den Sieg bescheren würde. „Ich habe vier Jahre auf diesen Tag gewartet“, sagte der 78-Jährige. Im Jahr 2020 hatte er die Wahl gegen den aktuellen Amtsinhaber Joe Biden verlor und wurde auch in Pennsylvania besiegt, erkennt seine Niederlage aber bis heute nicht an.

Kontrastierende Botschaften

Seit Tagen zeichnet Trump in langen Reden mit düsterer Rhetorik das Bild einer Nation im Niedergang, die nur er retten kann. Harris hingegen fasst es kurz und spricht gezielt Wählergruppen wie GenZ an, also Menschen unter 30, Latinos und Menschen mit arabischen Wurzeln. In einer kürzlich gehaltenen Rede erwähnte sie Trump überhaupt nicht mehr namentlich.

Bei der Abstimmung am Dienstag steht viel auf dem Spiel. Dabei geht es nicht nur um die innenpolitische Stabilität des Landes, sondern auch um die zukünftige Rolle der USA in internationalen Allianzen, die transatlantische Zusammenarbeit und den Umgang mit dem Machtstreben Russlands und Chinas – wenn Trump also gewinnt, muss die Ukraine die wichtige Unterstützung bekommen der Angst der USA im Krieg gegen Russland. Die Verflechtungen zwischen Deutschland und Europa bzw. den USA sind im wirtschaftlichen Bereich enorm und haben im Verteidigungsbereich sogar existenzielle Dimensionen.

Millionen Wähler haben bereits gewählt

Wähler in den USA können ihre Stimme auf unterschiedliche Weise abgeben, nicht nur direkt im Wahllokal am 5. November. Mancherorts war eine vorzeitige Stimmabgabe möglich, auch die Stimmabgabe per Briefwahl war möglich. Jeder Staat hat seine eigenen Regeln für Fristen und Identitätsnachweise. Auch die Technik variiert – vom klassischen handgeschriebenen Stimmzettel bis zum Wahlcomputer.

Nach Angaben des „Election Lab“ der University of Florida hatten bereits zu Wochenbeginn rund 78 Millionen Wähler frühzeitig abgestimmt – also per Brief oder im Wahllokal. Diese Zahl entspricht fast der Hälfte aller bei der Präsidentschaftswahl 2020 abgegebenen Stimmen. Sie erzielen in der Regel Punkte Demokraten bei der vorzeitigen Abstimmung, aber dieses Mal wählten den Daten zufolge auch viele als Republikaner registrierte Amerikaner diesen Weg.

Die Ergebnisse können nur Tage dauern

Die ersten Wahllokale an der Ostküste der USA schließen um Mitternacht deutscher Zeit. Anders als in Deutschland gibt es keine Vorhersage über den Wahlsieger. Und die Auszählung kann lange dauern, nicht nur wegen der vielen Zeitzonen des Landes, sondern auch wegen der großen Zahl an Briefwahlstimmen.

Die meisten Experten gehen davon aus, dass es am Wahlabend keinen Sieger geben wird – ausgeschlossen ist das aber nicht. Im Jahr 2020 wurde Joe Biden erst am Samstag, dem vierten Tag nach dem Wahltermin, zum Sieger erklärt. Allerdings erfuhren viele Amerikaner am Morgen nach der Wahl vom Sieg Trumps im Jahr 2016, als sie aufstanden.

Diesmal verlief der Wahlkampf denkwürdig turbulent: Ursprünglich wollte US-Präsident Joe Biden noch einmal kandidieren, doch nach dem großen TV-Duell mit Trump wuchsen die Zweifel an der Eignung des 81-Jährigen für eine weitere Amtszeit. Im Juli zog sich Biden unter wachsendem Druck schließlich zurück und überließ Harris das Feld. Nur wenige Tage zuvor war Trump bei einer Kundgebung durch die Kugel eines Attentäters am Ohr verletzt worden. Das Bild, wie er blutend die Faust in die Luft ballte, ging um die Welt.

Trump schürt Ängste vor Wahlbetrug

Wie schon 2020 säte Trump erneut Zweifel an der Legitimität der Wahl, indem er bereits vor der Abstimmung unbelegte Betrugsvorwürfe verbreitete und behauptete, der Sieg könne ihm nur durch Manipulation genommen werden. Bei einem Wahlkampfauftritt bezeichnete er die Demokraten als „dämonische Partei“ und warf ihnen Betrug bei der Präsidentschaftswahl vor.

Trump sagte gegenüber ABC News, er gehe davon aus, dass der Gewinner des Rennens um das Weiße Haus in der Wahlnacht entschieden werde. Bereits vor vier Jahren hatte er sich in der Wahlnacht zum Sieger erklärt – und einen Stopp der Stimmenauszählung gefordert, als er zeitweise vor seinem Herausforderer Biden lag. Insbesondere die Briefwahlstimmen, die erfahrungsgemäß überwiegend an die Demokraten gehen, waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig berücksichtigt.

Die magische Zahl 270

Der US-Präsident wird indirekt vom Volk gewählt. Die Stimmen der Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das im Dezember in ihrem Namen den Präsidenten wählt. Jeder Staat verfügt über eine bestimmte Anzahl an Stimmen, die sich grob an der Einwohnerzahl orientiert.

Bei Wahlen in fast allen Bundesstaaten gilt der Grundsatz „Der Gewinner nimmt alles“: Der Kandidat, der dort gewinnt, erhält die Stimmen aller Wähler des Bundesstaates. Um ins Weiße Haus zu gelangen, benötigt ein Kandidat letztlich nicht die meisten Stimmen des Volkes („popular vote“), sondern die Mehrheit der 538 Wähler („electoral vote“) – also mindestens 270.

© dpa-infocom, dpa:241105-930-278994/1

https://www.zeit.de/news/2024-11/05/harris-gegen-trump-schlussspurt-vor-der-schicksalswahl

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