US-Vermittler treffen Netanyahu
Trotz Waffenstillstand: Todesfälle im Gazastreifen gemeldet
20. Oktober 2025, 17:31 Uhr
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Es gibt erneut Berichte über israelische Angriffe im Gazastreifen, gleichzeitig kommen weitere Hilfslieferungen in die Gegend. Unterdessen laufen die Verhandlungen in Israel weiter: Trumps Schwiegersohn Kushner sendet eine „wichtige Botschaft“ an die Regierung in Jerusalem.
Der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas bleibt fragil. Nachdem der Waffenstillstand bereits am Sonntag ins Wanken geraten war, kam es im Gazastreifen zu weiteren vereinzelten Zwischenfällen. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete unter Berufung auf eine Klinik zwei Todesopfer durch israelischen Beschuss im Stadtteil Tuffah im Osten von Gaza-Stadt.
Nach der Aussetzung der Hilfslieferungen lässt Israel nun wieder humanitäre Güter in den Gazastreifen zu. Die politische Führung habe angeordnet, dass „humanitäre Hilfe weiterhin über den Grenzübergang Kerem Schalom und andere Grenzübergänge in den Gazastreifen gelangt“, hieß es aus Sicherheitskreisen. Am Sonntag hieß es, die Hilfslieferungen seien wegen einer „eklatanten Verletzung“ der Waffenstillstandsvereinbarungen durch die islamistische Terrororganisation Hamas gestoppt worden.
Nach Inkrafttreten des Waffenstillstands waren die Hilfslieferungen im Rahmen der Vereinbarung ausgeweitet worden, mit einem Ziel von 600 Lastwagen pro Tag. Die zuständige israelische Behörde Cogat äußerte sich auf Nachfrage zunächst nicht dazu, wie viele Transporter täglich tatsächlich in das Gebiet fahren.
Israel: Palästinenser nähern sich Soldaten
Israels Armee bestätigte Vorfälle im Gazastreifen. In Shejaiya, einem Nachbarbezirk von Tuffah, drangen am Morgen in zwei Fällen Palästinenser in ein vom Militär kontrolliertes Gebiet ein und näherten sich Soldaten. Konkret überschritten sie die „gelbe Linie“, hinter die sich die israelische Armee im Rahmen der vereinbarten Waffenruhe zurückzog. Die Palästinenser stellten eine Bedrohung für die Soldaten dar, hieß es. Sie schossen deshalb auf die Menschen – die Armee sprach in beiden Fällen von „Terroristen“.
Das israelische Militär machte zunächst keine Angaben zu möglichen Opfern. Es war zunächst unklar, ob einer der beiden Vorfälle mit dem von Wafa beschriebenen Bericht zusammenhängt. Die israelische Armee meldete am Montagnachmittag einen ähnlichen Vorfall in der Stadt Khan Yunis im südlichen Gazastreifen. Dort wurden Menschen, die sich den Soldaten näherten, aus der Luft angegriffen und „ bewusstlos geschlagen“. Die Angaben beider Seiten konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Um die weitere Umsetzung des Friedensplans und die Einhaltung des Waffenstillstands zu besprechen, trafen sich die US-Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner unter anderem mit Israels Premierminister Benjamin Netanyahu. Kushner forderte die israelische Regierung auf, den Palästinensern eine sichere Zukunft zu ermöglichen.
Kushner: Das palästinensische Volk muss „gedeihen“
Wenn Israel sich in Zukunft in die Region des Nahen Ostens integrieren will, muss es „einen Weg finden, dem palästinensischen Volk zu Wohlstand und Besserung zu verhelfen“, sagte Kushner in einem Interview mit dem US-Sender CBS News. Dies sei die „wichtigste Botschaft“ der US-Vermittler an die israelische Regierung.
Die Hamas-Delegation in Kairo unter der Leitung des Chefunterhändlers Chalil al-Hajja wird mit Vermittlern über die israelischen Luftangriffe im Gazastreifen sprechen, teilten Verhandlungsquellen mit. Es hieß auch, dass die Hamas-Delegation einen innerpalästinensischen Dialog mit ägyptischen Vertretern besprechen werde. Dabei soll es um eine Einigung zwischen den palästinensischen Fraktionen und der Zukunft des Gazastreifens gehen.
Ägypten hat bereits in der Vergangenheit versucht zu vermitteln, vor allem zwischen der radikalislamischen Hamas und der säkularen Fatah-Partei, die im Westjordanland regiert. Die Gruppen sind seit Jahrzehnten verfeindet. Dem US-Friedensplan zufolge soll die Hamas für die Zukunft des Gazastreifens keine Rolle mehr spielen und entwaffnet werden. Allerdings sind Hamas-Kräfte seit Beginn des Waffenstillstands in Gebiete vorgerückt, aus denen sich israelische Truppen zurückgezogen hatten.
Erster Test des Waffenstillstands
Der mühsam ausgehandelte Waffenstillstand zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas hat am Sonntag seine erste schwere Bewährungsprobe bestanden. Nach Angaben der israelischen Armee wurden Soldaten im Süden des Gazastreifens unter anderem mit einer Raketengranate angegriffen, zwei Soldaten starben.
Anschließend führte Israel seine schwersten Luftangriffe seit Beginn des Waffenstillstands am 10. Oktober durch. Nach Angaben des Krankenhauses wurden 44 Palästinenser getötet. Hamas bestreitet die Vorwürfe und sagt, sie stecke nicht hinter den Anschlägen. Israels Armee kündigte am Sonntagabend an, nach den Anschlägen erneut an der Vereinbarung festzuhalten, aber auch auf etwaige Verstöße zu reagieren.
ZDF: Mitarbeiter eines Partnerunternehmens getötet
Nach Angaben des ZDF wurde am Sonntagnachmittag bei einem israelischen Raketenangriff auch ein Mitarbeiter einer Produktionsfirma des Senders getötet. Berichten zufolge wurden ein Ingenieur von Palestine Media Production (PMP) und der achtjährige Sohn eines anderen Mitarbeiters getötet. Als die israelische Armee fragte, warum der Angriff stattgefunden habe, antwortete sie, dass der Vorfall untersucht werde. Bilder zeigen laut ZDF, dass auch der Übertragungswagen und die Mannschaftsfahrzeuge zerstört wurden. Überlebende berichteten, dass es keine Warnung gegeben habe.
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) forderte eine „vollständige Aufklärung“ des tödlichen Angriffs. Der Standort des Produktionsfirmenhits „könnte sowohl dem israelischen Militär als auch der Hamas bekannt gewesen sein“, erklärte DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster. Die Antwort des israelischen Militärs auf die Anfrage des ZDF, dass der Vorfall untersucht werde, reichte nicht aus. „Wir fordern eine lückenlose Aufklärung des Anschlags und die in einer Demokratie übliche rechtliche Verfolgung“, fügte Beuster hinzu.
Die Bundesregierung ist besorgt
Deutschland besteht darauf, dass die islamistische Hamas und die israelische Regierung am Gaza-Friedensplan festhalten. „Der vorübergehende Bruch der Waffenruhe wurde von der Bundesregierung mit Sorge zur Kenntnis genommen“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin. Die Waffenstillstandsvereinbarungen sind klar und konkret. Alle Parteien seien aufgerufen, sich daran zu halten – „auch die Hamas oder andere Kämpfer, die im Gazastreifen Provokationen ausgelöst haben.“
Hamas sagt, sie plane, am Abend die Überreste einer weiteren Geisel an Israel zu übergeben. Die Übergabe der Leiche werde gegen 20 Uhr (Ortszeit, 18 Uhr MESZ) erfolgen, teilte der bewaffnete Flügel der Hamas, Essedin al-Kassam Brigaden, mit. Die tote Geisel sei „gestern ausgegraben“ worden.