Analyse
Rund 130 Staats- und Regierungschefs der Vereinten Nationen werden morgen in New York zur Uno-Generalversammlung erwartet. Ein Thema: die Reform des Uno-Sicherheitsrats – doch die Hürden sind hoch.
In ihrem Zukunftspakt bekennen sich die UN-Mitgliedsstaaten zu einer Reform des UN-Sicherheitsrats. Im Aktionspunkt 39 heißt es, man werde dabei „der dringenden Notwendigkeit Rechnung tragen, ihn repräsentativer, inklusiver, transparenter, wirksamer, demokratischer und rechenschaftspflichtiger zu machen“.
Konkret soll das mächtigste UN-Gremium nicht mehr die Nachkriegsordnung der Siegermächte widerspiegeln, sondern im wahrsten Sinne des Wortes „die Realitäten der heutigen Welt“. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz forderte in New York eine rasche Umsetzung der Reform: „Wir sehen zunehmend, wie dysfunktional die derzeitige Struktur des Sicherheitsrates ist. Deshalb muss es endlich Reformen geben.“
Stärkerer Fokus auf Afrika
Leichter gesagt als getan. Vorschläge gibt es seit mehr als zwei Jahrzehnten, aber sie hatten nie eine Chance, von den fünf Vetomächten gebilligt zu werden. Der Zukunftspakt versucht es nun erneut, mit Unterstützung fast aller UN-Mitgliedsstaaten. Afrika wird im Zukunftspakt als Priorität erwähnt. Die Afrikanische Union fordert zwei ständige Sitze im UN-Sicherheitsrat, was auch UN-Generalsekretär Guterres unterstützt. Immerhin leben eine Milliarde Menschen in Afrika. Und die Hälfte aller Sitzungen im UN-Sicherheitsrat dreht sich um Afrika.
Der Zukunftspakt schlägt für einen erweiterten UN-Sicherheitsrat weitere, bislang unterrepräsentierte Regionen vor: den asiatisch-pazifischen Raum, Lateinamerika und die Karibik. Klingt nach einem typischen UN-Kompromiss, dessen Umsetzung noch viele Jahre dauern wird. Doch UN-Experte Daniel Forti vom unabhängigen Thinktank „International Crisis Group“ hält den Beschluss des Zukunftspakts für einen wichtigen Meilenstein: „Die Diskussion um eine Reform des Sicherheitsrates wird nun deutlich ernsthafter geführt. Es ist eine neue Dynamik spürbar, die vor wenigen Jahren noch kaum zu finden war.“
Kaum Einigung in UN-Sicherheitsrat
Dazu hat auch das schlechte Bild beigetragen, das der UN-Sicherheitsrat in den vergangenen Jahren abgegeben hat. In den wichtigen Fragen Ukraine und Gaza gab es kaum konstruktive Lösungsansätze, dafür viel gegenseitige Blockade der Vetomächte.
UN-Experte Daniel Forti ist überzeugt, dass die Reformdiskussion in den nächsten zwei Jahren deutliche Fortschritte machen wird. Dass Afrika in einem ersten Reformschritt bald zwei ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat stellen wird, glaubt er allerdings nicht: „Es ist unrealistisch, dass afrikanische Länder in einem ersten Schritt berücksichtigt werden. Wenn der Sicherheitsrat reformiert wird, wird es ein umfassendes Paket sein, kein voreiliger Schritt.“
Zumal die Afrikanische Union noch nicht entschieden hat, welche zwei afrikanischen Staaten ständige Mitglieder des Sicherheitsrates werden sollen.
Die größte Hürde ist das Veto
Auch andere Staaten streben einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat an: die sogenannten „P4-Staaten“ Deutschland, Japan, Brasilien und Indien. Eine große Staatengruppe, die sich „United for Consensus“ nennt, lehnt dagegen zusätzliche ständige Mitglieder im Sicherheitsrat ab und plädiert stattdessen für mehr nichtständige Mitglieder, die alle zwei Jahre rotieren.
Die größte Hürde ist allerdings das Veto. Für eine Reform des UN-Sicherheitsrates ist nicht nur eine Zweidrittelmehrheit der Mitgliedsstaaten nötig, sondern auch die Zustimmung aller fünf Vetomächte. Und das macht deutlich: So schnell wird es mit der Reform wohl nicht gehen.