Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi, kündigte bei einem Besuch in der Ukraine ein neues Hilfspaket im Umfang von 100 Millionen US-Dollar (rund 93 Millionen Euro) an. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR unterstütze die Vorbereitungen für den Winter und werde der Regierung in Kiew weiterhin zur Seite stehen, um Ukrainern zu helfen, die vertrieben wurden oder anderweitig vom Krieg betroffen sind, sagte Grandi bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Das Hilfswerk werde weiterhin Ressourcen mobilisieren, um das von Russland angegriffene Land zu unterstützen.
Selenskyj bedankte sich für die Hilfe, die angesichts der Zerstörung der Energieinfrastruktur durch die russischen Angriffe dringend nötig sei. Zugleich betonte er laut einer Mitteilung des Präsidialamts, das Land brauche weitere Hilfe, um zerstörte Häuser wieder aufzubauen und Schutzbunker in Schulen und Krankenhäusern einzurichten. Damit gebe man den ukrainischen Flüchtlingen die Sicherheit, in ihre Heimat zurückkehren zu können.
Grandi hat die Ukraine zum fünften Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 besucht. Er habe auch das von einem Raketenangriff getroffene Kinderkrankenhaus in Kiew besucht, teilte er im sozialen Netzwerk X mit. „Kein Ort sollte besser geschützt sein als ein Krankenhaus für Kinder. Trotzdem wurde es am 8. Juli von einer Rakete getroffen“, sagte er.
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Nach Angaben des UNHCR sind durch die russische Invasion in der Ukraine rund 9,7 Millionen Menschen auf der Flucht, rund 6 Millionen davon im Ausland. Besonders viele Menschen sind aus dem besonders umkämpften Osten und Süden der Ukraine geflohen, wo russische Truppen weite Teile der Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson besetzt haben. Einige Städte dort wurden völlig zerstört.
Kiewer Truppen geben Stellungen im Südosten auf
Inoffiziellen Berichten zufolge mussten ukrainische Truppen auf russischen Druck Stellungen im Südosten des Landes bei Krynky in der Region Cherson und Urozhayne in der Region Donezk aufgeben. „In beiden Siedlungen machte es aufgrund der weitgehenden Zerstörung keinen Sinn mehr, die Stellungen zu halten“, wurden Quellen im Generalstab in ukrainischen Medien zitiert. Insbesondere die Kämpfe um das Dorf Krynky am Südufer des Flusses Dnipro in der Region Cherson wurden von Anfang an als aussichtslos kritisiert.
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Ob sich im Unterlauf des Dnipro am Südufer noch ukrainische Soldaten aufhielten, war zunächst unklar. Urozhayne in der Region Donezk war im vergangenen Jahr bei der ukrainischen Gegenoffensive zurückerobert worden und galt als Symbol des ukrainischen Vormarsches.
Zudem sollen ukrainische Einheiten laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine den Feind in der Region Charkiw unweit der russischen Grenze um bis zu zwei Kilometer zurückgedrängt haben. Ähnliche, nicht verifizierbare Vorstöße wurden aus Waldgebieten nahe dem Dorf Serebrjanka in der Region Donezk gemeldet.
Fast ein Fünftel des ukrainischen Territoriums steht unter russischer Kontrolle. Der Kreml fordert für mögliche Friedensverhandlungen weitere Gebietsabtretungen, um die bislang nur teilweise besetzten Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson vollständig einzunehmen.
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Selenskyj trifft Militärführung und will Verräter bestrafen
Bei einem Treffen mit der Militärführung drängte Selenskyj erneut auf rasche Waffenlieferungen für die Soldaten an der Front. „Das ist absolute Priorität“, sagte er in seiner am Abend in Kiew ausgestrahlten Videobotschaft. Mit jedem Monat, der vergeht, wird deutlicher, dass die Ukraine bei der Waffenproduktion unabhängiger wird. Das Land erhält vor allem von seinen westlichen Verbündeten Waffen und Munition, um sich gegen russische Angriffe zu verteidigen. Zugleich kündigte Selenskyj für diese Woche neue internationale Verhandlungen über Waffen an, ohne jedoch Einzelheiten zu nennen.
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Der ukrainische Oberbefehlshaber Oleksander Syrskyj berichtete bei dem Treffen mit Selenskyj, ukrainische Raketenbauer hätten Erfolge gegen die russischen Streitkräfte erzielt. „Wir zerstören weiterhin systematisch das Potenzial der russischen Luftabwehr und schaffen dadurch günstige Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz von Kampfjets. Die F-16 kommen bald“, sagte er mit Blick auf die angekündigten westlichen Lieferungen des Flugzeugs vom US-Typ.
Selenskyj unterzeichnete nach eigenen Angaben zwei neue Dekrete, darunter eines zur Ehrung von mehr als 200 Soldaten verschiedener Einheiten und eines zur Aufhebung solcher Ehrungen für den Fall, dass die Geehrten der Auszeichnung nicht mehr gerecht werden. Es handele sich um einen Entwurf für eine Änderung des Strafgesetzbuches und anderer Rechtsakte der Ukraine, sagte er.
So sollen etwa diejenigen, die den russischen Aggressorstaat unterstützt oder andere Verbrechen gegen die Ukraine begangen hätten, ihre staatlichen Auszeichnungen verlieren. „Sie verdienen den Titel eines Verräters“, sagte er. Das Parlament – die Werchowna Rada – dürfte das Gesetz bald verabschieden. dpa/db