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Trumps Zölle vor dem Obersten Gerichtshof: Was den Fall so brisant macht

Sein Zollpolitik ist ein zentrales Thema Baustein aus Trumps zweitem Präsidentschaft. Ausgerechnet in dieser Hinsicht könnte sich nun der Oberste Gerichtshof der USA gegen ihn wenden. Für den US-Präsidenten steht viel auf dem Spiel.

Der Fall gilt als einer der wichtigsten wirtschafts- und außenpolitischen Prozesse in Trumps zweiter Amtszeit: Der Oberste Gerichtshof beschäftigt sich mit der Frage, ob der US-Präsident aus eigener Kraft Zölle erheben kann – und selbst von Trump eingesetzte konservative Richter haben Zweifel. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was macht die Sache so brisant?

Für Trump steht viel auf dem Spiel, denn Zölle sind das wichtigste Element seiner Wirtschafts- und Außenpolitik. Im Falle einer Niederlage müsste die Regierung ihre Zollpolitik zurückfahren, was bestehende Handelsabkommen gefährden und sich negativ auf das öffentliche Image ihrer Regierung weltweit auswirken könnte.

Der Staat könnte dann auch gezwungen sein, Milliarden von Dollar an Importunternehmen zurückzuzahlen. Laut US-Medien verfolgten am Mittwoch viele Unternehmen weltweit, deren Kosten durch die Zölle rasant gestiegen sind, die dreistündige Anhörung.

Hinzu kommt die Machtfrage: In dem Prozess geht es auch darum, wie viel Macht der US-Präsident ungestraft vom Kongress an das Weiße Haus übertragen kann. Überspitzt könnte man auch sagen: Die Frage, wie gut die Gewaltenteilung in den USA noch funktioniert.

Worum geht es genau?

Die Frage ist weniger, ob solche Zölle erhoben werden dürfen, sondern vielmehr, wer dazu berechtigt ist. Der Schwerpunkt dieses Falles liegt darauf, dass gemäß der Verfassung normalerweise der US-Kongress – das Parlament – ​​die alleinige Zuständigkeit für Steuern und Zölle hat.

Die US-Regierung umging diese Behörde für ihre aggressive Zollpolitik, indem sie sich auf ein Notstandsgesetz namens IEEPA aus dem Jahr 1977 stützte. Nach diesem Gesetz kann der Präsident im Krisenfall selbst Dekrete erlassen, ohne dafür ins Parlament gehen zu müssen.

Trump sah den Ausnahmezustand im Land als erfüllt an: Es herrsche ein Ungleichgewicht im internationalen Handel zu Lasten der USA. Die USA wurden ungerecht behandelt und dadurch die nationale Sicherheit gefährdet.

Warum verhandelt der Oberste Gerichtshof den Fall überhaupt?

Verschiedene Gruppen, darunter amerikanische Kleinunternehmen und US-Bundesstaaten, hatten den Fall vor niedrigere Gerichte gebracht. Dort wurde mehrfach entschieden, dass Trump nicht befugt sei, mit diesem besonderen Notstandsgesetz umfassende Zölle gegen mehr als 100 Länder weltweit zu erheben.

Trump legte gegen diese Urteile Berufung ein, sodass die Zölle vorerst in Kraft blieben. Dann kam der Supreme Court ins Spiel, das höchste Gericht der USA, das nun erstmals darüber entscheiden soll, ob Trump das IEEPA tatsächlich für landesweite Zolleintreibungen nutzen kann. Eine Entscheidung wird in den kommenden Wochen oder Monaten erwartet.

Wird Trump am Prozess teilnehmen?

Nein, er war am Mittwoch in Miami. An seiner Stelle soll Finanzminister Scott Bessent an der Anhörung teilgenommen haben. Dennoch gab Trump im Vorfeld den Ton an: Es sei einer der wichtigsten Fälle, mit denen sich der Oberste Gerichtshof jemals für Amerika befasst habe; Er warnte vor „wirtschaftlichen Verwüstungen“, wenn das Gericht ihm seine Notstandsbefugnisse entziehen würde.

Wie argumentieren beide Seiten vor Gericht?

Die Regierungsseite vertrat die Auffassung, dass das Notstandsgesetz es dem Präsidenten erlaube, bei wirtschaftlichen Notlagen die Einfuhr von Waren zu „regulieren“ – und dazu zählen aus Sicht der Regierung auch Zölle, weil diese Druck auf andere Staaten ausüben sollen und im Idealfall gar kein Geld einbringen, sondern den Handel umlenken oder ausländische Regierungen zu Verhandlungen zwingen. Dass die Zölle in diesem Fall Einnahmen generieren, ist nur ein Nebeneffekt.

Die Gegenseite erklärte, dass es sich bei Zöllen in erster Linie um Steuern handele – und Steuern in den USA nur vom Kongress beschlossen werden könnten, nicht allein vom Präsidenten. Das Notstandsgesetz ist für Sanktionen, Embargos oder Lizenzauflagen gedacht, nicht für weitreichende Gewerbesteuern auf Dutzende Länder.

Mehrere Richter stellten kritisch die Frage, warum Trump laut Notstandsgesetz den Handel komplett stoppen durfte, er aber nach Meinung von Trumps Gegnern keinen Zoll von einem Prozent erheben dürfe – worauf ihre Anwälte antworteten: Ein kompletter Importstopp bringt kein Geld, Zölle aber schon. Und gerade weil sie Einnahmen generieren, muss das Parlament darüber entscheiden.

Gleichzeitig äußerten auch von Trump ernannte konservative Richter Zweifel an der Argumentation der Regierung. Sie wollten wissen, warum fast alle wichtigen Handelspartner – von Spanien über Frankreich bis zur Schweiz – plötzlich als Bedrohung für die nationale Sicherheit galten. Richterin Amy Coney Barrett fragte, ob es wirklich die Ansicht der Regierung sei, dass „jedes einzelne Land“ ein Sicherheitsrisiko darstelle. Richter Neil Gorsuch warnte zudem vor einer „Einbahnstraße“, in der immer mehr Macht vom Kongress auf den Präsidenten verlagere, wenn eine so weit gefasste Definition des Notfalls akzeptiert werde.

Was sind mögliche Konsequenzen?

Es ist noch unklar, welche konkreten Konsequenzen es hätte, wenn der Oberste Gerichtshof zugunsten der Kläger entscheiden würde. Auch die möglichen Auswirkungen des Falles auf die EU und damit auch die Zölle, die deutsche Importe in die USA betreffen, sind unklar.

Ein Richter fragte sogar einen der Anwälte der Kläger, wie seiner Meinung nach Rückerstattungen für illegale Zölle in der Praxis gehandhabt würden, und betonte, dass es „ziemlich chaotisch“ sein könne. Generalstaatsanwalt D. John Sauer, der die Bundesregierung vor dem Obersten Gerichtshof vertritt, sagte, wenn das Gericht Trumps Zollpolitik in die Luft jagen würde, könnte dies laut der New York Times zu einem wirtschaftlichen Ruin wie in einer Weltwirtschaftskrise, Störungen bei Handelsverhandlungen und diplomatischen Peinlichkeiten führen.

Wenn das Gericht das Notstandsgesetz nicht als rechtliches Argument akzeptiert, könnte die Regierung versuchen, ihr Argument zu ändern und sich auf andere Gesetze zu berufen, um die Zölle aufrechtzuerhalten. Die Frage ist auch, was passiert, wenn die US-Regierung Handelsabkommen mit anderen Ländern vereinbart hat, die Zölle beinhalten. Es sei auch möglich, dass sich das Urteil nur auf einen bestimmten Zeitraum beziehe, in dem Trump Zölle verhängte. Die Vorinstanzen befassten sich ursprünglich mit den erstmals Anfang April angekündigten länderspezifischen Zöllen, die Dutzende US-Handelspartner betreffen.


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Wann gibt es ein Urteil?

Das ist unklar. Ein Urteil könnte es bald geben, allerdings erst im nächsten Jahr. Auf dpa-Anfrage teilte der Oberste Gerichtshof mit, dass das Gericht grundsätzlich eine Entscheidung innerhalb eines laufenden Verfahrenszeitraums anstrebe, in dem die Verhandlung eines Falles stattfindet. Die aktuelle Periode begann im Herbst und endet im nächsten Sommer. (mcf)

Verwendete Quellen:

Teaserbild: © Getty Images über AFP/WIN MCNAMEE

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