US-Wirtschaft am Rande des Absturzes? In neuen Analysen häufen sich besorgniserregende Warnzeichen, die zunehmend auf eine drohende „Trumpzession“ hindeuten.
München/Washington – Die US-Notenbank senkt die Zinsen und spricht von „moderatem Wachstum“ – doch unter der Oberfläche brodelt die amerikanische Wirtschaft. Neue Analysen liefern vier Indikatoren dafür, dass das Wirtschaftssystem unter Donald Trump stärker leidet, als auf den ersten Blick erkennbar ist: Die Verbraucher sind pessimistisch hinsichtlich des Arbeitsmarktes, die Schuldenzinsen explodieren, die Frachtraten sinken und die gravierenden Zahlungsausfälle bei Autokrediten nehmen rasant zu. Damit mehren sich die Anzeichen einer drohenden Rezession in der US-Wirtschaft. Ein Wirtschaftsexperte stuft die Gefahr ein.
Im Oktober 2025 senkte die US-Notenbank die Leitzinsen um weitere 25 Basispunkte auf eine Spanne von 3,75 bis 4,0 Prozent – den niedrigsten Stand seit 2022. Doch hinter den offiziellen Zahlen lauern ernste Anzeichen, die auf eine mögliche Rezession in den USA hinweisen könnten.
Gruselige Charts nach Halloween: Diese vier Zeichen warnen vor einer Rezession in den USA
Die am Freitag (31. Oktober) veröffentlichten Charts der britischen Investmentfirma M&G senden besorgniserregende Signale, nicht nur für Anleger weltweit. Vier der „sieben gruseligen Diagramme“ deuten auf eine möglicherweise bevorstehende Rezession, also eine „Trumpzession“ in den USA hin. Die amerikanische Wirtschaft scheint daher fragiler zu sein, als die Statistiken vermuten lassen.
Die ersten besorgniserregenden Anzeichen kommen vom Arbeitsmarkt – nicht jedoch von der offiziellen Statistik. Während die Arbeitslosenquote im September ebenfalls bei moderaten 4,3 Prozent lag, zeigt der „Labor Differential Index“ des Conference Board ein völlig anderes Bild. Dieser Index misst, wie Verbraucher die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen einschätzen – und die Stimmung ist düster: „Anspannung auf dem Arbeitsmarkt ist ein klassisches Zeichen einer Rezession“, so die Datenanalysten von M&G Investments.
Der Rückgang freiwilliger Kündigungen und Neueinstellungen deutet auf einen Rückgang des Vertrauens der Arbeitnehmer hin, sagt Geraldine Dany-Knedlik, Leiterin Konjunktur am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). IPPEN.MEDIA die Daten. Das sei ernst zu nehmen: „Ein Muster, das schon vor den Rezessionen 2001 und 2008 zu beobachten war.“
Laut M&G sendet der US-Autokreditmarkt ein weiteres alarmierendes Signal: Die Zahl der „schwerwiegenden“ Zahlungsausfälle – wenn Kreditnehmer mindestens 90 Tage im Rückstand sind – nähert sich dem Niveau der großen Finanzkrise von 2008.
Verschärfend wirkt sich das explodierende Kreditvolumen aus: In den letzten 20 Jahren hat sich das Volumen der ausstehenden Autokredite den Analysen zufolge auf mehr als 1,66 Billionen US-Dollar verdoppelt. Die Consumer Federation of America warnt davor, dass verspätete Zahlungen, Zahlungsausfälle und Fahrzeugpfändungen sprunghaft angestiegen sind und „erschreckend ähnliche Trends aufweisen, die bereits vor der Finanzkrise beobachtet wurden“.
„Schwerer Schock“: US-Frachtvolumen nähert sich dem Niveau der Großen Finanzkrise
Ein weiterer möglicher Hinweis auf eine drohende Konjunkturabschwächung kommt vom US-Güterverkehr. Auch der „Cass Corp Freight Index“, der das Frachtvolumen in den USA misst, nähert sich dem Niveau der globalen Finanzkrise. Der Index war aufgrund der Corona-Pandemie nur kurzzeitig niedriger als jetzt, die M&G-Experten sprechen von einem „schwerwiegenden Schock im US-Güterverkehr“. Die derzeit sinkenden Werte seien „ein klassischer Frühindikator für eine schwächere Nachfrage und zeigten ähnliche Bewegungen vor der Finanzkrise 2008 und der pandemischen Rezession 2020“, bestätigt DIW-Experte Dany-Knedlik.
Der Index basiert auf Rechnungen großer Speditionen für den Transport von Gütern per Lkw, Bahn, Luft und See: „Eine Kombination aus restriktiver Geldpolitik und schwächer werdender Verbrauchernachfrage hat zu einer Verschlechterung der Daten geführt“, heißt es in dem Bericht. Die Auswirkungen der neuen Zölle von Donald Trump sind noch nicht einmal vollständig spürbar.
Diese Indikatoren traten in der Vergangenheit häufig vor Rezessionen auf, insbesondere in Kombination.
Trumps Wirtschaftswunder als Misserfolg: Staatsverschuldung und Shutdown
Das vielleicht besorgniserregendste Zeichen kommt von der Staatsverschuldung: Im Haushaltsjahr 2025 zahlte die US-Regierung 970 Milliarden US-Dollar an Zinsen für die Staatsschulden – das sind 57 Milliarden US-Dollar mehr als der gesamte Verteidigungshaushalt von 917 Milliarden US-Dollar.
Die Folgen sind bereits spürbar: Während die Zinszahlungen explodieren, werden öffentliche Dienstleistungen sowie Investitionen in Infrastruktur und Bildung gekürzt. Die unabhängige Wirtschaftsbehörde Congressional Budget Office (CBO) warnt davor, dass dieser Trend das Wirtschaftswachstum langfristig bremsen könnte, da weniger Geld für produktive Investitionen zur Verfügung stehe: „Die explodierenden Zinszahlungen des Staates erinnern an die frühen 1980er und 1990er Jahre, als hohe Zinsen den fiskalischen Spielraum begrenzten“, betont auch der DIW-Wirtschaftsdirektor.
Die aktuelle Situation ist durch die Nachwirkungen der Pandemie, geopolitische Risiken und eine veränderte geldpolitische Lage geprägt, sodass historische Muster nicht eins zu eins übertragbar sind.
Der Wirtschaftsexperte bestätigt, dass die Signale insgesamt ernst zu nehmen seien, dennoch sei bei der Interpretation Vorsicht geboten. In der Vergangenheit traten die Indikatoren häufig vor Rezessionen und insbesondere in Kombination auf: „Dennoch ist die aktuelle Situation durch die Nachwirkungen der Pandemie, geopolitische Risiken und eine andere geldpolitische Ausgangslage geprägt, sodass sich historische Muster nicht eins zu eins übertragen lassen“, relativiert sie.
Dennoch brisant: Die Weiterentwicklung stagniert seit dem 1. Oktober aufgrund des Haushaltsstillstands teilweise im Blindflug. Experten haben errechnet, dass der Shutdown die US-Wirtschaft 14 Milliarden Dollar kosten könnte. Die Behörden sind geschlossen und es liegen kaum noch makroökonomische Daten der Regierung vor. „Abhängig von der Dauer des Haushaltsstopps wird das annualisierte reale BIP-Wachstum in diesem Quartal um 1,0 bis 2,0 Prozentpunkte zurückgehen“, sagte der CBO.
Die Frage ist nicht mehr, ob die US-Wirtschaft schwächelt, sondern um wie viel. Auf jeden Fall sind die vier Indikatoren in den vom M&G-Blog „Bond Vigilantes“ jährlich rund um Halloween veröffentlichten Charts eine ernstzunehmende Warnung. Das von Trump ausgerufene Wirtschaftswunder könnte früher als erwartet vorbei sein.
