Wie oft wurde die ultimative Konfrontation zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten heraufbeschworen? Obamas „Pivot to Asia“ war Amerikas Versuch, sich angesichts des wachsenden globalen Einflusses Chinas der indopazifischen Region zuzuwenden. Doch die Konflikte im Nahen Osten und in Europa banden weiterhin seine Ressourcen.
Das soll auch so bleiben. Eine der wenigen Gemeinsamkeiten zwischen den Regierungen Trump und Biden besteht darin, dass sie Peking als die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts betrachten. Doch beide Präsidenten wurden durch die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen davon abgehalten, sich gegen China zu stellen.
Der Republikaner, der so tat, als könne er im Gegensatz zum Demokraten beide Konflikte blitzschnell lösen, musste erkennen, dass internationale Politik komplexer ist und die Möglichkeiten der Social-Media-Diplomatie einschränkt. Im Gaza-Krieg mag Trump zwar einen Durchbruch erzielt haben, doch im Ukraine-Krieg ist er nach Monaten des Zickzacks nicht weiter vorne.
Trump führt den Zollkonflikt mehr oder weniger nebenher
Trump war so in beide Konflikte verwickelt, dass er ganz nebenbei einen Zollkonflikt mit Peking anführte, der kürzlich zu einem Handelskrieg eskalierte. Das Ergebnis des ersten Treffens mit Xi ist eine taktische Pause. Washington senkt die Zölle auf das Niveau vor der jüngsten Eskalation. Peking setzt seine Exportbeschränkungen für Seltene Erden für ein Jahr aus. Und es verpflichtet sich, den Export von Stoffen zu stoppen, die zur Herstellung von Fentanyl verwendet werden. Beide Präsidenten wollen sich nächstes Jahr gegenseitig besuchen. Die Atmosphäre in Südkorea war harmonisch. Trump war für seine Verhältnisse sogar zahm. Natürlich kann in zwei Wochen wieder alles anders sein, wie der erneute Konflikt zwischen Washington und seinem Verbündeten Kanada zeigt.
Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Zumindest im Moment zögert Trump, alles zu tun. Ihm musste klar werden, dass er China im Gegensatz zu seinen Verbündeten nicht erpressen kann. Die EU war handelspolitisch in die Knie gegangen, weil sie Trump nicht dazu provozieren wollte, Europa in einer fragilen Phase angesichts der russischen Bedrohung den sicherheitspolitischen Schutz zu entziehen. Der Rivale China hingegen widerstand dem Druck von Trump und brachte seltene Erden ins Spiel.
Taiwan wurde auf dem Gipfel nicht einmal thematisiert, was für Peking völlig in Ordnung ist. Unterm Strich ist Trump gegenüber Xi vorsichtiger als gegenüber seinen Verbündeten. „Westen“ oder „Wertebündnis“ sind für ihn Fremdwörter.
An anderer Stelle sendete Trump ein Zeichen der Stärke: Sein Befehl zur Wiederaufnahme der Atomwaffentests richtete sich in erster Linie gegen Putin, der kürzlich erneut mit nuklearen Drohungen gedroht hatte. Aber auch in Peking konnte man es nicht ignorieren. Trump verfolgt in der Ukraine keine strategischen Interessen. Ihm geht es nicht um die Sicherheit Europas. Er möchte einfach derjenige sein, der diesen Konflikt beigelegt hat. Manchmal ärgert ihn Selenskyjs Beharren auf Sicherheitsgarantien. Dann ist er bereit, es fallen zu lassen. Manchmal merkt er, dass Putin mit ihm spielt. Dann lässt er seine Muskeln spielen, wie bei der Atomtestanordnung.
Europa muss sehen, wie es seine strategischen Interessen mit Trumps persönlichen Befindlichkeiten in Einklang bringt. Dies ist die bedauerliche Erkenntnis eines Kontinents, der glaubte, er könne mit Amerika und China konkurrieren.
