Voll war es am Sonntagabend auf dem Sportplatz der Sophie-Scholl-Schule in Schöneberg. Platzmangel. So viele Menschen hat das Gelände an der Pallasstraße wohl noch nie gefasst. Rund 6000 Zuschauer waren laut Peter Fox gekommen, um das letzte Konzert seiner „Love Songs“-Tour zu sehen – und das bei völlig kostenlosem Eintritt. Wie zuvor schon im Neuköllner Columbiabad und im Kreuzberger Görlitzer Park spielte der Künstler auch in Schöneberg in einem sozialen Brennpunkt. Direkt neben der Schule liegt der Wohnblock Pallasseum, der oft auch „Sozialpalast“ genannt wird. Peter Fox hatte sich für den Auftritt eine große Show einfallen lassen. Mehrere Security-Mitarbeiter kontrollierten den Einlass, eine große Bühne mit mehreren Ebenen, grelle Scheinwerfer und Nebelmaschinen dominierten den Sportplatz.
Für Unmut sorgte allerdings die Einlasspolitik bei der Veranstaltung. Wer auf den Sportplatz wollte, brauchte eine Eintrittskarte. Diese seien im Vorfeld an soziale Einrichtungen und Organisationen verteilt worden, die sich in Schönberg für Jugendliche einsetzen, erklärte ein Sicherheitsmitarbeiter am Eingang. Ein Umstand, der den meisten Konzertbesuchern nicht klar war. Hunderte wurden abgewiesen oder mussten von draußen zuhören. Der Stimmung vor der Bühne tat das allerdings keinen Abbruch. Manche Jugendliche machten aus der Not sogar eine Tugend: Vom vergitterten Treppenhaus eines benachbarten Hochhauses hatten sie wohl die beste Sicht von allen.
Blinde Sängerin begeistert Publikum vor Peter Fox in Schöneberg
Eröffnet wurde das Konzert gegen 19 Uhr allerdings nicht vom bekannten Seeed-Sänger Peter Fox: Es traten bislang unbekannte Berliner Künstler aus Neukölln und Schöneberg auf. Neben emotionalen deutschen Texten und hartem Gangster-Rap konnte vor allem die junge Deutsch-Iranerin Niloufar – Altpersisch für „blaue Seerose“ – das Publikum begeistern. Die blinde Sängerin wurde von einer Begleitperson auf die Bühne gebracht. Ihr gefühlvoller, traditioneller Gesang auf Türkisch und Persisch konnte das Publikum auch über Sprachbarrieren hinweg begeistern.
Kurz darauf betrat die Schöneberger Deutschraplegende Alpa Gun unter lautem Jubel die Bühne. Sein Lied „Ausländer“ rappten die ersten Fans mit. Wer den Text nicht kannte, nickte im Takt mit. Luvre47 performte „Hinter dem Block“, den Titelsong zum Film „Sonne und Beton“ von Comedian Felix Lobrecht.
Peter-Fox-Konzert in der Pallasstraße: „unglaublich schwierig“
Passenderweise war die Sonne in der Pallasstraße hinter dem Betonschulgebäude untergegangen, als endlich der lang ersehnte Hauptact die Bühne betrat: Peter Fox, zusammen mit einer Entourage aus Tänzern, eingehüllt in helle Lichter und dichten Nebel. Der 1971 in Berlin geborene Sänger, der mit bürgerlichem Namen Pierre Baigorry heißt, machte 2008 mit seinem ersten Soloalbum „Stadtaffe“ auf sich aufmerksam. Es gilt bis heute als eines der bekanntesten deutschsprachigen Alben. Zuvor war er einer der Sänger der erfolgreichen Dancehall-Band Seeed. 2023 veröffentlichte Fox sein zweites Soloalbum „Love Songs“.
Was bei dem kostenlosen Konzert allerdings deutlich wurde: Fox‘ frühere Werke kamen beim Publikum deutlich besser an als die neuen Songs. Hits wie „Schwarz zu Blau“ – ein Song über die Hassliebe des Sängers zu seiner Heimatstadt – und „Schüttel dein Speck“ begeisterten fast alle der rund 6.000 Zuschauer unterschiedlichen Alters, die die Texte überraschend gut kannten. Neuere Produktionen wurden merklich zurückhaltender aufgenommen. Begleitet von einer aufwendigen Bühnenshow mit Tänzern und mobilen Flammenwerfern blieb die Stimmung gut. Auch einen kleinen Seitenhieb auf die Politik leistete sich Fox. In seinem bekannten Song „Alles neu“ schrieb er eine Zeile um. Statt „Ich sehe besser aus als Bono“ sang der Dancehall-Star: „Ich sehe besser aus als Friedrich Merz“. Nach einem kurzen Moment der Irritation verfing sich der Witz beim Publikum und sorgte für viel Gelächter.
Zum Abschluss der Show bedankte sich der Künstler beim Publikum – und auch bei den Verantwortlichen von Stadt, Feuerwehr und Polizei. Es sei „unglaublich schwierig“, Konzerte an Orten zu veranstalten, an denen es normalerweise keine Bühnen gebe, sagte der Künstler.