Er ließ sich einen Sensenmann tätowieren – wenige Wochen später war der junge Mann tot. Der Tätowierer aus Bad Arolsen musste sich deshalb vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Das Amtsgericht Korbach sprach ihn nun frei.
Der Angeklagte ist eigentlich Busfahrer und für seine guten Tattoo-Preise bekannt.
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Prozess wegen tödlicher Tätowierung
Ein 40-jähriger Tätowierer aus Bad Arolsen (Waldeck-Frankenberg) stand vor dem Amtsgericht in Korbach. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, durch gravierende Hygienemängel in seinem provisorischen Atelier den Tod eines jungen Mannes herbeigeführt zu haben.
Der hauptberufliche Busfahrer wurde inzwischen vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch eine Bewährungsstrafe beantragt. Der Prozess läuft seit Mitte September. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Gericht: Sorgfaltspflichtverletzung nicht nachgewiesen
Das Gericht sei sich sicher, dass die bakterielle Infektion durch die Tätowierung des Angeklagten verursacht worden sei, erklärte der Vorsitzende Richter Robert Winter. Eine Sorgfaltspflichtverletzung des Tätowierers kann jedoch nicht nachgewiesen werden.
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„Wir haben verschiedene Möglichkeiten, wie die Infektion entstanden sein könnte. Leider werden wir nie herausfinden, wie die Bakterien übertragen wurden“, erklärte er.
Es ist alles andere als unwahrscheinlich, dass die Bakterien über die Atemluft übertragen wurden. Dies stellt jedoch keinen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht dar, da das Tragen einer Maske beim Tätowieren gesetzlich nicht vorgeschrieben ist.
Leider werden wir nie herausfinden, wie die Bakterien übertragen wurden.“
Zitat von
Richter Robert Winter
Ende des Zitats
Das tödliche Tattoo wurde Mitte März 2022 gemacht. Der 22-Jährige und sein Tätowierer kannten sich und waren Freunde. Es sollte ein Sensenmann mit einem Maschinengewehr in der Hand sein. Es war nicht das erste Tattoo des jungen Mannes. „Meine Tattoos sind die Geschichte meines Lebens“, schrieb er unter einem früheren Tattoo-Foto auf Instagram.
Verstorbener Mann postet Foto einer Tätowierung auf Instagram
Nach zwei Tagen war das neue Tattoo am Unterarm fertig. Stolz postete der 22-Jährige ein Bild und ein Video davon auf Instagram mit dem Hashtag „newone“.
Drei Wochen später war der 22-Jährige tot. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft starb er beim Tätowieren an septischem Multiorganversagen, verursacht durch eine bakterielle Infektion. Grund hierfür waren gravierende Hygienemängel im nicht angemeldeten Tattoo-Studio in der Wohnung des Beklagten in Bad Arolsen.
Beklagter bestreitet mangelnde Hygiene
Im Prozess bestritt der 40-jährige Tätowierer seine Schuld. Er sagte, er habe sich durch seinen Pflichtverteidiger an die Hygienestandards gehalten. Während des Prozesses vermied er den Blickkontakt mit der Mutter des Verstorbenen.
Der 40-Jährige war für seine günstigen Preise bekannt. Nach Angaben der Anklage soll er für das tödliche Tattoo einige abgelaufene Tinten verwendet und gleichzeitig einen Burger gegessen haben. Dazu zog er seine Einmalhandschuhe aus – und zog sie anschließend wieder an. Es gab weder Gesichtsmaske noch Seife in der Toilette.
Die Infektion breitete sich wie Feuer im ganzen Körper aus
Zwei Tage später wurde der 22-Jährige mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht, eine Woche später mussten ihm die Ärzte beide Unterschenkel amputieren. Es gelang ihnen nicht, den jungen Mann aus Volkmarsen zu retten.
Die Infektion breitete sich wie Feuer im Körper des Verstorbenen aus, sagte einer der medizinischen Experten im Prozess. Drei Wochen nach der Tattoo-Sitzung in der Wohnung des Angeklagten war er tot.
Er war ein netter Kerl, ein toller Kollege und technisch versiert.
Zitat von
Aus der Todesanzeige der Kollegen des Verstorbenen
Ende des Zitats
„Er war ein netter Kerl, ein toller Kollege und technisch versiert“, schrieben seine Kollegen in einem Nachruf. Der 22-Jährige wollte Koch werden. Er wird „immer seinen Platz in unserer Mitte behalten“.
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hr fernsehen, hessenschau,
Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe
