
Die AfD wirft im Landtag regelmäßig Fragen zur Infrastruktur auf. Thüringens Innenminister Maier vermutet, dass es sich dabei um einen gezielten Versuch handelt, im Auftrag Russlands Informationen zu beschaffen. Ähnliche Vorfälle gibt es auch im Bundestag.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sieht einen Zusammenhang zwischen parlamentarischen Anfragen der AfD und russischen Interessen. Seit einiger Zeit beobachte er mit zunehmender Sorge, dass die AfD das parlamentarische Fragerecht missbrauche, um gezielt kritische Infrastrukturen zu untersuchen, sagte der Minister dem „Handelsblatt“. Es erwecke fast den Eindruck, dass die AfD mit ihren Forderungen eine Auftragsliste des Kremls abarbeite, sagte Maier.
Allein in Thüringen gab es in den vergangenen zwölf Monaten 47 solcher Anfragen. Betroffen sind die Verkehrsinfrastruktur, die Wasserversorgung, die digitale Infrastruktur und die Energieversorgung.
Laut Maiers Aussage interessiert sich die AfD insbesondere für polizeiliche Informationstechnik und Ausrüstung, etwa im Bereich der Drohnenabwehr. Auch die Ausrüstung im Katastrophenschutz, im Gesundheitswesen und die Tätigkeiten der Bundeswehr sind Gegenstand zahlreicher Anfragen.
Chef von Geheimdienstkontrollgremium vermutet auch Spionage
Auch auf Bundesebene gebe es laut Maiers Aussage zahlreiche Anfragen dieser Art. Der Vorsitzende des Geheimdienstkontrollausschusses im Bundestag, Marc Henrichmann (CDU), teile die Einschätzung des Ministers, sagte er. Russland nutze natürlich seinen offensichtlichen Einfluss im Parlament, insbesondere in der AfD, zur Ausspionierung und zum Zugriff auf sensible Informationen, sagte er dem „Handelsblatt“.
Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses, Konstantin von Notz (Grüne): „Die AfD schadet unserem Land, indem sie sich bewusst zum Sprachrohr der Diktatoren der Welt macht und deren Narrative in den öffentlichen Diskurs und unsere Parlamente trägt“, sagte er der Zeitung.
Höcke fordert Maiers Entlassung
Die AfD wies Maiers Kritik zurück. Sie wehrt sich insbesondere gegen die Spionagevorwürfe. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, sprach von „irren Verdächtigungen“.
Auch Thüringens AfD-Fraktionschef Björn Höcke reagierte auf die Vorwürfe. Die Landtagsabgeordneten haben ein Fragerecht an die Landesregierung. Innenminister Georg Maier verknüpft dieses Recht in untragbarer Weise mit außenpolitischen Fragen. Laut Höcke handelt es sich bei Maier um einen „politischen Irrtum“, dessen Amtstauglichkeit überprüft werden müsse. Ministerpräsident Mario Voigt trägt die politische Verantwortung für Maiers Handeln. Er musste den Innenminister entlassen.
Laut Höcke werde die AfD prüfen, ob sie medienrechtlich oder strafrechtlich gegen Maier vorgehen könne. Bei entsprechenden Maßnahmen werde er persönlich Anzeige gegen Maier erstatten, sagte Höcke.
BSW: Die AfD versucht, die Verwaltung zu behindern
Vertreter anderer Thüringer Landtagsfraktionen bestätigten, dass die AfD-Fraktion vergleichsweise viele Anfragen an die Thüringer Landesregierung stellt. Sie könnten sich inhaltlich orientieren, „aber auch für andere Zwecke genutzt werden“, sagte CDU-Fraktionschef Andreas Bühl.
Er und BSW-Fraktionschef Frank Augsten äußerten den Verdacht, dass die AfD mit einer Flut von Kettenermittlungen und umfangreichen Dokumentenanforderungen versuche, die Thüringer Verwaltung gezielt zu behindern oder zu lähmen. Ähnlich äußerte sich Linken-Fraktionschef Christian Schaft und forderte, dass dem Verdacht des Innenministers nachgegangen werden müsse.
MDR (Ost, Nir)/dpa