Die Pharaonen des alten Ägypten wurden einbalsamiert, ebenso wie mehrere andere Herrscher in späteren Jahrhunderten.
Dazu gehören Frankreichs Ludwig XIV., auch bekannt als Ludwig der Große oder Sonnenkönig, und der kommunistische Führer Lenin, dessen konservierter Leichnam seit kurz nach seinem Tod im Jahr 1924 öffentlich ausgestellt ist.
Die Botschaft ist klar: Die Zeit des Körpers ist vorbei, aber der Geist lebt weiter.
Solche Überzeugungen sind in vielen Kulturen verankert. Hier sind einige der einzigartigsten Zeremonien rund um den Tod.
Día de Muertos: Tag der Toten in Mexiko
Grinsende Skelette tanzen durch die Straßen, Bäckereien verkaufen „Pan de Muerto“ oder „Totenbrot“ in Knochenform und Schaufenster sind mit glitzernden Totenköpfen geschmückt.
Am Día de Muertos in Mexiko ist die Feier des Todes allgegenwärtig.
Auch wenn es zunächst makaber erscheinen mag, ist der Tag der Toten ein fröhliches und farbenfrohes Fest.
Es wird angenommen, dass die Verstorbenen zu diesem Anlass aus ihrem ewigen Schlaf erwachen und ihre Lieben besuchen.
Deshalb stellen die Familien „Ofrendas“ auf, aufwendig dekorierte Altäre für die Toten mit allerlei Geschenken, einem Foto des Verstorbenen und gelb-orangefarbenen Ringelblumen. Ihre leuchtende Farbe der Blüten soll den Toten den Weg vom Friedhof nach Hause weisen.
In vielen Regionen Mexikos finden am Día de Muertos, dem Fest zum Tag der Toten, das vom 31. Oktober bis 2. November dauert, farbenfrohe Paraden statt.
Am letzten Tag strömen die Lebenden zum Friedhof und machen ein Picknick auf den geschmückten Gräbern ihrer Vorfahren. Es werden Tequila und Zigarren serviert und es wird viel getanzt und gesungen.
Die intensive Beschäftigung mit dem Sterben und dem Leben nach dem Tod hat in Mexiko eine lange Tradition und hat nichts mit Halloween zu tun.
Die Hochkulturen der Mayas und Azteken glaubten, dass der Tod nur der Beginn eines neuen Lebens in einer Parallelwelt sei.
Mit der Ankunft der spanischen Konquistadoren verschmolzen die Feierlichkeiten zu Ehren der Verstorbenen mit katholischen Bräuchen. Im Jahr 2008 erklärte die UNESCO das Festival zum immateriellen Weltkulturerbe.
Himmelsbestattung in Tibet
Mitten im tibetischen Hochland scharen sich Geier hungrig um eine zerstückelte Leiche. Die „Ragyapas“ – die buddhistischen Leichenbestatter – haben ihnen den Körper zum Essen überlassen.
Sie folgen der alten Tradition einer Himmelsbestattung: Wenn eine Person stirbt, wird sie symbolisch für ein paar Tage gefüttert, während ein Mönch ihr aus dem tibetischen Totenbuch vorliest. Auf diese Weise überzeugt der Heilige die Seele, den Körper zu verlassen.
Am Tag der Beerdigung ruft der Lama – ein Titel für einen Dharma-Lehrer im tibetischen Buddhismus – den Verstorbenen ein letztes Mal an, bevor der Leichnam vor Sonnenuntergang zur Grabstätte gebracht wird.
Die Ragyapas zerstückeln den Körper und spalten den Kopf, damit die Seele entkommen kann. Es ist dann die Aufgabe der Geier, den Verstorbenen in den „Bardo“, den Zwischenbereich zwischen Tod und Wiedergeburt, zu tragen.
Indien: Feuerbestattung und Weihwasser
Der Hinduismus glaubt auch, dass jeder Mensch viele Male wiedergeboren wird. Ein Verstorbener muss daher so schnell wie möglich eingeäschert werden, denn nur dann kann sich seine Seele vom Körper lösen und weiterziehen. In Indien spielt dabei der Ganges eine besondere Rolle. Der Religion zufolge ist er heilig, da der Fluss angeblich aus den heiligen Schleusen des Gottes Shiva entspringt. Wer hier badet, wird von allen Sünden befreit. Aus diesem Grund werden am Flussufer auch zahlreiche Scheiterhaufen für die Toten errichtet. Nach der Einäscherung sammeln die Angehörigen die Asche ein und verstreuen sie, begleitet von Blumen und Girlanden, im Ganges. Sie hoffen, dass der Verstorbene so dem ewigen Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt entkommt und ins Nirvana gelangt, einen Zustand, in dem die Seele endlich zur Ruhe kommt.
Jährlich finden am Ganges rund 100.000 Bestattungen statt. Reinigung für die Seele, aber nicht für den Fluss, da er einer der am stärksten verschmutzten Flüsse der Welt ist.
Sargkunst aus Ghana
Andernorts ist eine Beerdigung beliebter, aber nicht alle Särge sind gleich.
In Ghana beispielsweise symbolisiert die Sargkunst, was dem Verstorbenen im Leben wichtig war.
Wenn die Person Musiker in einer Band war, kann der Sarg in Form einer Gitarre bestellt werden.
Waren sie Barbesitzer? Warum nicht eine letzte Ruhestätte in Form einer Bierflasche?
Indonesien: Der lange Weg ins Land der Toten
Noch teurer sind jedoch die Bestattungszeremonien des Toraja-Gebirgsstammes in Indonesien.
Damit die Seele des Verstorbenen den Weg in das Land der Toten – Puya – finden kann, braucht sie die Hilfe der Lebenden. Der Stamm glaubt, dass dies notwendig ist, denn wenn es verloren geht und zwischen den Welten wandert, kann es zu einer Bedrohung für die Zurückgebliebenen werden.
Nach ihrem Tod werden die Verstorbenen zunächst einbalsamiert und im Haus der Familie aufgebahrt.
Dies kann einige Wochen, manchmal auch Jahre dauern, weil die Angehörigen für ein großes, mehrtägiges Begräbnisfest sparen, um der Seele den Weg ins Jenseits zu ermöglichen.
Je höher der soziale Status des Verstorbenen war, desto umfangreicher waren die Feierlichkeiten.
Der Höhepunkt der Zeremonie ist die eigentliche Beerdigung.
Der Verstorbene wird in einem kunstvoll geschnitzten Holzsarg an einer Felswand aufgehängt oder in einer in den Fels gehauenen Höhle aufgebahrt. Hier ist Platz für ganze Familien.
Madagaskar: Neue Kleider für die Vorfahren
Im afrikanischen Inselstaat Madagaskar gehören die Toten ebenso zur Familie wie die Lebenden. Und diese „Razana“ haben eine ganz besondere Gabe – sie können mit den Göttern sprechen.
Deshalb ist es eine gute Idee, sie als Vermittler an Ihrer Seite zu haben, denn der Zorn der Vorfahren kann Unglück bringen und der ganzen Familie schaden.
Allerdings kann die verärgerte Razana beim „Famadihana“-Fest für die Toten besänftigt werden.
Ein „Ombiasy“, ein madagassischer Heiler, kontaktiert die Toten, um den richtigen Zeitpunkt für die Famadihana zu bestimmen, zu der die Großfamilie, Nachbarn und Freunde eingeladen sind.
Am Gedenktag werden die Verstorbenen dann in kostbare Seidentücher gehüllt und Lebende und Verstorbene werden einander vorgestellt. Die Gastgeber servieren üppiges Essen und selbstgebrauten Toaka-Rum.
Wenn die Verstorbenen dann in das gereinigte und neu gestrichene Grab zurückgebracht werden, werden sie beigesetzt.
In der Regel findet ein solches Fest nur alle drei bis sieben Jahre statt, da es sehr aufwendig und kostspielig ist.
Das japanische Obon-Fest
Auch viele asiatische Länder huldigen ihren Vorfahren. Familien errichten zu Hause Schreine und ehren die Verstorbenen mit Blumen und Räucherstäbchen.
In Japan gibt es jedes Jahr Mitte August ein dreitägiges Ahnenfest namens „Obon“. Nach buddhistischem Glauben kehren die Toten einmal im Jahr aus dem Jenseits in ihre Häuser und Familien zurück und müssen dort gebührend willkommen geheißen werden.
Um ihnen die Orientierung zu erleichtern, werden auf dem Hausaltar im Garten Willkommensfeuer oder Laternen angezündet. Die Hinterbliebenen bringen ihren Vorfahren täglich Speiseopfer dar, darunter „Abschiedsknödel“. Die symbolische Speisung soll das Leid der möglicherweise hungernden Toten lindern.
Dem Volksglauben zufolge wird der Verstorbene am Ende des Obon, der auf dem Altar oder vor der Tür platziert wird, ins Jenseits zurückgekehrt. Der Abschied steht erneut im Zeichen des Feuers. Flammen in Form von Figuren erhellen die Berghänge, während schwimmende Laternen sanft über Flüssen und Seen schaukeln.
Der Obon ist mittlerweile ein beliebtes Fest, bei dem fast das ganze Land auf den Beinen ist, um die Vorfahren in ihrer Heimatstadt zu begrüßen.
Striptease für die Toten in Taiwan
In Taiwan bestellen Angehörige gerne ein „Electric Flower Car“ für die Beerdigung. Dabei handelt es sich um einen mit vielen Blumen und grell blinkenden Lichtern geschmückten LKW-Anhänger, auf dem leicht bekleidete Frauen für den Verstorbenen und die Trauernden tanzen.
Bei Bedarf reicht auch ein umgebauter Jeep. Aus den Lautsprechern dröhnt laute Popmusik.
Dieser etwas seltsame Brauch etablierte sich erst in den 1970er Jahren.
Die taiwanesische Unterwelt soll damals eine gute Geschäftsmöglichkeit gewittert haben. Als Partner von Bestattungsunternehmen boten sie einfach Stripperinnen aus ihren Nachtclubs als Teil eines günstigen „Bestattungspakets“ an.
Dies würde mehr Trauernde anlocken, was wiederum den Göttern gefallen würde. Die Tänzer sind auch ein Geschenk an die Toten, die sich zu Lebzeiten amüsierten.
In den Großstädten gelten die „Electric Flower Cars“ meist als unmoralisch verpönt, doch auf dem Land bleiben sie beliebt.
Deutschland: Beerdigungsfeste und Totensonntag
In Deutschland, wie in den meisten Ländern der Welt, wäre ein solches Ereignis undenkbar. Hier werden die Verstorbenen entweder in einem Sarg oder einer Urne beigesetzt, bewegende Reden gehalten und die Trauergäste werfen zum Abschied Erde oder Blütenblätter ins Grab.
Anschließend treffen sich die Menschen bei einem Trauerempfang bei Kaffee und Kuchen, um zu symbolisieren, dass das Leben weitergeht.
Anschließend wird an christlichen Festtagen der Toten gedacht, etwa am katholischen Allerseelentag am 2. November oder am evangelischen Totensonntag, der in diesem Jahr auf den 26. November fällt.
Er wird auch als Ewigkeitssonntag bezeichnet und fällt normalerweise auf den letzten Sonntag des liturgischen Jahres der protestantischen Kirche.
An diesen beiden Tagen besuchen Menschen die Gräber ihrer Liebsten und stellen Grablichter auf.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Deutsch verfasst. Es wurde gegenüber einem früheren Artikel aktualisiert, der am 24. November 2023 veröffentlicht wurde.