FAQ
Außenminister Wadephul sorgte mit einer Aussage zur Rückkehr der Syrer für Irritationen in den eigenen Reihen. Nun ist eine Debatte entbrannt: Wer kann bleiben – und wer muss gehen?
„Hier kann kaum jemand ein menschenwürdiges Leben führen.“ Mit diesen Worten löste Außenminister Johann Wadephul eine Debatte über die Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus. Er sagte sie während eines Besuchs in Harasta, einem schwer zerstörten Vorort von Damaskus.
In der Unionsfraktion gab es Kritik an der Aussage, und Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte am Montag schließlich, dass er nach dem Ende des Bürgerkriegs in Syrien keine Gründe mehr für Asyl in Deutschland sehe.
Er fügte hinzu: „Wer dann in Deutschland die Rückkehr verweigert, kann selbstverständlich auch in Zukunft abgeschoben werden.“ Kritik an dieser Aussage gab es vom Koalitionspartner SPD, aber auch von Grünen und Linken.
Der Bürgerkrieg in Syrien ist vorbei und das Land ist schwer beschädigt. Sollen nach Deutschland geflüchtete Syrer jetzt in ihre Heimat zurückgeschickt werden?
Wie viele Syrer leben in Deutschland?
Im August 2025 lebten 951.406 Menschen aus Syrien in Deutschland. Das teilte das Bundesinnenministerium am Montag mit. Syrer sind die drittgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe in Deutschland – nach Menschen aus der Türkei und der Ukraine.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lebten zum 31. Dezember 2024 in Deutschland 975.060 Menschen mit syrischer Staatsbürgerschaft, 1.544.480 Menschen mit türkischer Staatsbürgerschaft und 1.334.005 Menschen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft. Die Gesamtzahl der Ausländer betrug 14,1 Millionen.
Wie viele Syrer wurden eingebürgert?
Auch immer mehr Syrer lassen sich einbürgern. Keine andere Nationalität erhielt im vergangenen Jahr häufiger die deutsche Staatsangehörigkeit. Im vergangenen Jahr waren es 83.185 Personen (im Jahr 2024 gab es insgesamt 292.020 Einbürgerungen). Die Zahl ist in den letzten Jahren stetig gestiegen.
| Jahr | Nummer |
|---|---|
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2020 |
6.700 |
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2021 |
19.100 |
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2022 |
48.300 |
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2023 |
75.500 |
Im Durchschnitt waren Syrer bereits seit 7,4 Jahren in Deutschland (2023: 6,8 Jahre). Laut Statistischem Bundesamt setzt sich damit die Beobachtung aus den Vorjahren fort, „dass Syrer, die im Zuge der Flüchtlingsmigration in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland kamen, häufig einen Antrag auf Einbürgerung stellen, sobald sie die Voraussetzungen erfüllen.“
Wie viele Syrer arbeiten und in welchem Bereich?
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im April dieses Jahres von den rund 950.000 Syrern, die in Deutschland leben, 299.730 erwerbstätig. Davon sind 249.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Im Oktober 2025 waren 256.100 Arbeitssuchende und 143.770 Arbeitslose gemeldet.
In manchen Bereichen, etwa im Gesundheitswesen, sind Syrer unverzichtbar. 7.042 Ärzte kommen aus Syrien. Dies ist die größte Gruppe ausländischer Ärzte in Deutschland, wie eine Statistik der Bundesärztekammer zeigt.
Laut einem Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft von Ende 2024 arbeiteten 80.000 Syrer in sogenannten Engpassberufen, in denen Stellen besonders schwer zu besetzen sind. „Die meisten von ihnen waren als Fachkräfte beschäftigt, also in Berufen, die in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen. Syrische Arbeitnehmer leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Abfederung des Fachkräftemangels in Deutschland.“ Der Beitrag syrischer Fachkräfte hierzulande werde oft unterschätzt, so das IW.
Wie viele Syrer gibt es? zur Ausreise verpflichtet?
In der Rückkehrdebatte geht es nun um unterschiedliche Gruppen. Nach Angaben des Innenministeriums vom August gibt es in Deutschland 920 ausreisepflichtige Menschen, die nicht geduldet sind. Weitere 9.780 sind ebenfalls ausreisepflichtig, haben aber den Status einer Duldung.
Für den Großteil der Menschen aus Syrien in Deutschland handelt es sich zunächst um eine freiwillige Rückkehr. Um dies zu ermöglichen, wolle die Bundesregierung zur Stabilisierung des Landes beitragen, sagte Bundeskanzler Merz.
Die Bundesregierung will Straftäter besonders schnell abschieben. Die schwarz-rote Regierung hat sich in einem ersten Schritt darauf geeinigt, Kriminelle und gefährliche Menschen abzuschieben. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD im Oktober gelten derzeit 55 Syrer als gefährdet. Neun von ihnen sind inzwischen freiwillig gegangen.
Wovon hängt es ab, ob Menschen abgeschoben werden?
Grundsätzlich können auch Menschen, die hierzulande Schutz genießen, abgeschoben werden – allerdings „nur, wenn zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung vorliegen“, etwa wenn Terrorgefahr besteht. Niemand darf in ein Land abgeschoben werden, in dem ihm Folter, die Todesstrafe oder eine andere unmenschliche Behandlung droht.
Normalerweise dürfen Menschen, die Asyl oder einen anderen Schutz erhalten haben, bleiben. Auch wenn dies nicht der Fall ist und jemand als ausreisepflichtig gilt, besteht nicht zwangsläufig die Gefahr einer Abschiebung. Beispielsweise kann jemand geduldet werden. Gründe hierfür sind unter anderem fehlende Reisedokumente, eine laufende Ausbildung oder eine schwere Erkrankung. Personen, bei denen die Behörden keinen anerkannten Aufenthaltsgrund sehen, werden aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Wenn sie dies nicht tun, droht ihnen die Abschiebung. Die Verantwortung dafür tragen die Länder.
Wie wahrscheinlich ist es, dass die Leute jetzt zurückkehren?
Nach dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 gab es eine interne Umfrage bei der Syrischen Gesellschaft der Ärzte und Apotheker in Deutschland. Drei Viertel der Befragten gaben an, sie könnten sich eine Rückkehr nach Syrien vorstellen.
Die Bundesregierung unterstützt die freiwillige Rückkehr nach Syrien durch verschiedene Programme. Seit dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad sind fast 3.000 Menschen in ihre Heimat zurückgekehrt. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf Anfrage der Nachrichtenagentur epd mitteilte, erhielten bis Ende Oktober 2.869 Menschen, die wegen des Bürgerkriegs in Syrien nach Deutschland geflohen waren, Hilfe aus dem entsprechenden Bund-Länder-Programm.
Bashar al-Assad wurde von der von al-Sharaa angeführten Islamistenmiliz HTS gestürzt. Er wurde zum Interimspräsidenten ernannt und steuert seitdem das Land in Richtung Öffnung und Annäherung an den Westen. Aufgrund seiner Vergangenheit herrscht jedoch großes Misstrauen ihm gegenüber.
