
Nach weniger als drei Monaten ist die Mitte-Rechts-Regierung von Premierminister Michel Barnier in Frankreich zu Ende – Barnier wird am Donnerstag seinen Rücktritt einreichen. Dem Land droht nun Stillstand. Auch für Europa dürfte der Sturz der Regierung Folgen haben.
Nach seinem Sturz durch ein Misstrauensvotum im Parlament reichte der französische Premierminister Michel Barnier am Donnerstag bei Präsident Emmanuel Macron den Rücktritt seiner Regierung ein. Barnier werde um 10 Uhr im Élysée-Palast erwartet, teilte das Präsidialamt am Mittwochabend mit.
Mit dem Misstrauensvotum stürzte die Opposition in Frankreich die Mitte-Rechts-Regierung von Barnier. Die rechten Nationalisten von Marine Le Pen und das linke Lager stimmten in der Nationalversammlung gemeinsam gegen die Regierung und erreichten damit die nötige Mehrheit. Insgesamt entzogen 331 der 577 Abgeordneten dem Kabinett ihr Vertrauen.
Der Sturz der Regierung stürzt Frankreich in eine tiefe politische Krise. Eine Neuwahl zum Parlament wird erst im kommenden Sommer wieder möglich sein. Das Kräfteverhältnis bleibt daher eine Pattsituation. Weder das linke Lager, das im Sommer die Parlamentswahlen gewonnen hat, noch Macrons Mittekräfte, noch die rechten Nationalisten um Marine Le Pen und ihre Verbündeten verfügen über eine eigene Mehrheit. Die Suche der Regierung dürfte erneut schwierig werden. Es scheint unwahrscheinlich, dass es am Ende für mehr als eine Minderheitsregierung reichen wird.
Nach Deutschland droht auch die zweite Säule des wichtigen deutsch-französischen Motors in Europa, in einen vorübergehenden politischen Stillstand zu geraten und sich vor allem um ihre innenpolitischen Probleme kümmern zu müssen. Macrons Amt bleibt von dem Misstrauensvotum unberührt. Als Präsident ernennt er den Premierminister. Nach der Parlamentswahl war er maßgeblich an der Regierungssuche beteiligt und wird dies nun voraussichtlich erneut tun.
Zudem geht der Sturz der Regierung auch an ihm nicht spurlos vorüber. Das Staatsoberhaupt ernannte Barnier nach langen Sondierungen zum Premierminister, seine zentristischen Kräfte regierten auch. Die Opposition dürfte nun versuchen, Macron aufgrund der komplizierten politischen Lage zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu drängen. Bisher hatte Macron dies stets abgelehnt.
Auch für Frankreichs Wirtschaft ist die politische Krise bedauerlich. Das Land hat zu viele neue Schulden. Barnier wollte das wieder in den Griff bekommen. Seine Regierung scheiterte am eskalierenden Streit um den Sparhaushalt. Es wird wahrscheinlich eine der kürzesten Regierungen in der jüngeren französischen Geschichte sein.
dpa/cvb