
Der ehemalige Nato-Generalsekretär Stoltenberg bringt ein bisher tabuisiertes Thema ins Spiel. Russland hat im November wahrscheinlich viele Verluste erlitten. Alle Infos im Newsblog.
7:01 Uhr: Der frühere Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat vorübergehende Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland als einen möglichen Weg zur schnellen Beendigung des Krieges genannt. „Das sollte im Mittelpunkt stehen“, sagte Stoltenberg in einem Interview mit „Table.Briefings“. Er betonte, dass dies nicht bedeute, dass die Ukraine die betroffenen Gebiete dauerhaft aufgeben müsse.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnte am Sonntag die NATO-Mitgliedschaft seines Landes ohne die von Russland besetzten Gebiete ab. Im November diskutierte er jedoch über Sicherheitsgarantien für die von der Regierung kontrollierten Teile der Ukraine. Keith Kellog, der designierte Ukraine-Gesandte des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, äußerte ähnliche Gedanken.
Stoltenberg erklärte weiter, dass die Regierung in Kiew im Gegenzug für vorübergehende Gebietsabtretungen Sicherheitsgarantien erhalten sollte. Eine NATO-Mitgliedschaft ist eine Möglichkeit, es gibt aber auch andere Möglichkeiten, die Ukraine zu unterstützen und zu bewaffnen. Er unterstützt zwar Selenskyjs Forderung, kein Territorium an Russland abzutreten, hält dies jedoch kurzfristig für unrealistisch. „Wir brauchen eine Waffenstillstandslinie“, sagte Stoltenberg und fügte hinzu, dass sie idealerweise alle derzeit von Russland kontrollierten Gebiete umfassen sollte. Er stellte jedoch klar, dass dies in naher Zukunft nicht unbedingt realistisch sei.
Sonntag, 1. Dezember 2024
17:58 Uhr: Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums erlebten die russischen Streitkräfte im November ihren schlimmsten Monat seit Kriegsbeginn vor über zweieinhalb Jahren. Demnach verlor Russland an einem Tag 45.720 getötete oder verwundete Soldaten, darunter 2.030 Soldaten. Nach einer täglich aktualisierten Zählung des ukrainischen Militärs belaufen sich die Gesamtverluste Russlands seit Kriegsbeginn auf über 742.000 Tote und Verwundete. Diese Informationen können nicht unabhängig überprüft werden.
Die jüngste ukrainische Liste angeblicher russischer Verluste im November umfasst auch 307 zerstörte Panzer, fast 900 Schützenpanzer und 884 außer Gefecht gesetzte Artilleriesysteme. Der Gesamtwert der im vergangenen Monat zerstörten russischen Militärausrüstung betrug über drei Milliarden Dollar (2,84 Milliarden Euro).
Noch vor wenigen Wochen bezifferte Moskau die geschätzten Verluste Kiews auf über 906.000 Tote und Verwundete. Allein in diesem Jahr habe Kiew mehr Soldaten verloren als in den ersten beiden Kriegsjahren, behauptete das russische Verteidigungsministerium. Auch diese Angaben konnten nicht unabhängig verifiziert werden.
14:37 Uhr: Der neue EU-Ratspräsident António Costa hat der Ukraine schnelle Fortschritte im EU-Beitrittsprozess versprochen. Wir werden zusammenarbeiten, um in der ersten Hälfte des nächsten Jahres Beitrittsverhandlungen über mindestens zwei Bereiche aufzunehmen, sagte der ehemalige portugiesische Ministerpräsident am Rande der Gespräche mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. In verschiedenen Politikbereichen, etwa beim Roaming für die kostengünstige Handynutzung im Ausland, beginnt bereits eine schrittweise Integration.
Costa sicherte der Ukraine außerdem weitere EU-Finanzhilfen zu und arbeitete zielstrebig am 15. Paket der Russland-Sanktionen. Ziel sei es, ab dem nächsten Jahr monatlich 1,5 Milliarden Euro aus den Erlösen aus den eingefrorenen Vermögenswerten Russlands in der EU bereitzustellen, sagte er. Darüber hinaus werden weitere Sanktionen den Druck auf die russische Wirtschaft erhöhen und die Kriegsfähigkeit Russlands schwächen.
Die Europäische Union hat Anfang des Sommers offiziell Beitrittsverhandlungen mit der von Russland angegriffenen Ukraine eröffnet. Wie lange sie anhalten und ob sie überhaupt zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden können, bleibt abzuwarten. Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beispielsweise begannen bereits 2005 – liegen nun aber aufgrund der anhaltenden Rückschritte des Landes in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte völlig auf Eis. Derzeit ist es unwahrscheinlich, dass die Ukraine vor dem Ende des russischen Angriffskriegs Mitglied der EU wird. Denn dann könnte Kiew nach Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags Militärhilfe anfordern – und die EU wäre Kriegspartei.