Die Gerüchte um die Ablösung von Israels Verteidigungsminister Gallant verdichten sich. Die Hardliner in der Regierung halten ihn für zu vorsichtig – und Premier Netanjahu hat sich bereits deutlich von ihm distanziert.
Glaubt man den israelischen Medien, ist die Frage nicht mehr, ob, sondern wann Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant abgelöst wird. Gallants Ausschluss aus dem Kabinett soll unmittelbar bevorstehen.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu selbst hatte sich bereits vor wenigen Tagen deutlich von seiner Verteidigungsministerin distanziert: „Ich sage immer: Solange Vertrauen besteht, ist eine Zusammenarbeit möglich. Aber dieses Vertrauen verpflichtet uns vor allem zu einem, nämlich dass sich alle Minister ausnahmslos an die Entscheidungen des Kabinetts und der Regierung halten“, sagte Netanjahu. „Sobald Entscheidungen getroffen sind, sind wir ihnen verpflichtet. Das ist der zentrale Punkt, der derzeit auf die Probe gestellt wird.“
Als zu vorsichtig und umsichtig angesehen
In jüngster Zeit kam es immer wieder zu spürbaren Reibereien zwischen dem Premier und seinem Verteidigungsminister. So etwa beim Thema Wehrpflicht, das die Rekrutierung ultraorthodoxer Juden vorsieht, oder beim Thema Philadelphia-Korridor.
Gallant würde Truppen aus dem Gaza-Grenzstreifen nach Ägypten abziehen, um möglicherweise Geiseln zu befreien. Netanjahu lehnt das ab. Bei einer Kabinettssitzung vor wenigen Wochen hatten die beiden lautstark darüber diskutiert.
Minister fordern Gallants Entlassung
Und auch im israelischen Kabinett fordern einige Minister offen Gallants Entlassung. So etwa der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir: „Ich fordere Netanjahu schon seit längerem auf, Yoav Gallant zu entlassen. Jetzt ist die Zeit gekommen und es sollte sofort geschehen“, so Ben-Gvir.
Den Hardlinern im Kabinett wie Ben-Gvir ist Gallant nicht entscheidungsfreudig genug. Er gilt als überlegt, vorsichtig und besonnen. Eigenschaften, die die Oppositionspolitiker an Gallant schätzen.
Rücktritt des Generalstabschefs?
Bei seinem gestrigen Besuch in Washington sprach sich der ehemalige Premierminister Yair Lapid für Gallant aus – gerade weil dieser kein Kriegstreiber sei. „Ich hoffe wirklich, dass Minister Gallant nicht entlassen wird“, sagte Lapid. „Er macht einen guten Job unter schrecklichen Umständen. Und wir versuchen jetzt gemeinsam mit unseren amerikanischen Freunden unser Bestes, um einen Weg zu finden, den Konflikt in Nordisrael zu lösen, ohne dass er zu einem umfassenden Krieg eskaliert.“
Eine Hoffnung, die von Tag zu Tag schwindet. Das Sicherheitskabinett hat die Rückkehr der aus Nordisrael geflohenen und evakuierten Bewohner als weiteres Kriegsziel definiert. Damit steigt die Gefahr, dass es neben dem Krieg im Gazastreifen auch noch zu einer größeren militärischen Auseinandersetzung mit der Terrormiliz Hisbollah im Libanon kommt.
Als Nachfolger Gallants gilt der Oppositionspolitiker Gideon Saar. Er ist ein ehemaliger Likud-Abgeordneter und war in der Vorgängerregierung unter Naftali Bennet und Yair Lapid Justizminister. Wird Gallant entlassen, wird wohl auch Generalstabschef Herzl Halevi zurücktreten. Er gilt als enger Vertrauter des Verteidigungsministers.