Stefan Raabs TV-Comeback: Autsch!

Stefan Raabs TV-Comeback: Autsch!

„Von Stefan Raab veräppelt zu werden, ist ein besonderer Segen“, erklärt Thomas Gottschalk irgendwann, lange nachdem man sich erstmals gefragt hatte, ob dieses „TV-Ereignis des Jahres“ vielleicht komplett von künstlicher Intelligenz erschaffen wurde. Nach der Theorie des ehemaligen „Wetten Dass..?“-Moderators könnten sich die RTL-Zuschauer am Samstagabend jedenfalls äußerst geehrt fühlen.

13.000 Menschen kamen in den Düsseldorfer PSD Bank Dome, zahlten bis zu 200 Euro für Tickets und wussten nicht, was sie erwartet. Natürlich ein Boxkampf, der dritte zwischen Stefan Raab und Ex-Profi Regina Halmich, aber sechs Runden à zwei Minuten im Ring reichen nicht, um eine Samstagabend-Show zu füllen. Schöne Aussichten eigentlich, viel Freiraum für einen Fernsehgiganten mit Ideenreichtum, gutem Musikgeschmack und fast einem Jahrzehnt Bedenkzeit seit seinem TV-Aus.

Viel Sendezeit für warme Worte

Dass sich die große Comeback-Show in die Länge ziehen würde, war schon vorher klar, denn nicht einmal ein Boxring war zu Beginn aufgebaut. Alte Raab-Fans schreckt das natürlich nicht ab – die längste „Schlag den Raab“-Show dauerte 2014 mehr als sechs Stunden. Der entscheidende Unterschied: Statt den Entertainer bei der Arbeit zu zeigen, bestellte sein neuer Heimatsender RTL anlässlich seiner Rückkehr vor die Kamera eine zweistündige, größtenteils vorproduzierte Hommage.

Es begann mit einer Kamerafahrt durch einen lichtdurchfluteten Raum voller Trophäen und erinnerte dann daran, was Raab alles für Bambis, Goldene Kameras, Echos usw. geleistet hatte. Vivavision, TV Total, Eurovision Song Contest, Wok-WM, Wasserspringen, TV-Duell, Maschendrahtzaun, Lena und so weiter, ein Zusammenschnitt jagte den nächsten, dazwischen immer wieder Lobreden des Who-is-Who des deutschen Fernsehens.

„Ich werde nicht jünger und mache das, um mich zu unterhalten“

Stefan Raab über sein Comeback

In dem Clip nennt Markus Lanz Raab einen „tollen Musiker“, einen „unglaublich kreativen, netten Kerl“ und später auch „ein Genie“. „Das sind Sachen, die sich die Leute heute noch anschauen“, erklärt der ZDF-Mann, bevor Raab im nächsten Clip eine Mitarbeiterin eines Nagelstudios fragt, wie viel „eine Nagellackierung“ koste.

Auch die Fernsehkollegen Peter Kloeppel, Anne Will, Judith Rakers, Helge Schneider, Oliver Welke und Gottschalk, allesamt adrett in verschwommenen Lofts oder Fernsehstudios drapiert, bekamen viel Sendezeit für warme Worte, genauso wie Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer und Campino, dessen Satz „Stefan hat mein Leben lustiger gemacht“ sogar zweimal eingeschnitten wurde. „Wenn wir alle Highlights zeigen würden, wären wir bis 2025 oben“, beteuerte Raabs Ex-Praktikant Elton, der gemeinsam mit Laura Wontorra und Frank „Buschi“ Buschmann durch den Abend führte – genau so fühlte es sich an.

„Lasst uns im Fernsehen noch einmal mutig sein!“

Ab und zu unterbrachen die Moderatoren vor Ort die eingespielten Erinnerungen an alte Zeiten, indem sie ahnungslosen Zuschauern oder Prominenten wie Evelyn Burdecki und Natascha Ochsenknecht das Mikrofon unter die Nase hielten, damit diese Stefan Raabs Legendenstatus bestätigen konnten. „Seht her, der Mann ist sein Geld wert!“, brüllte der Sender, der Raab mit mindestens 90 Millionen Euro für fünf Jahre an sich gebunden haben soll, den Zuschauern mit dem Showkonzept ins Ohr. Doch deutlich zu hören war: „Seht her, wie schön es früher war. Wir haben Angst.“

„Wie reagieren die Jugendlichen, diese wichtige Zielgruppe, auf diese Sendung?“, fragte Frank Buschmann nach anderthalb Stunden Nichtstun, um dann allen Ernstes nachzuhaken: „Lasst uns auch im Fernsehen wieder mutig sein!“

Nach all dem konnte Stefan Raab nur noch verlieren. Und das tat er dann auch, zumindest im Ring, der tatsächlich irgendwann, als niemand damit rechnete, funkensprühend von der Hallendecke fiel. Der Showmaster zögerte seinen Auftritt so lange hinaus, dass es an Unsportlichkeit grenzte, und verriet erst nach mehreren Countdowns und einem „Katzenstreu“-Song von Helge Schneider (dem Highlight des Abends) sein Erscheinen, das er seit der Ankündigung seines Comebacks auf Instagram geheim gehalten hatte. Und auch hier gab es keine Überraschungen: Raab sieht genauso aus wie immer, nur etwas durchtrainierter und nun mit hellgrauem Bart.

Stefan Raab mit dem Kämpfernamen „Killerplautze“

© dpa/William Weber

Nachdem er mit Unterstützung von Sido und Ski Aggu seinen neuen Song „Pa aufs Maul“ vorgetragen hatte, begann das Boxen und Regina Halmich, aufgepeitscht von der singenden Doro Pesch und dem Frust über ihren Gegner, setzte diesen in der zweiten Runde so stark unter Druck, dass der Ringrichter Raab im Stehen auszählte. Doch dieser riss sich zusammen und überstand tatsächlich alle sechs Runden. Am Ende siegte Halmich nach Punkten.

Neue Show nur auf RTL+

Erst nach dem Kampf griff Raab an diesem Abend zum ersten Mal zum Mikrofon und bestätigte, was schon vor einigen Wochen durchgesickert war. „Ich habe beschlossen, wieder Shows zu machen.“ Frisch geduscht lud er dann zu einer Pressekonferenz, bei der sowohl Journalisten als auch Food-Content-Ersteller um 23.30 Uhr an einem Samstag bei RTL live Fragen zur Sendung stellen konnten – und schrieb damit nach einem harten Abend immerhin noch ein weiteres kleines Kapitel Fernsehgeschichte.

Eine ganze Generation sei ohne gute Unterhaltung aufgewachsen, erklärte er gegenüber Presse und Instagram-Vertretern, weshalb er sich nun verpflichtet fühle, wieder aktiv zu werden. Los geht es am kommenden Mittwoch, allerdings nicht im linearen Fernsehen, sondern nur auf der Streaming-Plattform RTL+, mit einer neuen Show, deren Akronym ursprünglich NWSDWH lauten sollte, die mysteriöse Buchstabenfolge auf Raabs Mütze, als er noch im Fettanzug auf der Insel saß. Tatsächlich heißt sie nun „Die Million gewinnst du hier nicht“ und soll eine Mischung aus „Gewinnspiel, Quiz und Event der Woche“ sein, bei der man jede Woche eine Million Euro gewinnen kann.

„Ich werde nicht jünger und mache das, um mich zu unterhalten“, antwortete Stefan Raab am Ende auf die Frage, warum das alles und warum jetzt. Die Hoffnung, dass er mit dem Publikum noch klarkommen würde, ist nach diesem Abend gedämpft. Man ahnt, dass Fernsehen nie wieder so lustig sein wird wie früher.

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