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Stall, Weide oder Bio: Was bleibt von Özdemirs Fleischetikett?

Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) will sich klar von seinem grünen Vorgänger Cem Özdemir abgrenzen. Dies gilt auch für das seit langem geplante Gesetz zur Tierhaltungskennzeichnung. Es bietet fünf Stufen, von „Stallhaltung“ über „Außenklima“ bis „Bio“. Es wurde vor zwei Jahren von der Ampel-Koalition beschlossen. Allerdings trat es entgegen der Planung nicht am 1. August in Kraft. Schwarz und Rot haben die Umsetzung auf den 1. März nächsten Jahres verschoben.

Mittlerweile ist sogar von einer noch weiteren Verschiebung des Gesetzes die Rede. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) kritisierte: „Das bestehende Gesetz hätte keinen spürbaren Mehrwert für die Verbraucher gebracht. Es hätte aber für Bürokratie bei allen Beteiligten und Behörden gesorgt.“

CSU-Minister kürzt Mittel für Tierschutzställe

Darüber hinaus hat Bundeslandwirtschaftsminister Rainer ein von Özdemir gestartetes Förderprogramm beendet, das Landwirten dabei helfen sollte, ihre Ställe tierfreundlich umzubauen. Natur- und Tierschutzverbände befürchten vor diesem Hintergrund einen „Stillstand im Tierschutz“ und einen Abschied von einem Landestierhaltungslabel in Raten.

Supermärkte verfügen bereits über ein Tierschutzsiegel

Darüber hinaus sind seit 2019 viele Fleischverpackungen in deutschen Supermärkten mit einem Etikett über die Anbaumethode versehen, das von der Privatwirtschaft ausgegeben wird.

Braucht es also weiterhin eine staatliche Kennzeichnung zusätzlich – oder stattdessen? Hierzu gibt es unterschiedliche Ansichten. Der CSU-Landwirtschaftssprecher im Bundestag, Artur Auernhammer, meint: „Wenn etwas privatrechtlich sehr gut funktioniert, stellt sich die Frage: Muss ich es gesetzlich regeln?“

Grüne: Der Staat soll Maßstäbe setzen, nicht der Handel

Der Grünen-Agrarpolitiker Karl Bär hingegen argumentiert: „Wir brauchen ein System, das auch diejenigen, die auf den untersten Ebenen arbeiten, dazu zwingt, auf ihre Ware zu schreiben: Wir halten uns gerade noch an den gesetzlichen Standard.“ Zudem sollte der Staat es nicht den großen Handelsketten überlassen, Maßstäbe für eine gute Tierhaltung zu setzen.

Klöckner wollte das Label schon – Özdemir macht es

Die CDU-Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner wollte bereits 2018 eine staatliche Herkunftskennzeichnung. Auch die sogenannte Borchert-Kommission aus Tierschützern, Bauernvertretern und Wissenschaftlern empfahl die Kennzeichnung. Erst die Ampelregierung hat tatsächlich ein Gesetz verabschiedet, zunächst für Schweinefleisch. Jetzt, unter Schwarz-Rot, mit einem Schlächter als Minister, fragen sich viele Beteiligten: Wie viel bleibt am Ende vom ursprünglichen Ziel übrig – und wird daraus überhaupt etwas?

Die SPD will dafür sorgen, dass das Label kommt

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Behrens, ebenfalls im Agrarausschuss, ist sich ziemlich sicher: „Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg. Ich bin sehr optimistisch, dass sich etwas tun wird.“ Klar ist: In diesem Punkt hat die SPD in der Koalition die Oberhand. Im Koalitionsvertrag steht einerseits, dass am Tierhaltungskennzeichnungsgesetz festgehalten wird. Und wenn es andererseits zu keiner Einigung kommt, tritt automatisch das alte Ampelgesetz in Kraft.

Was ist mit Fleisch aus dem Ausland?

Im Sommer hatte der Bundestag mit den Stimmen von Schwarz und Rot grundsätzlich dafür gestimmt, die Landeskennzeichnungspflicht auszuweiten: auf Kantinen und Restaurants, mittelfristig auch auf andere Tierarten – bisher gilt sie nur für Schweine.

CSU-Agrarpolitiker Auernhammer will vor allem den Aufwand für die Landwirte so gering wie möglich halten. Gleichzeitig argumentiert er aber: Wenn der Bund ein Gesetz macht, solle damit mehr erreicht werden als die freiwillige Kennzeichnung des Einzelhandels. Der CSU-Politiker will die geografische Herkunft in die Kennzeichnung einbeziehen, um deutsches Fleisch beispielsweise von Importen aus Dänemark oder Spanien unterscheidbar zu machen.

Chance gegen Billigkonkurrenz

Auch deshalb will neben Tierschützern auch der Bayerische Bauernverband (BBV) die staatliche Tierhaltungslizenz. „Ein Label, das nur für deutsche Unternehmen gilt, würde dagegen unsere Tierhalter benachteiligen und die Wettbewerbsverzerrungen verstärken“, schreibt ein BBV-Sprecher auf BR24-Anfrage.

Wird das Gesetz noch umfassender?

Ziel ist es, dass ausländische Waren zumindest mit dem Etikett „Die Menschheit unbekannt“ versehen werden. Was genau hier vor sich geht, prüfen die Juristen des Bundeslandwirtschaftsministeriums noch. Das könnte noch ein paar Monate länger dauern. Doch es scheint möglich, dass die Koalitionsmitglieder noch vor der nächsten Sommerpause ein Gesetz für ein staatliches Tierhaltungskennzeichen verabschieden. Eines, das sogar mehr abdeckt als das alte Ampelgesetz.

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