Terrororganisationen wie IS und Hamas erhalten Geld aus Deutschland. Sie werben über soziale Medien um Spenden. Allerdings ist es schwierig, den Geldgebern die Terrorismusfinanzierung rechtlich nachzuweisen BR-Recherche anzeigen.
„Gib deinen Reichtum für den Dschihad auf“: So werben Islamisten in Syrien in einem Social-Media-Beitrag. Sie wollen von ihren Anhängern in Deutschland Geld, zum Beispiel für den Kauf von Waffen. In einem Social-Media-Beitrag heißt es, dass eine AK74 1.000 Euro und ein Magazin dafür 50 Euro kostet.
Das berichtet die ehemalige IS-Unterstützerin Chloe im Interview mit Bayerischer Rundfunk (BR)dass IS-Frauen in Syrien nach Geld für den Terror suchten: Andere Frauen würden online angeworben, um beim Sammeln von Spenden zu helfen. „Sie sind sehr motiviert, denke ich, und sie sind nicht ungefährlich.“
Vermutlich IS-Unterstützer aus München
BR-Forschung für die ARD-Story Laut „Deutsches Geld für Terror“ ist es radikalisierten IS-Frauen in den vergangenen Jahren mithilfe finanzieller Unterstützung aus dem Ausland gelungen, aus kurdischen Lagern in Nordsyrien auszubrechen.
Nach Angaben der Ermittler handelt es sich bei der zentralen Figur um eine Münchnerin. Elif O. soll 2015 als 16-Jährige nach Syrien ausgereist sein und koordiniert nun die Spendensammlung für IS-Frauen.
Deutsche Gerichte haben bereits Unterstützer verurteilt, die in ihrem Namen Geld gesammelt haben sollen. Mindestens 40.000 Euro sollen zusammengekommen sein.
Elif O. befindet sich nach Angaben der Ermittler noch in Syrien. Wie Elif Ö. Ob überhaupt zu den Vorwürfen steht, bleibt unklar. Der BR versuchte, Kontakt zu ihr aufzunehmen – über einen Telegram-Kanal, den ihr unter anderem Sicherheitsbehörden zugewiesen hatten. Die Betreiber des Senders sagten, es habe keinen Kontakt zu ihr gegeben.
Schwierige Rechtslage
Es ist nicht einfach, Menschen zu verurteilen, die Geld an Terrororganisationen spenden. Das zeigt ein Fall um sieben mutmaßliche Terroristenunterstützer.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft sollen die Männer Geld an den IS geschickt haben. Allerdings wurde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf keine einzige Person wegen Terrorismusfinanzierung angeklagt. Für eine Verurteilung unter dem Straftatbestand „Terrorismusfinanzierung“ muss nachgewiesen werden, dass die Spende für eine konkrete Straftat verwendet wird.
Aus Sicht des Terrorexperten Hans-Jakob Schindler von der Forschungsorganisation „Counter Extremism Project“ macht das die Arbeit der Ermittler in Deutschland äußerst kompliziert: „Man muss praktisch beweisen, dass dieser Euro für eine Kalaschnikow, Sprengstoff oder die Vorbereitung eines Anschlags gedacht war. Das ist ein Grad an Dummheit, den nur wenige Terrorfinanzierer erreichen.“
Im Düsseldorfer Fall wurde die Anklage unter anderem auf den Straftatbestand der „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ gestützt. Dabei spielt es keine Rolle, wofür genau die Terrororganisation das Geld verwendet. Allerdings hat der Paragraph noch einen weiteren Nachteil: Anders als bei der Terrorismusfinanzierung muss für die Unterstützung einer Terrororganisation nachgewiesen werden, dass das Geld tatsächlich bei der Terrororganisation angekommen ist, die Spende also erfolgreich war.
Neue Pläne der Bundesregierung
Das Bundesjustizministerium plant nun, versuchte Terrorismusfinanzierung unter Strafe zu stellen. Im Juli veröffentlichte sie einen entsprechenden Gesetzentwurf. Wann es tatsächlich zu einer Änderung kommt und wie diese ausgestaltet ist, ist noch völlig offen.
Der Experte Hans-Jakob Schindler würde die Unterscheidung zwischen Terrorunterstützung und Terrorismusfinanzierung völlig auflösen und empfiehlt, einen Blick auf die USA zu werfen: „Das amerikanische Recht sagt: ‚Es ist mir eigentlich egal, wofür man Geld spendet.‘“ Sie können auch ein Stück Kaugummi an die Terrororganisation spenden, die auf unserer Terrorismusliste steht. Wenn Sie ein Stück Kaugummi verschicken, sind Sie ein Terroristenfinanzierer. Die Strafe beginnt dann bei zehn Jahren.“
Der Düsseldorfer Prozess gegen die sieben Angeklagten führte letztlich zu drei Verurteilungen. Der Senat des Oberlandesgerichts sei überzeugt, dass alle sieben Angeklagten „Anhänger des Islamischen Staates seien und seine Ziele unterstützen“, sagte der Vorsitzende Richter Jan van Lessen bei der Urteilsverkündung am 9. April dieses Jahres.
Der Fall „Gaza Now“.
Bleibt die Frage: Wie genau kommt das Geld eigentlich bei den Terroristen an? Klassische Banküberweisungen spielen eine untergeordnete Rolle. Terrorunterstützer nutzen häufig das sogenannte Hawala, ein Transfersystem außerhalb des offiziellen Bankensystems.
Krypto-Experte Jonathan Levin vom US-Unternehmen Chainalysis bestätigt, dass digitale Zahlungsmittel zunehmend genutzt werden. Das zeigt der Fall des österreichischen Aktivisten Mustafa A aus Linz. Jahrelang sammelte er Spenden durch Aufrufe auf seinem Telegram-Kanal „Gaza Now“. Er veröffentlichte auch QR-Codes für Krypto-Wallets.
Laut Chainalysis kamen dabei mehrere Millionen Dollar zusammen. Nach Angaben der Ermittler ging ein Teil des Geldes an die Hamas. Der Angeklagte bestritt dies im Telefongespräch BR Die Vorwürfe Ende September. Die Ermittlungen dauern an, der Mann sitzt nun in Untersuchungshaft. Die USA und Großbritannien hatten ihn bereits im März 2024 auf ihre Sanktionslisten gesetzt.
Die TV-Dokumentation finden Sie in der ARD-Mediathek: Deutsches Geld für Terror.