Kiel. Der laute Applaus nach der Vorstellungsrunde ließ es bereits erahnen: Christina Schubert wurde auf einer Kreismitgliederversammlung der SPD Kiel im Studiokino zur Kandidatin für den Wahlkreis 5 Kiel, Kronshagen und Altenholz für die Bundestagswahl 2025 gewählt. Sie erhielt 116 der 177 gültigen Stimmen und konnte sich damit in der Stichwahl gegen ihre beiden Konkurrentinnen Canan Canli (48) und Sahar Alias (34) durchsetzen. Ihre Wahl geriet auf diesem Parteitag aufgrund zweier Probleme allerdings beinahe zur Nebensache.
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Ein Problem war das Studiokino. Mehrere ältere Genossen ärgerten sich darüber, dass sie auf der steilen Treppe warten mussten, weil die Registrierung so lange dauerte. Die Folge: Die Versammlung begann rund eine Stunde später. Das führte dazu, dass die Versammlung noch vor Schluss des ersten Wahlgangs vom Kinosaal 1 in den Saal 2 verlegt werden musste, weil dort die nächste Filmvorführung angesetzt war. „Die Veranstaltung ist ein Beitrag zur politischen Ernüchterung“, sagt SPD-Abgeordneter Dieter Hartwig, den das Chaos bei der Stimmzettelausgabe störte. Vor dem ersten Wahlgang wurden vereinzelt auch Stimmzettel für den zweiten Wahlgang ausgegeben. Das wurde aber noch vor der Wahl festgestellt.
SPD-Kreisparteitag im Studiokino Kiel: Lange Warteschlangen vor der Registrierung.
Quelle: Thomas Eisenkrätzer
Doch schon im Vorfeld hakte es viel größer: War die Einladung form- und fristgerecht? Bastian Mahmoodi, der bei der Bundestagswahl 2021 als Kandidat antrat und verlor, bezweifelt das. Entscheidend dürfte am Ende wohl sein, wie man die Satzung des Kieler Kreisverbandes auslegt. Darin steht, dass die Einladung den Mitgliedern mindestens zwei Monate vor der Versammlung zugestellt werden muss. Versendet wurde sie aber erst am 28. August, 3,5 Wochen vor der Wahl. Mahmoodi warnte, „andere Parteien haben bei früheren Wahlen solche Formfehler erfolgreich angefochten“ und am Ende laufe die SPD Gefahr, ohne Kandidat dazustehen.
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Bereits im Bewerberaufruf, der Anfang Juli an die Mitglieder verschickt wurde, war ein Termin für die Wahl genannt worden. Allerdings war es der 21. September. „Wir hatten große Platzprobleme, weshalb wir die Sitzung auf Sonntag verlegen mussten“, erklärte Kreisvorsitzende Gesine Stück. Der Vorstand habe sich von Anwälten im Willy-Brandt-Haus in Berlin beraten lassen, und diese hätten das Signal gegeben, dass die Sitzung stattfinden könne. Das unterstrich auch Kreiswahlleiter Ulf Kämpfer: „Das ‚sollte‘ in der Vereinssatzung heißt: ‚In Ausnahmefällen kann es auch anders gehen‘“, so der Jurist. Die Frist sei vor allem für die Bewerber wichtig. Und die Kandidaten hätten alle signalisiert, dass es für sie kein Problem sei. Eine Mindestfrist gebe es nicht, sagt Kämpfer. Auf Nachfrage sagte Mahmoodi, er behalte sich vor, diese anzufechten, „sonst macht das am Ende die AfD.“
Christina Schubert will mit ihrem kommunalen Netzwerk in Kiel punkten
Nach Christina Schuberts deutlichem Wahlerfolg rief Mathias Stein dazu auf, sie in ihrem Wahlkampf zu unterstützen. Auf einem Kreisparteitag im Juli hatte Stein, der seit 2017 für den Wahlkreis 5 dem Bundestag angehört, bereits seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur angekündigt und damit auf eine Kandidatur verzichtet. Die 33-Jährige ist seit vielen Jahren in Kiel aktiv, zunächst bei den Jusos, aktuell als Fraktionsvorsitzende in der Ratsversammlung und als stellvertretende Kreisvorsitzende. Seit 2021 ist sie Beisitzerin im Landesvorstand. Sollte Christina Schubert in den Bundestag einziehen, würde sie den Rat vorzeitig verlassen. Die Wahlperiode endet 2028.
„Das sind keine kleinen Fußstapfen, aber ich glaube, dass ich das schaffe“, sagte Schubert in ihrer Rede. Die Aufgabe sei gerade in diesen Zeiten keine leichte, und der SPD sei es zuletzt weniger gelungen, viele Menschen hinter sich zu vereinen. Die gelernte Gymnasiallehrerin, die seit Februar als Geschäftsfeldentwicklerin für die Digitalisierung kommunaler Daseinsvorsorge bei Dataport arbeitet, will vor allem mit ihrer kommunalpolitischen Expertise punkten: „Ich kenne die Verwaltung, die Institutionen und die Verbände und bin gut vernetzt“, erklärt sie. In der Kommunalpolitik könne man zwar viel bewegen, die großen Entscheidungen würden aber in Berlin getroffen.
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Sie will sich unter anderem dafür einsetzen, dass kommunale Wohnungsunternehmen Bundesförderung bekommen. „Mir ist auch wichtig, dass Pflege nicht nur verwaltet wird. Das System braucht einen Neustart“, sagt Schubert. Auch das Thema Wirtschaft will sie nicht den Konservativen überlassen. Am vergangenen Wochenende hatte die CDU bereits Magdalena Drewes als Kandidatin aufgestellt.
CN