Berlin – Nach seinem Rückzug aus der Politik kehrt der ehemalige SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nun als Autor und Beobachter gesellschaftlicher Entwicklungen zurück. Kühnert wird künftig für das Popkultur-Magazin ROLLING STONE (herausgegeben von der Mediahouse GmbH, Berlin, an der Axel Springer mit 20 Prozent beteiligt ist) arbeiten.
Sein erster Text erscheint in der Novemberausgabe. Unter dem Titel „Teilnehmende Beobachtung“. Kühnerts Die Beiträge werden dann alle zwei Wochen exklusiv auf Rollingstone.de veröffentlicht.
In einem ersten Artikel nimmt der SPD-Politiker, der im Februar seine Abschiedsrede im Bundestag hielt, den bayerischen Ministerpräsidenten ins Visier Markus Söder (58, CSU). Kühnert warnt vor „Söders Wurstfalle“ und analysiert seine öffentliche Selbstdarstellung als konservative Identitätspolitik.
Markus Söder (CSU) präsentiert sich gerne mit Lebensmitteln, vor allem Fleisch und Wurst
Kühnert schreibt: „Söder präsentiert sich als Siegelbewahrer einer bayerischen Lebensart, die er sorgfältig selbst kuratiert.“ Das sei billige Identitätspolitik – „und niemand sollte mehr in diese Wurstfalle tappen.“ Der ehemalige SPD-Generalsekretär beschreibt den CSU-Chef als einen Fürsten, der die Kommunikation liebt und die bayerische Identität zur politischen Marke formt: „Der ehemalige TV-Redakteur Söder schafft es, eine Brettljause so darzustellen, als wäre es ein milliardenschweres Investitionspaket.“
In Wirklichkeit handele es sich lediglich um „Tourismusmarketing gemischt mit gelegentlichen politischen Inhalten“. Dem widerspricht auch Kühnert Robert Habeck (56, Grüne), der Söders angeblich „fetischhaftes Wurstessen“ als unpolitisch kritisierte. Aber die unzähligen bayerischen Würstelstand- und Volksfestfotos seien durchaus ein politisches Statement, sagt Kühnert im ROLLING STONE.
„Söder funktioniert wie ChatGPT“
Sein Urteil über den Bayer fällt dennoch hart aus: Der Politiker Söder wirke in der Öffentlichkeit „wie das Große Sprachmodell“. ChatGPT„Anhand von Berechnungen wird ermittelt, wie eine Person voraussichtlich auf eine Frage oder ein Problem reagieren würde“, schreibt Kühnert.
Doch wer Markus Söder „im wirklichen Leben“ getroffen hat, wird schnell merken, dass die Wärme und Gemütlichkeit hier in etwa so real ist wie die Sets der Bavaria Filmstudios. Kühnert zeigt aber auch Respekt vor dem Bayer: „Du bist ein toller Hund, Markus!“
Nach seinem Rücktritt als SPD-Generalsekretär zollte Kühnert (Mitte) seinen Parteikollegen im Bundestag Respekt
Kevin Kühnert war von Oktober 2021 bis März 2025 Mitglied des Deutschen Bundestages und von Dezember 2021 bis Oktober 2024 Generalsekretär seiner Partei. Bei der Bundestagswahl 2025 trat er nicht mehr an und zog sich aus der Politik zurück.
Er begründete seinen Rücktritt in einem „Zeit“-Interview mit dem Gefühl, nicht mehr in Sicherheit zu sein. „Meine rote Linie ist dort, wo Gewalt in der Luft liegt. Ich bin nur 1,70 Meter groß“, sagte Kühnert. Und: „Ich bin nicht aus der Politik ausgestiegen, weil ich Angst vor ein paar Neonazis habe. Sondern weil mir beim Thema Defensivität immer mehr Zweifel aufkommen.“