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„Sozialer Sprengstoff“: Hohe Mieten schädigen den Arbeitsmarkt

Unter den immer weiter steigenden Wohnungsmieten leiden nicht nur Großstädter, sondern auch die Wirtschaft. „Wenn sich Arbeitnehmer Wohnraum in Großstädten nicht mehr leisten können, verlieren die Städte an Wirtschaftskraft“, sagt Oliver Falck vom Münchner Ifo-Institut.

Neumietverträge sind in allen Großstädten deutlich teurer

Zusammen mit anderen Forschern hat er berechnet, dass neue Mietverträge in den sieben größten deutschen Städten im Schnitt 48 Prozent teurer sind als bestehende Verträge. Das sind 4,48 Euro pro Quadratmeter. Besonders groß ist der Unterschied in Berlin mit rund 70 Prozent, gefolgt von München mit 45 Prozent und Hamburg mit 37 Prozent. In Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf liegen die Zuschläge zwischen 30 und 36 Prozent.

Seit 2013 sind die Mieten bei Neuverträgen um rund drei Viertel gestiegen, während sie bei Bestandsverträgen nur moderat gestiegen sind. „Diese Entwicklung droht zum gesellschaftlichen Sprengstoff und Wachstumshemmnis für Städte zu werden“, sagt Falck.

„Der Mietmarkt wird zur Lotterie“

Sein Co-Autor Simon Krause beschreibt die „Schere“ auf dem Wohnungsmarkt genauer: „Während Bestandsmieter von regulierten und stabilen Preisen profitieren, zahlen Wohnungssuchende bei Neuverträgen deutlich höhere Mieten.“

Bei gleicher Lage und gleicher Wohnungsgröße kann das einen Unterschied von mehreren Hundert Euro bedeuten; Der Mietmarkt werde zur Lotterie, sagt Krause. Und das wiederum hat auch Auswirkungen darauf, wie stark Haushalte durch die Miete belastet werden. Laut Ifo liegen die Bestandsmieten seit Jahren stabil bei rund 35 Prozent des Einkommens für einkommensschwache Haushalte. Bei Neuvermietungen liegt dieser Wert in Großstädten inzwischen bei fast 50 Prozent.

Weniger mobile Menschen sind schlecht für den Arbeitsmarkt

„Angesichts der großen Differenz zwischen den Mieten in bestehenden Verträgen und Neuverträgen bleiben Menschen lieber in ihren günstigen Wohnungen, auch wenn diese nicht mehr zu ihrer Wohnsituation passen. Das verringert die Mobilität der Menschen und beeinträchtigt ihre Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt“, sagt Pascal Zamorski, ein weiterer Co-Autor.

Welche Maßnahmen aus Ifo-Sicht helfen würden

Als Lösung fordern die Forscher die Politik: Sie müsse sich stärker auf die Angebotsseite konzentrieren und den Wohnungsbestand effizienter nutzen. Ausschlaggebend dafür sind geringere Bau-, Kauf- oder Verkaufskosten, schnellere Genehmigungen und eine gezielte Förderung von bezahlbarem Wohnraum. Eine Regulierung der Mietpreise könnte dämpfend wirken, löst aber nicht das Problem des knappen Wohnraums.

Das Ifo ist mit seiner Analyse nicht allein. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam erst vor einer Woche das Pestel-Institut aus Hannover. „Die Starrheit der Wohnungsmärkte führt natürlich auch zu einer Starrheit der Arbeitsmärkte, weil die Menschen nicht mehr in andere Regionen ziehen können, um Arbeitsplätze anzunehmen“, sagte Pestel-Chefvolkswirt Günther. „Die Lösung der Wohnungsfrage ist eine Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung.“

Mit Informationen von dpa

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