„Sollte etwas verbal entwaffnen“
CDU-Sozialflügel kritisiert Merz wegen „Stadtbild“-Aussage
21. Oktober 2025, 7:56 Uhr
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Die Aussage von Friedrich Merz zum „Stadtbild“ polarisiert weiter. Auch aus Teilen seiner eigenen Partei gibt es Gegenwind. Der Chef des CDU-Sozialflügels fordert von der Kanzlerin einen anderen Stil.
Auch Kanzler Friedrich Merz erntet wegen seiner Äußerungen zu „Stadtbild“ und Migration parteiintern Kritik. Der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Natürlich haben wir vielerorts ein verstörendes Stadtbild, aber zu behaupten, dass sich das durch Abschiebungen ändern würde, ist zu kurzsichtig, weckt unerfüllbare Erwartungen und wird der Komplexität des Problems nicht gerecht.“
Der baden-württembergische CDU-Chef Manuel Hagel sagte im ZDF-„heute Journal“, dass sich in Deutschland etwas verändert habe – und das habe etwas mit der Migration zu tun, aber nicht nur. „Am Ende geht es nicht um Menschen oder Gruppen. Es geht vor allem darum, dass wir die Probleme lösen – innere Sicherheit, Ordnung in unseren Innenstädten.“ Viele Menschen mit Migrationshintergrund sind Teil der Mittelschicht, Teil des Wohlstands, Teil der Wertegemeinschaft. „Und deshalb empfehle ich dringend, etwas verbal zu entwaffnen und diese Debatte sehr differenziert anzugehen.“
Auch SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf warf Merz vor, die Menschen zu spalten. Es gibt Probleme in Deutschland – und die lassen sich benennen. „Aber das alles läuft immer auf eine Frage hinaus, die Frage der Migration, und so viele Dinge miteinander zu vermischen und Verallgemeinerungen zu machen – das spaltet und zerstört Vertrauen“, sagte er in der ntv-Talkshow „Pinar Atalay“.
Merz unterstreicht die Aussage noch einmal
Vor einer Woche wurde die Kanzlerin in Potsdam von einem Reporter zum Aufstieg der AfD befragt. Anschließend sagte Merz unter anderem, dass bisherige Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiert würden und Fortschritte erzielt würden. „Aber natürlich haben wir immer noch dieses Problem im Stadtbild, und deshalb ist der Bundesinnenminister jetzt dabei, Rückführungen in sehr großem Umfang zu ermöglichen und durchzuführen.“ Die Aussage stieß bei der Opposition, aber auch beim Koalitionspartner SPD auf Kritik.
Merz verteidigte seine Worte am Montag: „Ich habe nichts zurückzunehmen“, sagte er. „Im Gegenteil, ich betone es noch einmal: Wir müssen daran etwas ändern, und der Bundesinnenminister ist dabei, etwas daran zu ändern, und wir werden diese Politik weiterführen.“
Andere Strategie gegen AfD
Radtke, Vorsitzender des Christlich-Demokratischen Arbeiterbundes Deutschlands (CDA), sagte den Funke-Zeitungen: „Probleme wie Drogenabhängigkeit, Obdachlosigkeit oder Jugenduntreue lassen sich nicht verdrängen, sondern müssen angegangen werden.“ Natürlich müssten illegal eingereiste Migranten abgeschoben werden – aber viele Probleme blieben bestehen.
Er warnte: „Friedrich Merz ist nicht mehr der humorvolle Kommentator am Spielfeldrand, der einen umhaut, sondern als Bundeskanzler trägt er eine besondere Verantwortung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, die Debattenkultur und eine positive Erzählung für die Zukunft.“ Die beste Strategie gegen die AfD sei eine Politik, die Probleme löst, Versprechen hält und ebenso klar wie einfühlsam kommuniziert, sagte Radtke.
Merz hatte erneut einen klaren Abgrenzungskurs zwischen CDU und AfD angekündigt. Im Jahr 2026 werden in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern neue Landtage gewählt. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern erreicht die AfD in aktuellen Umfragen knapp 40 Prozent und ist mit Abstand stärkste Partei.