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Social Media: Wie der NDR irreführende Fake News erkennt

AUDIO: Überprüfung im NDR: „Grundlage ist, dass die Fakten stimmen“ (7 Min.)

Stand: 4. November 2025 6:00 Uhr

Die Verifizierungsabteilung des NDR deckt Falschinformationen auf, die vor allem in den sozialen Medien kursieren. Die größte Herausforderung hierbei sind Bilder und Stimmen, die mit künstlicher Intelligenz (KI) erstellt werden.

Fake News, Desinformation, Manipulation mit KI-Bots – in einer Zeit, in der Fehlinformationen unsere Kommunikation überschwemmen, sind faktenbasiertes Wissen und Orientierung unerlässlich. Wenn etwas Großes passiert, wie ein Unfall, eine Naturkatastrophe oder ein Krieg, sind die sozialen Medien voller erfundener Bilder, Stimmen und Texte. Deshalb hat sich der NDR entschieden, dem Beispiel großer Medienunternehmen wie dem zu folgen BBC oder die „Washington Post“, um ein Team zu bilden, das Fakten prüft und Dokumente, Fotos, Videos und Audios verifiziert.

Fotografen und Kameraleute auf einer Pressetribüne vor dem Bundeskanzleramt.

Das Programm der Aktionswoche ist vielfältig – mit internationalen Gästen, Diskussionen und Workshops. NDR Info ist Gründungspartner der Aktionswoche.

Politische Akteure nutzen Fake News

„Demokratien leben von einer aufgeklärten Gesellschaft. Allerdings haben es sich bestimmte politische Akteure zur Strategie gemacht, Demokratien durch Desinformation und Falschinformationen zu destabilisieren“, sagt Sven Lohmann, Verifikationsteamleiter beim NDR. Trump versucht dies in seinem eigenen Land, den USA. Russische Akteure wiederum verbreiten gezielt Falschinformationen in Deutschland, um Unsicherheit und Misstrauen zu schüren. Auch in Deutschland gibt es Akteure, die durch das Weglassen wichtiger Tatsachen falsche Informationen verbreiten oder einen falschen Eindruck erwecken.

Sven Lohmann leitet das Verifizierungsteam beim NDR. Zuvor war er Chefredakteur von Panorama 3 und Korrespondent in London.

„Wir testen unsere eigenen Produkte nicht, denn es ist journalistischer Anspruch, dass die Fakten in unseren Berichten stimmen“, sagt Lohmann. „Wir beschäftigen uns mit Fake News, die in sozialen Medien kursieren, wenn sie eine gewisse Relevanz, einen gewissen Verbreitungsgrad erreichen und die politische Meinungsbildung beeinflussen.“

Als Beispiel nennt Lohmann ein Video, das im Konflikt zwischen Israel und Iran Schlagzeilen machte, obwohl es nicht authentisch war. Der israelische Außenminister Gideon Saar teilte in den sozialen Medien den sechs Sekunden langen Film, der zeigen sollte, wie das israelische Militär das Tor des berüchtigten Ewin-Gefängnisses in Teheran in die Luft sprengt. Das Video wurde von zahlreichen Medien weltweit übernommen – es wurde auch in der Tagesschau und den Tagesthemen gezeigt. Erst später konnten nationale und internationale Faktenprüfer Hinweise darauf finden, dass es sich bei dem Video wahrscheinlich um eine Fälschung handelte.

Israel sagt, es habe das berüchtigte Ewin-Gefängnis in Teheran angegriffen. Auch ein Video, das angeblich eine Explosion am Eingang zeigt, wurde von der Tagesschau und den Tagesthemen verbreitet. Aber es ist wahrscheinlich eine Fälschung.

Ein Beispiel für eine Faktensammlung aus öffentlich zugänglichen Quellen ist die sogenannte russische Schattenflotte. Da Russland nicht offenlegt, welche Schiffe es einsetzt, etwa um Sanktionen bei Öllieferungen zu umgehen, haben die Forscher in den letzten Jahren Besitz, Verkäufe und Schiffsbewegungen für eine Reihe von Schiffen verfolgt, um ein Muster zu erkennen und sie der „Schattenflotte“ zuzuordnen.

Mehr als 200 ehemals westliche Tanker fahren mittlerweile in der russischen Schattenflotte. Auch norddeutsche Reedereien profitierten von den fragwürdigen Umsätzen.

Suche nach der Wahrheit – Journalistennetzwerk

Zusammenarbeit und Vernetzung seien bei der Suche nach der Wahrheit sehr wichtig, sagt Lohmann. Deshalb arbeiten alle relevanten Einheiten der ARD, des Deutschlandfunks und der Deutschen Welle unter dem Dach des ARD-Faktenchecks zusammen.

Am Anfang eines klassischen Faktenchecks steht immer die Frage nach den Quellen, ob ein vollständiges Bild des Sachverhalts geboten wird oder ob Sachverhalte nur in Auszügen wiedergegeben werden, um sie auf die eigene Art zu interpretieren. Die Nachvollziehbarkeit von Dokumenten wird überprüft und nach Widersprüchen gesucht. Bei Fotos und Videos kommt es oft darauf an, ob Proportionen oder Jahreszeiten passen. „Es ist immer wichtig zu wissen, wie sich welche Akteure verhalten und warum“, sagt Lohmann. „Auch staatliche Akteure sind nicht unbedingt eine vertrauenswürdige Quelle.“

Die Grundlage für die Verständigung zwischen Menschen muss immer die Richtigkeit der Fakten sein. „Auf dieser Grundlage treffen wir unsere Entscheidungen – bis hin zu Wahlen“, sagt Lohmann. Die nächste große Wahl in Norddeutschland ist die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 20. September 2026. Die Vorbereitungen dafür haben bei den Faktencheckern im NDR bereits begonnen. Denn was Parteien im Wahlkampf sagen und versprechen, wird viele Monate im Voraus geprüft.

KI: Die kreative Seite ist schneller als die detektivische Seite

Der größte Feind der heutigen Faktenchecker ist die künstliche Intelligenz. Journalisten versuchen, sich KI zunutze zu machen, doch KI-Tools zur Prüfung von Bildern, Videos und Audioaufnahmen seien derzeit wenig aussagekräftig, sagt Lohmann. „Ich glaube, dass die kreative Seite der KI immer schneller sein wird als die Erkennungsseite“, sagt er. „Deshalb sollten die Redaktionen weiterhin mit Leuten besetzt sein, die in der Lage sind, Fälschungen aufzudecken.“

Bei einer Pro-Palästina-Kundgebung in Berlin wurde am 15. Mai ein Polizist schwer verletzt. Nach Angaben der Polizei wurde er zu Boden gebracht und getreten. Dem NDR und der SZ liegt ein bisher unveröffentlichtes Video vor, das dieser Darstellung nicht entspricht.

Aktivisten in Polen feiern die Grenzkontrollen als Sieg. Mit dem Gerücht, Deutschland bringe Tausende illegale Migranten nach Polen, mobilisieren sie Bürgerwehren. Die Zahlen zeigen keinen Anstieg.

Wir bieten Unterrichtsmaterialien für Schulen an, organisieren Workshops und Wettbewerbe für Schulklassen und Lehrkräfte und vermitteln Medienwissen.

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