Die Gallier stechen erneut in See: Asterix und Obelix reisen nach Lusitanien, um das von den Römern unterdrückte Volk zu unterstützen. Band 41 der Reihe ist eine Detektivgeschichte, die klassischer kaum sein könnte. Das ist eine Stärke und eine Schwäche.
Saudade ist ein Gefühl, das schwer zu beschreiben ist. Ein melancholischer Zustand, der Nostalgie und Sehnsucht ausdrückt, aber auch die Freude an Erinnerungen, an geliebte Freunde oder Orte. Vielleicht passt dieses Gefühl ganz gut zu „Asterix“. Der Comic-Klassiker begleitete heute viele Erwachsene in ihrer Kindheit. Die Serie weckt die Sehnsucht nach einer unbeschwerten Zeit, lässt aber auch auf lustige Momente und spannende Leseabenteuer zurückblicken.
Saudade ist ein Gefühl, das eng mit der portugiesischen Lebensart verbunden ist. Da passt es wunderbar, dass die tapferen Gallier Asterix und Obelix in ihrem neuen Abenteuer nach Portugal reisen, genauer gesagt in die römische Provinz Lusitania.


Kacheln und Kabeljau: Die Lusitaner sind auf Touristen vorbereitet.
(Foto: ASTERIX® OBELIX® IDEFIX® / © 2025 HACHETTE LIVRE / GOSCINNY – UDERZO)
„Asterix in Lusitania“ heißt der 41. Band der Reihe und trägt eine gewisse Bürde in sich. Vor zwei Jahren präsentierte Autor Fabcaro (richtiger Name Fabrice Caro) erstmals einen „Asterix“-Band, zusammen mit dem seit 2013 dabei tätigen Illustrator Didier Conrad. „Die weiße Iris“ kam bei Lesern und Kritikern äußerst gut an – auch ntv.de war begeistert. Den beiden ist es dank einer gehörigen Portion Experimentierfreudigkeit gelungen, das witzigste Album seit langem und die beste Band seit der Übernahme der Reihe durch eine neue Künstlergeneration zu erschaffen.
Der Druck ist also nicht gering. Und vielleicht haben Fabcaro und Conrad mit ihrem neuen Werk genau das Richtige getan: Sie haben keine Neuauflage von „Die weiße Iris“ vorgelegt, sondern einen Gang zurückgeschaltet, um sich auf die Geschichte konzentrieren zu können, in bester Manier der „Asterix“-Macher Albert Uderzo und René Goscinny.


Sieht aus wie Ricky Gervais, heißt aber anders: Centurion Pistorius.
(Foto: ASTERIX® OBELIX® IDEFIX® / © 2025 HACHETTE LIVRE / GOSCINNY – UDERZO)
Ein Zenturio namens Pistorius
Es beginnt ganz klassisch: Schnurres, ein alter Bekannter, erreicht das bekannte gallische Dorf. Wer erinnert sich nicht an die Besuche des ägyptischen Numerobis und des Briten Teefix, die die Gallier in Abenteuer verwickelten? Auch Schnurres bittet die unbesiegbaren Bewohner um Hilfe. Er berichtet von Schãotrial, einem Lusitaner, der den Löwen vorgeworfen werden soll. Der Vorwurf: Er soll versucht haben, Caesar mit Garum zu vergiften, einer Brühe aus fermentiertem Fisch, die in der Antike als Standardgewürz diente.
Asterix und Obelix sowie der Hund Idefix machten sich daran, das Unrecht zu beseitigen und es den Römern noch einmal vor Augen zu führen. Doch schnell wird ihnen klar, dass hinter den Vorwürfen mehr steckt als nur ein Justizirrtum. Sie müssen es mit dem korrupten Präfekten Fetterbonus und seinem Informanten Karies aufnehmen. Und mit römischen Legionären unter der Führung von Centurion Pistorius.
Nachdem „Die Weiße Schwertlilie“ in ihrer Heimatregion stattfand, geht es dieses Mal wieder hinaus in die weite Welt. „Asterix in Lusitania“ ist im Wesentlichen eine Detektivgeschichte, durch die der Leser Land und Leute entdecken kann. Goscinny und Uderzo schickten ihre Helden gerne auf Spurensuche, was zu einigen Höhepunkten der Serie führte, darunter „Die goldene Sichel“ und „Asterix und der arvernische Schild“.
Fabcaro und Conrad greifen hier auf, ganz wie bei den typischen „Asterix“-Zutaten: Piraten und Running Gags, sprechende Namen und Charaktere mit bekannten Gesichtern, darunter die von Silvio Berlusconi oder dem britischen Komiker Ricky Gervais – dessen Zenturio in der deutschen Fassung nach Verteidigungsminister Boris Pistorius benannt ist.
Tech-Milliardäre und Garum-Kapitalismus
Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Darstellung der Traditionen und Besonderheiten der Gastgeber. Es geht um die Schönheiten des iberischen Westens, bunte Häuser, viel Kabeljau – zum Leidwesen von Obelix – und die Calcada Portuguesa, die berühmten Muster auf den Wegen. Ein bisschen Tourismusmarketing muss da sein. Auch das Gefühl der Saudade zieht sich wie ein roter Faden durch den Band; Die bittersüße Melancholie entpuppt sich sogar als Geheimwaffe.
Zugleich bleibt der Band der Tradition treu, gesellschaftliche Debatten abzubilden. Fabcaro zerrt die Tech-Milliardäre durchs Raster und analysiert die Rentendebatte, die in Frankreich noch hitziger geführt wird als in Deutschland. Vor allem aber kritisiert er mit dem Garum, das von Lusitanien in die ganze römische Welt verschifft wird, die Auswüchse des Welthandels und des Kapitalismus. Der Höhepunkt des Bandes ist eine Marketingkonferenz bei einem Garum-Hersteller, an der Asterix und Obelix zufällig teilnehmen. Jeder Mitarbeiter wird seine Freude an dem hohlen Management-Talk haben, der hier zelebriert wird.
All dies macht „Asterix in Lusitania“ zu einem klassischen Abenteuer. Erzählerisch und zeichnerisch ist es dementsprechend zurückhaltender als sein Vorgänger. Es ist ein aktionsorientierter Band, der eine abgerundete Geschichte erzählt, kein Gimmick wie „The White Iris“. War das eine bewusste Entscheidung oder wurden die Künstler vom Verlag gefangen genommen? Das ist schwer zu sagen. Fest steht: Auch Goscinny und Uderzo variierten in ihren Alben immer wieder Tempo und Ton. Band 41 braucht sich vor ihren klassischen Reiseabenteuern nicht zu verstecken.
Dennoch: Etwas mehr Experimentierfreudigkeit hätte „Asterix in Lusitania“ gutgetan. Mit dem starken Bezug zu den Klassikern und den vielen Anspielungen auf frühere Ereignisse spricht es vor allem alte Fans und Traditionalisten an. Reicht das noch für junge Leser? Zumindest in einer Hinsicht geht „Asterix“ mit der Zeit: Das Erscheinungsbild von Baba, dem schwarzen Ausguck der Piraten, wurde überarbeitet und er hat seine Sprachbehinderung verloren. Daran gibt es schon seit längerem Kritik.
„Asterix in Lusitania“ ist als Hardcover im Buchhandel und als Softcover im Zeitungshandel erhältlich. Egmont Ehapa Media veröffentlicht außerdem im Dezember eine Luxusausgabe und im November eine Super-Luxusausgabe.