Berlin – Besorgniserregender Antisemitismus-Skandal unter den Nachwuchskräften der Linkspartei. Nach der massiv antiisraelischen Entscheidung vom Wochenende wächst bei der Linken die Angst vor einer erneuten Spaltung.
Bedrohungen, Ängste, Abgänge
Beim Bundeskongress in Berlin stimmten rund 70 Prozent der Delegierten für einen Antrag, in dem Israel unter anderem als „koloniales und rassistisches Staatsprojekt“ bezeichnet wird. Und: „Die Befreiung Palästinas“ müsse „als Teil einer umfassenderen demokratischen und sozialistischen Revolution betrachtet werden, die Imperialismus und Kapitalismus aus der Region vertreibt.“
Bereits während der Debatte herrschte unter den Delegierten ein Klima der Einschüchterung und Drohungen. Mitglieder, insbesondere aus den ostdeutschen Landesverbänden, die eine eher projüdische Position vertraten und den Vorschlag ablehnten, wurden teilweise offen angegriffen, beleidigt und bedroht.
Die sächsische Delegation reiste dann am Samstag ab – aus Sorge um ihre Sicherheit. Die Thüringer wechselten nach Drohungen sogar das Hotel – und verließen den Kongress am Sonntagmorgen ganz. In einer von WELT zitierten Drohbotschaft der Israelhasser-Fraktion (die wie BILD zu Axel Springer gehört) heißt es: „Lasst Thüringen nicht schlafen – wir wissen, wo ihre Räume sind.“ Ein Teilnehmer berichtete: „Wir wissen nicht, wie es weitergehen soll.“
Die Ereignisse des Wochenendes zeigen, dass mit der jungen Generation der Linken etwas völlig schief läuft. Aus ihren Reihen war immer wieder Hass auf Juden zu hören und zu lesen, der jedoch stets als Einzelfall abgetan wurde.
Wie zum Beispiel die Versäumnisse der Frankfurter, die davon träumen, Juden aus fliegenden Flugzeugen zu werfen, oder auch die neue Bundessprecherin Martha Wüthrich, die den Holocaust per TikTok relativierte.
Judenhass auf dem X-Profil der Frankfurter Linken Jugend
Partei in Aufruhr
„Die Partei ist spätestens seit Sonntag in Aufruhr“, sagt Thomas Dudzak (38) von der linksinternen pro-israelischen „Bundesarbeitsgruppe Schalom“. Er berichtet von einem „Klima der Angst“ innerhalb der Partei – insbesondere unter Mitgliedern, die sich mit Israel solidarisieren.
Andere Linke sprechen mittlerweile offen von einem „antisemitischer Landraub„in der Partei und der Parteijugend. In den vergangenen Monaten gab es zahlreiche neue Mitglieder, darunter viele Aktivisten, die sich selbst als „Antizionisten“ bezeichnen. „Niemand weiß mehr, wie die Mehrheit eigentlich aussieht“, sagte ein Mitglied.
Krisensitzung der Parteiführung
Die Parteispitze versucht nun, nach den Ereignissen vom Wochenende hektisch gegenzusteuern. Für Mittwochabend hat der Parteivorstand eine nichtöffentliche Krisensitzung mit den Landesvorsitzenden anberaumt. Einziges Thema: der völlig aus dem Ruder gelaufene Bundeskongress der Linken Jugend – und das Antisemitismusproblem der Partei.
Die Bandbreite möglicher Konsequenzen reicht von einem bloßen Appell an die „soliden“ Leute bis hin zu einem echten Abschied von der Jugendorganisation. Denn formal ist die Linke Jugend ein unabhängiger Verein, nur von der Partei anerkannt – und finanziell von ihr abhängig.
Demnach hat sich der linke Landesvorstand aus Thüringen bereits deutlich distanziert. „Antisemitismus und die Relativierung antisemitischer Positionen widersprechen den Grundwerten der Linken“, hieß es in einer Erklärung vom Dienstag. Und: Kritik an der israelischen Regierungspolitik sollte niemals das Existenzrecht Israels in Frage stellen.
Die Linke ringt um Orientierung
„Wir stehen an einem Scheideweg“, sagt BAG Shalom-Sprecher Dudzak. „Es geht darum, ob die Linke zum Humanismus und Universalismus zurückfindet – oder den Weg des Wahnsinns weiter beschreitet.“ Denn: Die Entscheidung der Linken Jugend, in der Israel „Völkermord“ vorgeworfen wird, die Hamas aber nicht einmal erwähnt wird, treibt die Linke in ihre schlimmste Krise seit der Abspaltung von Sahra Wagenknechts BSW.
