Verfahren zur Sicherungsverwahrung
Angeklagter aus Aschaffenburg hatte „Teufel im Kopf“
16. Oktober 2025, 14:02 Uhr
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Ein 28-jähriger Flüchtling aus Afghanistan ersticht in Aschaffenburg zwei Menschen und verletzt weitere. Ihm wird Mord vorgeworfen; Da er jedoch psychisch krank ist, sollte er dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden. Zu Beginn des Prozesses schildert sein Anwalt den psychischen Zustand seines Mandanten.
Knapp neun Monate nach dem tödlichen Messerangriff auf Kita-Kinder im bayerischen Aschaffenburg hat am dortigen Landgericht der Prozess gegen einen 28-jährigen Mann begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord vor, eine Gefängnisstrafe ist in dem Fall jedoch nicht vorgesehen. Die Ermittlungsbehörde beantragte im sogenannten Sicherungsverfahren die dauerhafte Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Klinik. Ein Gutachten ergab ihr zufolge, dass der Mann aus Afghanistan aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht schuldhaft sei.
Der Verteidiger des Angeklagten, Jürgen Vongries, sprach in einer Stellungnahme zu Prozessauftakt von einer „Tat eines Wahnsinnigen“. Er geht davon aus, dass sein Mandant ein sehr kranker Mensch ist. Die Frage nach dem Warum wird er daher nicht beantworten können. Der Angeklagte habe Wahnvorstellungen gehabt, sagte Vongries. Sein Mandant sagte dem psychiatrischen Gutachter, dass er sich nur vage an Stimmen erinnere, die er zur Tatzeit gehört habe. „Er hatte einen Teufel im Kopf, der viel mit ihm redete.“
Das rund 30 Zentimeter lange Küchenmesser habe er nach Angaben des Verteidigers aus Angst vor einem Angriff aus seiner Flüchtlingsunterkunft mitgenommen. Der Angeklagte konnte die Wahl seiner Opfer nicht erklären; Die Begegnung mit der Gruppe der Kita-Kinder sei ein „schlechter Zufall“ gewesen, sagte Vongries. Sein Mandant gibt die Tat zu.
Der Angeklagte habe „motivierende Kampfmusik“ gehört.
Der Mann soll am 22. Januar in einem Park in Aschaffenburg eine Gruppe Kita-Kinder überfallen und einen zweijährigen Jungen sowie einen 41-jährigen Mann erstochen haben, der den Kindern helfen wollte. Drei weitere Personen wurden verletzt. Dabei handelte es sich um ein zweijähriges Mädchen, eine Lehrerin und einen weiteren Mann. Beide wollten auch die Kinder schützen. Der Hals des getöteten Kindes wurde durchbohrt.
Wenige Minuten vor der Tat soll sich der 28-Jährige ein YouTube-Video mit dem türkischen Titel „Motivierende Kampfmusik“ angesehen haben, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Buntschuh bei der Verlesung des Antrags. Die Opfer vermuteten keinen Angriff auf ihr Leben. „Deshalb waren ihre Verteidigungsmöglichkeiten so stark eingeschränkt, dass sie keine Chance hatten, einen Angriff erfolgreich abzuwehren“, so Buntschuh weiter.
Diesen Umstand nutzte der 28-Jährige bewusst aus. Das getötete Kind wurde von fünf Stichen getroffen, der getötete Mann von vier. Der Mann soll zur Tatzeit an paranoider Schizophrenie gelitten haben. Aus diesem Grund ist seine Fähigkeit, die Ungerechtigkeit der Tat zu erkennen, nicht mehr gültig.
2024 Mitbewohner in Unterkunft bedroht
Die Tat löste im Wahlkampf zur Bundestagswahl weit verbreitetes Entsetzen und breite politische Debatten aus. Der Angeklagte stammt aus Afghanistan und sollte 2023 abgeschoben werden, was jedoch scheiterte. Im August 2024 soll er in einer Asylbewerberunterkunft in Alzenau eine Mitbewohnerin mit einem Metzgermesser bedroht und ihr oberflächliche Verletzungen zugefügt haben.
Nach Angaben der Ermittler reiste er im November 2022 nach Deutschland ein. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft liegen keine Hinweise auf eine Radikalisierung oder einen islamistischen, extremistischen oder terroristischen Hintergrund vor. Bis Ende Oktober sind sechs Anhörungstermine geplant.
Zu Beginn des Prozesses am Donnerstag blickte der 28-Jährige, gekleidet in ein weißes Hemd mit dunkler Jacke, überwiegend auf den Tisch vor ihm. Vongries erklärte, dass er während der Verlesung der Anklage aufgrund der Medikamente, die der 28-Jährige einnahm, häufiger gähnte.
Die Frage, wann und wo er geboren wurde, sorgte für Verwirrung. Aus den Akten geht hervor, dass es sich um den 1. Januar 1997 in Afghanistan handelte. Allerdings gab er vor Gericht an, dass er 2007 in Pakistan geboren sei. Laut Verteidiger Vongries hatte der Angeklagte in der Vergangenheit dazu oft widersprüchliche Angaben gemacht.
Der erste Zeuge, der aussagte, war ein Kriminalkommissar. Er schilderte die Ausgangslage am Tatort und den Verlauf der Ermittlungen. Der Angeklagte sei widerstandslos festgenommen worden, sagte er. Bei den Ermittlungen wurden fast 50 Personen als Zeugen befragt. Der 28-Jährige ist unter anderem wegen Gewalttaten vorbestraft. In allen Unterkünften geriet er mit anderen Bewohnern aneinander.