Kurz nach Beginn des Prozesses gegen den Magdeburger Weihnachtsmarkt-Attentäter ist das diesjährige Fest in Gefahr. Das Landesverwaltungsamt kritisiert das Sicherheitskonzept und die Stadt darf keine Genehmigung erteilen. Droht einer der beliebtesten Märkte Ostdeutschlands nun das Aus?
Der Magdeburger Weihnachtsmarkt erhält vorerst keine Genehmigung – wegen Diskussionen um das Sicherheitskonzept. Hintergrund sei ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes an die Stadt gewesen, in dem knapp ein Jahr nach dem verheerenden Anschlag Kritik an diesem Konzept geäußert worden sei, teilte die Stadt mit.
Bürgermeisterin Simone Borris (parteilos) informierte den Stadtrat am Abend in einer Sondersitzung über die Entscheidung – wenige Stunden nach Beginn des Prozesses gegen den Attentäter von 2024.
In dem siebenseitigen Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, werden zahlreiche Punkte des Sicherheitskonzepts kritisiert. Dabei geht es unter anderem um Zugangsschutz und Sicherheitskräfte. Daher könne es keine Zustimmung geben, heißt es in dem Schreiben, das am vergangenen Freitag an die Stadt geschickt wurde. Darüber hinaus ignoriert die Weihnachtsmarkt GmbH als Veranstalter die mit der Durchführung verbundenen Verpflichtungen völlig.
Die möglichen Auswirkungen seien so gravierend, dass es ihre Pflicht sei, den Stadtrat unverzüglich zu informieren, sagte Bürgermeisterin Borris. Gleichzeitig kritisierte sie das Vorgehen des Landesverwaltungsamtes. Die Weihnachtsmarktgesellschaft ist bereit, viele Hinweise in das Sicherheitskonzept zu integrieren, lehnt aber auch einige der vom Staat geforderten Maßnahmen ab.
„Alle Experten sind sich einig, dass die konkrete Terrorismusabwehr eine staatliche Aufgabe ist, die nicht vom Veranstalter eines Weihnachtsmarktes übernommen werden kann“, sagte Borris nach der Sondersitzung. Selbst die Polizei hat am vergangenen Freitag schriftlich erklärt, dass die Verfolgung von Straftaten und die Abwehr konkreter Gefahren in staatlicher Verantwortung liege.
„Trotz der gegenteiligen Rechtsauffassung, die wir mit dem Landesverwaltungsamt zu dieser Frage haben, wird die Landeshauptstadt aufgrund der Weisung des Amtes vorerst keine Genehmigung für den diesjährigen Weihnachtsmarkt erteilen können“, sagte Borris. Sie hoffen jedoch, dass der Magdeburger Weihnachtsmarkt mit vereinten Kräften in diesem Jahr doch noch stattfinden kann.
Vor knapp einem Jahr fuhr ein Attentäter mit einem 340 PS starken Mietwagen über den Weihnachtsmarkt, tötete dabei sechs Menschen und verletzte rund 300 zum Teil schwer. Am Montag begann in Magdeburg der Prozess gegen den Angeklagten aus Saudi-Arabien. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 51-Jährigen unter anderem vollendeten Mord in sechs Fällen und versuchten Mord an weiteren 338 Menschen vor.
Andere Weihnachtsmärkte sind bereits abgesagt
Die verschärften Sicherheitsanforderungen nach den Terroranschlägen haben bereits dazu geführt, dass Weihnachtsmärkte in diesem Jahr abgesagt wurden. In Overath (NRW), wo die Veranstaltung traditionell rund um die St. Walburga-Kirche stattfand, bleiben die Stände in diesem Jahr geschlossen. Der Verein, der das Festival veranstaltet, kann die Kosten für die obligatorischen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung – etwa Absperrmaßnahmen oder zusätzliches Sicherheitspersonal – nicht alleine tragen.
Auch in Kerpen (ebenfalls NRW) wird der traditionelle Weihnachtsmarkt abgesagt, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet. Die Stände waren zuvor auf dem Stiftsplatz aufgebaut worden.
dpa/coh/saha
