In der neuen ARD-Serie „Schattenseite“ werden die Handys einer Oberstufenklasse gehackt und ihre intimsten Geheimnisse auf einer mysteriösen Website veröffentlicht. Dafür erhält das junge Schauspielteam nun den Hessischen Film- und Kinopreis.
Nola (Samirah Breuer) in einer Szene aus „Shadow Side“
Bild © ARD Degeto Film/HR/Dreamtool Entertainment GmbH/Elliott Kreyenberg
Als Samirah Breuer erfuhr, dass sie und ihre Schauspielkollegen von „Schattenseite“ den Hessischen Film- und Kinopreis erhalten, war sie sehr glücklich. „Oh mein Gott, so heiß!“ rief der 23-Jährige aus, der eine der Hauptfiguren der sechsteiligen Thriller-Mystery-Reihe spielt. „Ich habe sofort der gesamten Besetzung geschrieben, habt ihr es schon gesehen?“
Vergeben wird der Ensemblepreis vom Hessischen Rundfunk, der von der „gesellschaftspolitischen Relevanz“ und „schauspielerischen Kraft“ der Inszenierung beeindruckt war. Die Preisverleihung fand am 17. Oktober in Frankfurt statt. Ab diesem Tag ist die Serie auch in der ARD-Mediathek zu sehen.
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Der Drehbuchautor ist ein bekannter YouTuber
„So wie die Schauspieler und Schauspielerinnen von der dunklen Seite gespielt haben, könnte das wirklich an jeder deutschen Schule passieren“, lobt Jonas Ems, der beim Galaabend die Laudatio halten durfte. Die Vorlage zur Serie stammt von ihm. Bereits 2019 hatte er den Roman „Shadow Side“ veröffentlicht und ihn anschließend gemeinsam mit Hanna Hribar in ein Drehbuch umgeschrieben. Regie: Özgür Yildirim und Alison Kuhn.
Ems kam auf die Idee, weil er sich fragte, was passieren würde, wenn alle Daten des Mobiltelefons preisgegeben würden. „Wäre es vielleicht sogar befreiend, wenn man sich quasi ausziehen würde, oder wäre das völlig schrecklich?“ sagt der bekannte Content-Ersteller, der fast drei Millionen Follower auf YouTube hat.
Nacktfotos, Chatverläufe, Foreneinträge
Die Serie beginnt damit, dass Nola, gespielt von Samirah Breuer, in die Schule kommt. Sie zieht mit ihrer Mutter, einer Polizistin, von Berlin in eine Kleinstadt. Kurz zuvor ist ein Klassenkamerad in der Schule gestorben und die „Schattenseite“ terrorisiert seit seiner Trauerfeier seine ehemalige Klasse.
Nach und nach kommen Nacktfotos, Chatverläufe oder Forumseinträge von Studierenden ans Licht. Die Geheimnisse gehen nur dann online, wenn die Ankündigung genügend Klicks erhält. Der einzige Ausweg besteht darin, das Geheimnis eines anderen preiszugeben.
Nola (Samirah Breuer) in einer Szene aus „Shadow Side“
Bild © ARD Degeto Film/HR/Dreamtool Entertainment GmbH/Elliott Kreyenberg
Der digitale Fingerabdruck ist echt
Auch Nola hat ein Geheimnis, das die „Schattenseite“ ans Licht bringen will. Schauspielerin Samirah Breuer betrachtet die durchgesickerten Geheimnisse weniger als befreiend für die Abschlussklasse, sondern eher als destruktiv. „Man sagt, man muss über seine inneren Dämonen reden. Aber in diesem Fall wird einem die Entscheidung abgenommen und alle anderen reden darüber.“
Für Drehbuchautor Jonas Ems soll die Handlung vor allem zeigen, wie real unser digitaler Fingerabdruck ist. „Wir alle hinterlassen Spuren. Manche sind sehr schwer zu erkennen, andere leichter.“ Deshalb hält er es für wichtig, bewusst im Internet zu surfen und soziale Medien zu nutzen.
Szene aus „Shadow Side“
Bild © ARD Degeto Film/HR/Dreamtool Entertainment GmbH/Elliott Kreyenberg
Wie gehe ich mit Cybermobbing um?
Die Eltern und Lehrer in der Serie reagieren überwältigend. Niemand weiß wirklich, wie er mit dem Vorfall umgehen soll. Die Frage stellt sich auch im wirklichen Leben.
Nola-Schauspielerin Samirah Breuer glaubt, dass ein Social-Media-Verbot für junge Menschen kaum Auswirkungen hätte. „Ich glaube, dass die Lösung darin besteht, Medienkompetenz oder mehr Empathie zu fördern, damit solche Dynamiken gar nicht erst entstehen können.“
Samirah Breuer
Bild © picture Alliance / PIC ONE | Christian Behring
Keine Verbote, Fähigkeiten stärken
Jonas Ems schlägt direkt das Schulfach „Medienkompetenz“ vor. Oder eine Projektwoche zum Thema Cybermobbing.
„Shadow Side“ zeigt auch, wie hilflos Lehrer und Eltern angesichts dieser Probleme oft sind. Jonas Ems findet es „absurd, weil es so viele Eltern gibt, die sagen, dass das Kind nicht alleine über die Straße gehen darf, das ist gefährlich, aber das Internet ist so ein völlig freier Raum, in dem so viele Kinder allein gelassen werden.“
Serie als „Weckruf“
Nola und eine Klassenkameradin in „Shadow Side“ können schließlich herausfinden, wer hinter der mysteriösen Website steckt und warum. Eine Musterlösung bietet die Serie nicht und will es auch nicht sein. Sie ist eher ein „Aufwecker“, wie Jonas Ems sagt. Ein Weckruf, der auch deutlich macht, wie Samirah Breuer feststellt: „1234 ist kein gutes Passwort.“