
Als reiner Frauenfußballverein der Bundesliga ist die SGS Essen etwas Besonderes. Doch bisher lief es in dieser Saison nicht so gut. Und nun sind auch Trainer und Sportdirektor weg.
So ist das manchmal im Fußballgeschäft: Als Journalist hat man ein Interview mit einem Fußballtrainer vereinbart – doch dann wird es plötzlich abgesagt. So geschehen am Mittwoch beim Frauen-Bundesligisten SGS Essen. Anstelle eines Gesprächs mit Trainer Robert Augustin erhielt wdr.de vom Pressesprecher die Information, dass sich Verein und „Teamchef“ – wie Augustin in Essen offiziell genannt wurde – voneinander getrennt hätten.
Ganz aus dem Nichts kam diese Nachricht allerdings nicht: Die SGS Essen hatte – man kann es nicht anders sagen – einen katastrophalen Saisonstart hingelegt. Nach fünf Spieltagen hat der Verein einen Punkt auf dem Konto. Zuletzt gab es auf eigenem Platz eine 0:8-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg. Dass der Trainer in einer solchen Situation kritisch gesehen wird – das ist im Frauenfußball nicht anders.
Freitag in Leipzig – Co-Trainer Wissmann übernimmt
Jetzt heißt es in Essen: „Erst sammeln“. Neben dem Trainer wurde auch Sportdirektor Thomas Gerstner entlassen. Bereits am Freitag steht mit dem Auswärtsspiel bei RB Leipzig ein äußerst wichtiges Spiel auf dem Programm. Die Mannschaft wird dann von Co-Trainerin Jessica Wissmann betreut. Auch Leipzig steht am Ende der Tabelle – es ist ein äußerst wichtiges Duell im Kampf um den Klassenerhalt.
Der Erhalt der Bundesliga – darum geht es in Essen. Der letzte reine Frauenfußballverein der Bundesliga, der sich als so etwas wie das „Gallische Dorf“ im Reich der Spitzenvereine versteht. Mittlerweile wird die Bundesliga von großen Männerfußballvereinen dominiert, die zuletzt viel Geld in den Aufbau ihrer Frauenabteilung gesteckt haben.
Schalke und Dortmund kommen
Essens Vanessa Fürst (r.) im Duell mit Kölns Carlotta Imping (m.)
Finanziell können die Essenerinnen in keiner Weise mithalten. Und bald haben sie auch in der Nachbarschaft starke Konkurrenz: Borussia Dortmund und der FC Schalke 04 treiben derzeit den Frauenfußball voran, den sie sozusagen seit Jahren vermisst haben, und peilen mittelfristig auch die Bundesliga an.
Finanziell keine Chance gegen große Vereine
Umso wichtiger ist es für den Verein, die eigenen Nachwuchsspieler so gut auszubilden, dass sie irgendwann die Qualität für die Bundesligamannschaft haben. Dies ist in der Vergangenheit oft gelungen. Nationalspielerin Linda Dallmann (Bayern München) beispielsweise spielte acht Jahre lang für die SGS. Ihre Teamkollegin Lea Schüller schaffte in Essen den Sprung vom Junioren- in den Profibereich, ebenso wie die Frankfurterin Nicole Anyomi. Auch Lena Oberdorf (FC Bayern), Carlotta Wamser (Bayer Leverkusen), Stina Johannes und Elisa Senß (beide Eintracht Frankfurt) trugen einst das Essener Trikot.
Aber dieses Jahr scheint nichts richtig zu funktionieren. Der Kader hat sich im Vergleich zur Vorsaison kaum verschlechtert. Mit Torhüterin Sophia Winkler (Eintracht Frankfurt) und Angreiferin Annalena Rieke (AS Rom) verloren sie zwei wichtige Spielerinnen. Doch mit Ex-Nationalspielerin Jana Feldkamp (aus Hoffenheim) und Shari van Belle (aus Lüttich) verpflichtete Essen auch zwei hochkarätige Spielerinnen für den eigenen Kader.
Der Trainer kritisierte den mangelnden Einsatz
Trainer Augustin kritisierte zuletzt mangelndes Engagement vor allem bei den jüngeren Spielern. Besonders ins Visier genommen wurden die deutschen U-Nationalspielerinnen Natasha Kowalski (22), Lany Mia Bäcker (17) und Paulina Platner (19). In jedem Fall wird ihnen ausreichende Begabung attestiert. Augustin kritisierte jedoch ihre unzureichende Körpersprache auf dem Spielfeld.
Es wird interessant sein zu sehen, wer langfristig der neue Trainer in Essen sein wird und ob sich Verbesserungen in der Leistung der Mannschaft zeigen werden. Es wäre wichtig, aus Leipzig etwas Handfestes mitzunehmen. Denn eine Woche später empfängt Essen die TSG Hoffenheim. Anfang November kommt es wohl zum härtesten Auswärtsspiel des Jahres: Die SGS spielt dann gegen den deutschen Meister Bayern München.
Unsere Quelle:
- Interview mit Pressesprecher