Das Wachstum in Russland verlangsamt sich spürbar. Ein Auslöser dafür ist eine Strategie des Kremls. Hinzu kommt ein Mangel an Arbeitskräften.
Moskau – Russlands Wirtschaft schwächt sich weiter ab. Alle wichtigen Sektoren kämpfen mit teilweise gravierenden Einbrüchen – selbst die sehr wichtigen Sektoren der Energie- und Kriegsproduktion. Gleichzeitig leidet das Land weiterhin unter einer Treibstoffkrise. Dies hat nun direkte Auswirkungen auf die offiziellen Wachstumszahlen.
Russlands Wachstum schwächt sich ab – neue Zahlen zeigen eine deutliche Verlangsamung
Neue Zahlen des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung zeigen, dass sich das Wachstum bereits im dritten Quartal in Folge verlangsamt hat. Das Ministerium sagte, das Bruttoinlandsprodukt sei im Juli-September-Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,6 Prozent gewachsen.
Im zweiten Quartal betrug das Wachstum 1,1 Prozent, im ersten Quartal waren es 1,4 Prozent. Das Weihnachtsquartal 2024 verzeichnete ein Wachstum von 4,5 Prozent. Innerhalb der ersten neun Monate des Jahres 2025 wuchs Russlands Wirtschaft um ein Prozent – viermal so langsam wie ein Jahr zuvor.
Die meisten zivilen Wirtschaftszweige seien im freien Fall, heißt es Moskauer Zeiten. Die Lebensmittelproduktion ging im dritten Quartal um 0,2 Prozent zurück. Auf dem Papier ging die Produktion von Schuhen und Textilien um 2,3 Prozent zurück. Die Ölraffinerien mussten einen Rückgang um 4,5 Prozent hinnehmen. Die großen Ölkonzerne meldeten im Spätsommer deutliche Gewinnrückgänge. Es drohen große Entlassungswellen im Automobilsektor und die Luftfahrt in Russland schwächelt aufgrund des Mangels an westlichen Ersatzteilen.
Probleme in der russischen Wirtschaft – es herrscht Arbeitskräftemangel und die Kriegswirtschaft führt zu einer Überhitzung
Derzeit sieht es so aus, als würden mehrere Effekte nacheinander die Wirtschaft Russlands schwächen. Einerseits beginnen die westlichen Sanktionen zunehmend zu greifen, andererseits lässt der Wachstumsschub aufgrund der massiven Umstellung der russischen Regierung auf die Kriegswirtschaft nach. Dadurch konnte der Kreml mehrere Jahre lang ein geradezu erstaunliches Wachstum verzeichnen.
Dies ist jedoch keine Überraschung – Ökonomen hatten schon früh gewarnt, dass Russlands Strategie, das Wachstum durch massive Militärproduktion voranzutreiben, nicht nachhaltig sei. Auch: Die produzierten Waren bringen keinen Mehrwert, sondern gelangen schnell in die Ukraine, wo sie leicht vernichtet werden können.
Verschärft wird das Problem durch den massiven Arbeitskräftemangel in Russland. Produktionskapazitäten und Arbeitskräftereserven seien aufgebraucht, erklärte Alexandra Prokopenko vom Carnegie Russia Eurasia Center in Berlin. Und als ob das alles nicht genug wäre, führt die Ukraine seit August eine Drohnenkampagne durch, die gezielt auf russische Infrastruktur abzielt. Dies hat bereits in mehreren Teilen des Landes (und auf der besetzten Krim) zu Treibstoffknappheit geführt.
Warnung des Finanzministeriums – und Putins Exporte nach Indien sind in Gefahr
Was kommt als nächstes für Russland? Die Regierung hat erkannt, wie nah Russland an der Stagnation ist. Aus dem Finanzministerium kamen häufig Warnrufe. An der schwierigen Gesamtsituation dürfte sich auf absehbare Zeit wenig ändern, im Gegenteil. Da sich Indien nun von russischen Öl- und Gasverkäufen abwenden könnte, droht Russland weitere Milliardenverluste durch Exporte.
Neben dem eingangs erwähnten Ministerium hat auch der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für Russlands Wirtschaft gesenkt. Nach Angaben des Center for European Policy Analysis (CEPA) erwartet der IWF für 2025 ein Wachstum von rund 0,6 Prozent.
