Schutz vor Gewalt für Frauen
                Lettland beschließt, aus der Istanbul-Konvention auszutreten
              
			              
				              31. Oktober 2025, 3:03 Uhr
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Erst letztes Jahr ratifizierte Lettland die Istanbul-Konvention, die Frauen insbesondere vor häuslicher Gewalt schützen soll. Konservative Kräfte sehen darin eine Bedrohung traditioneller Familienwerte. Nun stimmt das Parlament für den Austritt – auch mit den Stimmen einer Regierungspartei.
Das Parlament in Lettland hat beschlossen, aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt auszutreten. Nach einer mehrstündigen Diskussion stimmten die Volksvertreter in Riga für den Austritt des baltischen EU- und NATO-Landes aus dem Europaratsabkommen.
Gegner und Kritiker der Istanbul-Konvention sehen in dem Vertrag die Förderung einer Ideologie, die die traditionellen Familienwerte in Lettland untergräbt. Das Austrittsgesetz muss noch von Präsident Edgars Rinkevics genehmigt werden. Gegen den geplanten Austritt hatte es im Vorfeld Proteste gegeben, am Dienstag gingen in Riga rund 5.000 Menschen auf die Straße – es war eine der größten Demonstrationen in Lettland in den letzten Jahren.
Erst letztes Jahr hat Lettland das 2011 ausgearbeitete Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ratifiziert. Dort trat es am 1. Mai 2024 in Kraft. Der Ostseestaat wäre das erste EU-Land, das aus dem Vertrag austreten würde. Im Jahr 2021 trat die Türkei als erstes und bislang einziges Land aus der Konvention aus – obwohl die Umsetzung bis dahin nur geringe Fortschritte gemacht hatte.
Der Premierminister hatte die Ratifizierung vorangetrieben
Die Istanbul-Konvention stuft Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung ein. Darüber hinaus definiert es politische und rechtliche Maßnahmen, mit denen die Unterzeichnerstaaten einen europaweit einheitlichen Rahmen für Prävention und Opferschutz schaffen sollen. Die teilnehmenden Staaten verpflichten sich außerdem, offensiv gegen physische und psychische Gewalt vorzugehen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Für den Austritt hatte die Opposition einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht. Es wurde nun mit den Stimmen einer der drei Koalitionsparteien in der Mitte-Links-Regierung von Premierministerin Evika Silina verabschiedet. Es ist unklar, ob dies Auswirkungen auf den Fortbestand der Regierung haben wird. Die Ratifizierung der Konvention war nach ihrem Amtsantritt im September 2023 ein großes Anliegen. Frauenrechtsorganisationen und Institutionen, die mit Gewaltopfern arbeiten, befürchten, dass die Aufhebung der Konvention den Schutz von Frauen und die Bemühungen um die Gleichstellung der Geschlechter schwächen wird.
