Wenn am 11. November in Aserbaidschans Hauptstadt Baku die diesjährige UN-Klimakonferenz eröffnet, wird ein Land fehlen, das seit über 30 Jahren Vorreiter im internationalen Klimaschutz ist: Papua-Neuguinea. Laut dem in Fidschi produzierten Internetmagazin gab der Außenminister des Landes, Justin Tkatchenko, die Ankündigung letzte Woche in Samoa bei einem Commonwealth-Treffen bekannt Islands Geschäft gemeldet. „Wir werden keine leeren Versprechungen oder Untätigkeit länger akzeptieren, während unser Volk unter den verheerenden Folgen des Klimawandels leidet“, sagte Tkatchenko. Der Anstieg des Meeresspiegels bereitet seinem Land ebenso Probleme wie Dürren und Überschwemmungen. Das Land erlebte dieses Jahr im März und Mai zweimal extreme Regenfälle, die Erdrutsche auslösten. Im Mai wurden in einem abgelegenen Tal rund 2.000 Menschen bei Schlammlawinen begraben.
„Obwohl wir wenig zur Klimakrise beitragen, werden Länder wie unseres mit den gravierenden Folgen allein gelassen“, beklagte der Außenminister. Pro Kopf und Jahr wird in seinem Land eine halbe Tonne CO2 ausgestoßen. Hierzulande seien es jedoch acht Tonnen und in den USA knapp 14. Die internationale Gemeinschaft, so Tkatchenko weiter, komme ihren finanziellen und moralischen Verpflichtungen nicht nach: „Die Versprechungen, die die großen Umweltverschmutzer gemacht haben, sind nichts als leeres Gerede.“ Sie stellen für uns unüberwindbare Hürden dar und verhindern, dass wir Zugang zu den Mitteln erhalten, die wir zum Schutz unserer Bevölkerung dringend benötigen. Trotz wiederholter Versuche, Finanzierungen für Anpassungsmaßnahmen zu erhalten, haben wir bisher keinen einzigen Toea gesehen.“ Ein Toea ist die kleinste Währungseinheit in Papua-Neuguinea und entspricht etwa einem Fünftel Cent.
In Baku wird es unter anderem darum gehen, diese sogenannte Klimafinanzierung zu erhöhen, zu deren Zahlung sich die Industrieländer 2015 mit dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet haben. Seit 2020 sollen im Jahr 100 Milliarden US-Dollar fließen, aber die Mittel kam in den ersten Jahren nicht und am Ende nur mit kreativen buchhalterischen Mitteln durch Umdeklaration aller Arten von Zahlungen zustande. Abgesehen davon reichen angesichts der drastischen Klimakrise 100 Milliarden Dollar für die Anpassung von Landwirtschaft, Fischerei, Küstenschutz usw. nicht mehr aus. Die Forderungen der Entwicklungsländer liegen mittlerweile in der Größenordnung von Billionen US-Dollar. Doch über die Höhe der Zahlungen wollen die Industrieländer erst sprechen, wenn der Zahlerkreis erweitert wird.
Eigentlich hätte Gastgeber Aserbaidschan die Verhandlungen im Vorfeld unterstützen und mögliche Kompromisse ausloten sollen, wie es bei Klimakonferenzen üblich ist. Allerdings ist das Interesse der Baku-Regierung an einer Einigung eher begrenzt. Über 90 Prozent der Exporte des Landes bestehen aus Erdöl und Erdgas. Auch die EU wird mit Erdgas versorgt. Trotz des Krieges gegen Armenien und trotz der Vertreibung der armenischen Bevölkerung aus Berg-Karabach. EU-Chefin Ursula von der Leyen reiste im Juli 2023, wenige Wochen vor dem Krieg, nach Baku, um einen Erdgasvertrag abzuschließen. Die Vorbereitungen zum Anschlag scheinen sie nicht gestört zu haben. Über etwaige Wirtschaftssanktionen gegen Baku war jedenfalls nichts bekannt. Demnach plant der aserbaidschanische Öl- und Erdgaskonzern SOCAR, wie berichtet, eine Ausweitung seiner Produktion.
Dennoch gibt es im Vorfeld der Klimakonferenz auch gute Nachrichten. In China beispielsweise scheint es, als hätte der weitere Anstieg der Treibhausgasemissionen dort zumindest gestoppt werden können. Obwohl in den letzten Jahren eine beträchtliche Anzahl neuer Kohlekraftwerke ans Netz gegangen sind, konnte der steigende Strombedarf zuletzt allein durch den rasanten Ausbau von Solar- und Windenergie gedeckt werden. Das zeigt eine Analyse des finnischen Zentrums für Forschung zu Energie und sauberer Luft. Aufgrund der rasanten Verbreitung von Elektrofahrzeugen ist Chinas Ölverbrauch mittlerweile rückläufig. Allerdings ist auch das Ende des großen Baubooms für den Rückgang der Emissionen verantwortlich. Da derzeit jedoch versucht wird, das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln, bleibt unklar, ob tatsächlich bereits eine Trendwende eingetreten ist.
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