Die sogenannte stille Diplomatie ist gescheitert. Deutschland muss seine Iran-Politik endlich ändern. Und seien Sie konsequent.
S Die iranische Oppositionsbewegung fordert es schon seit Jahren, jetzt kommt es: die Schließung des Generalkonsulats der Islamischen Republik Iran in Deutschland. Dies ist die Reaktion der Bundesregierung auf die Hinrichtung des deutschen Staatsbürgers Jamshid Sharmahd. Ein wichtiger Schritt – aber einer, der Jahre zu spät kommt.
Im Sommer 2020 wurde der Unternehmer Jamshid Sharmahd während einer Geschäftsreise in Dubai vom Geheimdienst des Regimes entführt und in den Iran verschleppt. Seitdem wird er in Einzelhaft gefoltert. Bis zum Schluss wusste niemand, wo er festgehalten wurde. Nach einem Schauprozess wird er zum Tode verurteilt und schließlich hingerichtet. Erst nach dem Staatsmord kündigte die Bundesregierung „schwerwiegende Konsequenzen“ an.
Nicht, nachdem ein Deutscher entführt wurde. Nicht, als er mit Folterspuren im Gesicht ins Staatsfernsehen gezwungen wurde. Nicht, als er zum Tode verurteilt wurde – lediglich zwei iranische Diplomaten wurden als Alibi ausgewiesen. Seine Tochter Gazelle Sharmahd forderte wiederholt ernsthafte Maßnahmen der Bundesregierung – und wurde jahrelang ignoriert.
Stattdessen betonte Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf Nachfrage auf einer Bundespressekonferenz im Sommer 2023, dass die Kanzlerin nicht für Sharmahd eintreten werde und die Sache beim Auswärtigen Amt liege. Die Freilassung eines im Iran zum Tode verurteilten Deutschen hatte keine Priorität. Die Bundesregierung forderte nicht einmal die Freilassung der deutschen Geiseln. Wer nicht einmal eine Freilassung fordern kann, wird sich kaum ernsthaft dafür einsetzen.
Auswärtiges Amt ist „einfach respektlos“
Eine weitere deutsche Staatsbürgerin, Nahid Taghavi, wird immer noch im Iran als Geisel gehalten. Sie befindet sich derzeit mit einer Fußfessel im Krankenurlaub. „Ich sitze auf heißen Kohlen“, sagt Taghavis Tochter Mariam Claren im taz-Interview. Von der Schließung des Generalkonsulats erfuhr sie erst über die Medien, vom Auswärtigen Amt erfuhr sie jedoch nichts. Sie fürchtet um das Leben ihrer Mutter. „Das ist einfach respektlos!“
Die Schließung des Generalkonsulats zeigt, dass die Bundesregierung endlich zu verstehen beginnt: Die sogenannte stille Diplomatie ist gescheitert. Es muss endlich seine Iran-Politik ändern. Ob sie dabei konsequent ist, werden die nächsten Wochen zeigen. Dies erfordert die Terrorliste der Revolutionsgarden in der Europäischen Union und die Schließung der Außenfilialen der Banken der Islamischen Republik Iran in Deutschland und anderer Einrichtungen des Regimes.
Links lesen, rechts kämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter wächst, sind Zusammenhalt und Solidarität gefragt. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert daher mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die Demokratie und Toleranz fördern. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und bürgerschaftliches Engagement. Glaubst du das auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Bis zum 31. Oktober fließen 50 Prozent aller Einnahmen aus Anmeldungen bei der taz an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen braucht jeder, der sich für eine offene Gesellschaft einsetzt, unsere Unterstützung. Bist du da? Jetzt unterstützen
http://www.taz.de/Schliessung-der-iranischen-Konsulate/!6042865/