
Die Basketball-Bundesliga hat zuletzt neue deutsche Talente hervorgebracht. Auch die Nachwuchsnationalmannschaften feierten Erfolge. Die Nachwuchsförderung dürfte für die BBL in einem zunehmend schwierigeren internationalen Umfeld noch wichtiger werden.
Die Mannschaften des Deutschen Basketball Bundes (DBB) sorgten bei den vergangenen Olympischen Spielen in Paris für viele positive Schlagzeilen: Erstmals qualifizierten sich die Männer- und Frauen-Nationalteams für ein olympisches Turnier, die 3×3-Basketball-Damen gewannen sogar Gold.
Zeitgleich landeten die deutschen U18-Basketballer fernab der großen Olympia-Bühne im finnischen Tampere einen weiteren ganz großen Coup: Dort wurden die DBB-Junioren durch einen Finalsieg gegen Serbien Europameister.
Deutscher U18-Europameister vor dem BBL-Einzug
Einige der deutschen Nachwuchshoffnungsträger könnten schon bald in der Basketball-Bundesliga zu sehen sein: Ivan Kharchenkov steht beispielsweise im Kader des FC Bayern, der am Freitag (20. September 2024) das Eröffnungsspiel der neuen Saison gegen Chemnitz bestreitet.
In Würzburg unterschrieb mit Hannes Steinbach im Juli einer der erfolgreichsten Torschützen des EM-Triumphs seinen ersten Profivertrag. Und mit Fynn Lastring spielt seit Sommer ein weiterer U18-Europameister bei Rasta Vechta: einem Verein, der sich zuletzt durch seine sehr erfolgreiche Nachwuchsarbeit einen Namen gemacht hat.
Grünloh, Krupnikas, Onyejiaka – der Talentpool aus Vechta
Das überwiegend aus U19-Spielern bestehende Farmteam aus Vechta schaffte im vergangenen Jahr den Aufstieg in die zweite Liga, die Pro A. Vier dieser Talente stehen mittlerweile im Profikader der Rastas. Angeführt wird dies von Center Johann Grünloh, der in der vergangenen Saison zum besten Nachwuchsspieler der BBL gewählt wurde und mittlerweile in Vechta eine absolute Fixgröße in der Startelf ist.
Mit Justin Onyejiaka und Roy Krupnikas, der mit Grünloh Bronze bei der U18-EM 2023 holte, stehen zwei weitere Nachwuchsnationalspieler im Vechtaer Bundesligakader. Krupnikas, der im Oktober 18 Jahre alt wird, kehrte nach einem Jahr beim französischen Euroleague-Klub Villeurbanne in die BBL zurück.“Wir sind alle stolz auf das, was hier in Vechta gewachsen ist„, sagt Rasta-Sportdirektor Gerrit Kersten-Thiele zur Sportschau.“Und dass dies auch von außen so wahrgenommen wird: dass junge Talente zu uns kommen, um ihre ersten Schritte im professionellen Basketball zu machen.“
Neben Vechta gibt es noch weitere BBL-Standorte, die sich durch erfolgreiche Nachwuchsarbeit einen Namen gemacht haben: Ratiopharm Ulm, Meister von 2023, mit seinem vorbildlich ausgestatteten Orange Campus, der auch viele Talente aus Europa anzieht.
Auch die Braunschweig Löwen, an denen DBB-Kapitän Dennis Schröder Anteilseigner ist, setzen verstärkt auf deutsche Nachwuchsspieler.
Delow, Mattisseck, Wagner-Brüder – erfolgreich Jugendarbeit bei Alba Berlin
Malte Delow und Jonas Mattisseck debütierten als Teenager für Alba Berlin in der Euroleague und sind seit langem Stammspieler. Mit Franz und Moritz Wagner haben sich zwei weitere Spieler aus Albas Nachwuchsreihen zu NBA-Stars entwickelt. Franz Wagner, der mit 17 Jahren mit Alba im Eurocup-Finale stand, unterschrieb im Sommer in Orlando einen Monstervertrag im Wert von über 220 Millionen Euro und überholte damit Dirk Nowitzki.
Trotz – oder gerade wegen – dieser Erfolgsnachweise in der Spielerentwicklung mussten die Berliner zuletzt einige ihrer Talente frühzeitig an US-Colleges oder zu Top-Clubs in Europa abgeben. Der 17-jährige Mathieu Grujicic, der die jungen Albatrosse 2023 zur JBBL-Meisterschaft führte, spielt mittlerweile für den FC Barcelona.
DBB-Talente auch im Ausland im Fokus
Auch Jack Kayil, ein weiterer U18-Europameister, spielte für Albas Jugendteam. Nach einem Jahr beim ProA-Team in Vechta wechselte Kayil im Sommer nach Serbien zu KK Mega Basket. Der Verein ist bekannt für seine engen Verbindungen zu einer großen Beratungsagentur, die sich rühmt, die größte Zahl an Draftpicks hervorgebracht zu haben, also Spieler, die bei der alljährlichen Talentbörse von einem NBA-Klub ausgewählt werden.
Mehr Geld im System, insbesondere im College-Basketball
Die Fliehkräfte auf dem internationalen Spielermarkt, die auch deutsche Toptalente betreffen, sind zuletzt stärker geworden. Zumal im US-Collegesport nach einem Urteil des Supreme Court ein neues finanzielles Regelwerk eingeführt wurde, das es Nachwuchsspielern an den Colleges nun erlaubt, sich selbst zu vermarkten und dabei mitunter hohe Summen zu verdienen. Seitdem ist im amerikanischen College-Basketball mehr Geld im System, es wurde sogar von Ablösesummen in teils sechsstelliger Höhe berichtet.
Dies sei mittlerweile auch in der Bundesliga zu spüren, sagt Vechtas Sportdirektor Kersten-Thiele: „Es besteht großes Interesse aus den USA an unseren Spielern.„Mit den veränderten finanziellen Möglichkeiten in der College-Liga mitzuhalten, fällt Vechta, und wohl auch anderen BBL-Vereinen, schwer. Für viele Nachwuchsspieler ist Basketball in den USA, am College und mit der möglichen Perspektive NBA, noch immer der große Traum.“
Rasta-Sportdirektor: „Spieler bekommen bei uns frühzeitig die Chance, professionell zu spielen“
Doch nicht allen gehe es allein ums Geld, sagt Kersten-Thiele. Umso wichtiger sei es, die Talente auf ihrem Weg zu begleiten, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und ihnen eine Perspektive zu bieten.“Wir sagen den Spielern offen, dass wir ihnen die Chance geben, schon früh professionelle Erfahrung zu sammeln. Nicht nur in der Pro A, sondern auch in der BBL oder sogar international in der Champions League. Wenn sie sich dann auf diesem Niveau beweisen und Entscheidungen treffen können, hilft ihnen das ungemein in ihrer Entwicklung..“
Noch immer gebe es in der Bundesliga zu wenige Vereine, die konsequent auf deutsche Nachwuchsspieler setzten, sagte Alba-Vizepräsident Henning Harnisch, der das Kooperationsprogramm mit Berliner Schulen ins Leben gerufen hat, kürzlich im Fachmagazin BIG.
BBL beschwert sich Wettbewerbsnachteile in Europa
Die Förderung eigener Talente erscheint den BBL-Klubs umso wichtiger, als die Liga schon seit längerem einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen europäischen Ligen beklagt: vor allem aufgrund hoher Versicherungsbeiträge für Spieler und Steuerprivilegien, die Vereine in manchen anderen Ländern genießen.
In Sachen Nachwuchsförderung hat Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in den letzten Jahren deutlich aufgeholt. Das zeigte nicht nur der Weltmeistertitel der Herren 2023, sondern auch die jüngsten Erfolge der DBB-Nachwuchsteams. Der nächste Franz Wagner könnte schon auf dem Weg sein.