Dresden. Dieser „Schatz“ könnte die Finanzsorgen des Finanzministers spürbar lindern: Rund 2,69 Milliarden Euro hat die Staatsanwaltschaft im Sommer durch den Verkauf von rund 50.000 Bitcoins eingenommen. Ein Tatverdächtiger soll sich die Kryptowährung durch illegale Gewinne aus Straftaten erworben und diese nach seiner Festnahme der Staatsanwaltschaft übergeben haben. Seit dem spektakulären Verkauf liegt der Milliardenschatz auf einem Depot bei der Landesjustizkasse und darf vorerst nicht ausgegeben werden, auch wenn die Wunschliste der Landespolitiker lang und teuer ist.
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Der Grund für die Zurückhaltung: Es ist noch nicht klar, ob die sächsische Staatskasse das Geld behalten darf. Sachsen darf derzeit nur die Zinsen ausgeben, die der Freistaat daraus erwirtschaftet. Zu Details schweigt sich Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) aus. Diese Einnahmen wird er vorsichtshalber wohl nicht in den nächsten Doppelhaushalt 2025/26 einrechnen.
Der Angeklagte übergab die Bitcoins freiwillig der Staatsanwaltschaft Dresden und wurde daraufhin aus der Untersuchungshaft entlassen. Nun muss ein Gericht die Strafvorwürfe prüfen und dann entscheiden, ob das Geld eingezogen wird. Zuständig für diese Entscheidung ist das Landgericht Leipzig, wo demnächst der Strafprozess gegen den Angeklagten vor einer Wirtschaftsstrafkammer beginnen soll.
Kein Nachteil für Sachsen beim Landesfinanzausgleich
Dennoch hat der Finanzminister Grund zur Freude: Die Filmindustrie könnte im Falle einer Verurteilung vom Angeklagten Wiedergutmachung verlangen. Doch in der Branche selbst wird nicht mit großen Summen gerechnet. Auch beim sächsischen Landesfinanzausgleich würde der Bitcoin-Schatz nicht angerechnet.
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Die Staatsanwaltschaft erhob gegen den Mann im April Anklage wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in über 200.000 Fällen und gewerbsmäßiger Geldwäsche in 146 Fällen. Die Wirtschaftsstrafkammer, die sich über mangelnde Arbeit grundsätzlich nicht beschweren kann, hat das Verfahren noch nicht eröffnet. Der Beginn des Prozesses steht noch nicht fest. Naturgemäß lassen sich die Richter nicht in die Zange nehmen, zumal das Gericht in diesem Fall vom vorzeitigen Verkauf der Bitcoins durch die Anklage und der dadurch erzeugten öffentlichen Aufmerksamkeit wenig begeistert gewesen sein soll.
Nach dem von vielen herbeigesehnten Eröffnungsbeschluss des Gerichts könnte es schnell gehen, hofft man in der Landespolitik. Da der Sachverhalt oft sehr komplex und die Beweisführung schwierig ist, werden Wirtschaftsverfahren oft durch Vereinbarungen zwischen der Staatsanwaltschaft, dem Gericht und der Verteidigung abgeschlossen. Dies erspart den Prozessbeteiligten eine unter Umständen jahrelange Beweiserhebung. Gleichzeitig kann ein Angeklagter, der gesteht, mit einer milderen Strafe rechnen. Ein Deal wäre wohl auch in seinem Interesse. Der in diesem Fall zuständige Vorsitzende Richter, Karsten Nickel, gilt als sehr erfahren. In der Vergangenheit leitete er in Leipzig mehrere große Strafverfahren, darunter den Bestechungs- und Untreueprozess gegen die Stadtwasserwerke Leipzig, den Finanzskandal in der Wohnungsbaugesellschaft Leipzig-West und den Prozess gegen die Gründer der Raubkopie Portal kino.to vor über 20 Jahren vor zehn Jahren.
Der Preis steigt und steigt
Durch den Betrieb des erfolgreichen, aber verbotenen Filmportals Movie2k hatte der Angeklagte Einnahmen durch Werbung und Abonnements erzielt, mit denen er Bitcoins erwarb. Das Streaming-Portal wurde vor elf Jahren geschlossen. Durch Preiserhöhungen erwirtschafteten die Betreiber Milliardengewinne. Ob er tatsächlich seinen gesamten Bestand an illegal erworbenen Bitcoins abgegeben hat, ist Spekulation. Es ist Ihnen jedoch nicht gestattet, Ihre Gewinne legal auszugeben.
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Die Staatsanwaltschaft hatte im Sommer beschlossen, die Bitcoins mit Hilfe eines Frankfurter Wertpapierspezialisten im Rahmen eines sogenannten Notverkaufs zu verkaufen. Während der Aktion, die innerhalb von vier Wochen stattfand, lag der Preis zwischen 50.000 und 60.000 Euro. Seitdem ist der Wert der Kryptowährung stark gestiegen. Am Donnerstag durchbrach er die 100.000-Euro-Marke. Theoretisch wäre es für Sachsen möglich gewesen, viel größeren (und mühelosen) Reichtum zu erlangen, wenn die Justiz einige Monate mit der Erkenntnis gewartet hätte. Generalstaatsanwalt Martin Uebele gibt zu, dass er und seine Mitarbeiter die Entwicklung der Bitcoins weiterhin aus Interesse im Auge behalten. Der Justiz ist es jedoch nicht gestattet, Finanzspekulationen zu betreiben. Und natürlich könne er das Risiko plötzlich fallender Preise nicht eingehen, sagte er auf Nachfrage.
SZ
