Ryanair nimmt noch mehr Flüge zu deutschen Flughäfen aus dem Programm – darunter Berlin, Köln und Frankfurt-Hahn. Das Unternehmen kritisiert immer wieder die Standortkosten.
Flughafen BER, zwei Minuten nach Mitternacht: Eine Ryanair-Maschine landet. Das Problem: Das Nachtflugverbot gilt seit zwei Minuten. Eine Landung ist nicht gestattet. Die Maschine stoppt immer noch.
Der Vorfall vom Januar 2025 hat eine lange Nachwirkung. Gegen den Piloten wird seitdem wegen einer möglichen Ordnungswidrigkeit ermittelt. Und Ryanair kämpft weiterhin gegen das Nachtflugverbot. Aus Sicht der irischen Fluggesellschaft wären Sondergenehmigungen nötig, wenn ein Flugzeug erst kurz nach Mitternacht landen wollte.
„Es muss gesund sein gesunder Menschenverstand geben“
Die beiden Seiten streiten schon lange, und das schon vor der Landung im Januar. Bisher wurde nichts unternommen. Für Dara Brady, Chief Marketing Officer bei Ryanair, ist dies ein Symptom eines Landes, das seiner Meinung nach zu kompliziert und zu wirtschaftsfeindlich ist: „Es ist wie mit vielen Problemen in Deutschland: Niemand will sie angehen.“
Droht eine Überschreitung des Nachtflugverbots, müssten Flugzeuge umgeleitet werden – in der Regel nach Hannover. Dies ist in diesem Jahr bereits auf rund 30 Flügen geschehen. Die Passagiere müssen dann mit dem Bus nach Berlin transportiert werden. Ein großes Ärgernis für Ryanair. „Es muss gesunder Menschenverstand vorhanden sein“, sagt Brady.
Kostentreiber Luftverkehrssteuer
Dies fehlt auch in anderen Themen. Die Luftverkehrsteuer beispielsweise macht den Flug von und nach Deutschland einfach zu teuer. Bei Ryanair ist das fast ein Mantra. Brady beklagt, die CDU habe angekündigt, die Steuer zu senken, aber „das ist nicht passiert. Das sind noch enttäuschendere Nachrichten aus Deutschland.“
Die geplante Steuersenkung fiel den Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2026 zum Opfer. Hinzu kommen Gebühren für die Flugsicherung, die zu den teuersten in Europa zählen. Und an vielen Flughäfen sind die Gebühren für Starts und Landungen oft um ein Vielfaches höher als im Ausland.
Das Ergebnis: Ryanair fliegt lieber woanders hin. Bereits im Frühjahr hatte die Linie ihr Angebot in Deutschland reduziert, nun geht es weiter. „Wir streichen 24 Verbindungen nach Deutschland. Der Markt ist strukturell kaputt“, sagt Brady. Die Entscheidung sei eine Folge der „Kumulierung von Kostensteigerungen“.
800.000 Passagiere weniger
Auf der Liste der Streichungen stehen Berlin und der kleinere Flughafen Memmingen. Das Unternehmen wird an beiden Standorten insgesamt rund 230.000 Plätze weniger anbieten. Allein in Berlin fallen fünf Verbindungen weg. Auch Baden-Baden, Köln und Frankfurt-Hahn sind stark betroffen. Deutschlandweit streicht die Airline 24 Verbindungen mit Platz für insgesamt 800.000 Passagiere.
Die Entwicklung auf dem deutschen Markt steht im Widerspruch zum Expansionskurs der Airline. Ryanair wächst seit Jahren in Europa, neue Flugzeuge wurden bestellt und immer mehr Ziele auf dem Kontinent werden angeflogen. Deutschland ist die Ausnahme. Das Unternehmen zieht sich hier immer mehr zurück. Brady: „Wir hatten hier 2019 einen größeren Flugplan als 2025.“
Mehrere EU-Länder hatten eine Luftverkehrssteuer eingeführt. Eines der Ziele: Es soll das Fliegen teurer machen. Das hat auch funktioniert – wo es existiert. Die Folge: Fluggesellschaften wie Ryanair fliegen seltener dorthin.
Flugzeuge fliegen nach Schweden
In Schweden wurde die Steuer wieder abgeschafft – und Ryanair reagierte schnell. Einige der Flugzeuge, die bisher in Deutschland gestartet und gelandet sind, werden künftig Stockholm ansteuern. Dara Brady hält es für unvermeidlich, dass die Bundesregierung irgendwann etwas unternehmen muss. „Man muss sich nur Schweden ansehen.“
Brady stellt ein ähnliches Szenario für Deutschland in Aussicht. Weniger Steuern würden geringere Kosten, mehr und günstigere Tickets bedeuten – und zwar bald, denn Flugzeuge sind mobile Investitionsgüter. Würde die Luftverkehrssteuer abgeschafft, „würden wir ab April wieder da sein – und zwar wachsen“, sagt der Manager. Mittlerweile fliegen die mobilen Investitionsgüter auch anderswo: nach Italien, Ungarn, Irland – und Schweden.