Die Region Poltawa, tief im Zentrum der Ukraine, soll die erste sein möglicherweise mit einer modifizierten russischen Langstrecken-Gleitbombe angegriffen worden. Das berichten ukrainische Medien wie die „Kyiv Post“ unter Berufung auf Informationen der ukrainischen Luftwaffe und der Beobachtungs- und Militäranalysegruppe „Monitorwar“.
Demnach sei am Montag gegen 11.48 Uhr eine „raketengetriebene Fliegerbombe“ auf dem Weg in die Region Poltawa gesichtet worden. Nur wenige Minuten später kam es im gleichnamigen Stadtteil zu einer Explosion. Den Angaben zufolge handelt es sich um eine russische Lenkbombe vom Typ KAB etwa 20 Kilometer von der Stadt Poltawa entfernt. Die Angaben konnten bislang nicht unabhängig verifiziert werden.
Die „Kyiv Post“ weist darauf hin, dass die Entfernung zur nächsten Frontlinie in der Nähe von Charkiw liegt beträgt mindestens 150 Kilometer. Dementsprechend deutet der jüngste Luftangriff darauf hin, dass das Standard-KAB wahrscheinlich modifiziert wurde, um größere Entfernungen überwinden zu können.
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Zum Vergleich: Die Fliegerbombe KAB-500S-E soll eine Reichweite von rund 40 Kilometern zurücklegen können. Die viel größeren KAB-1500-Bomben können je nach Abwurfhöhe eine Reichweite von 18 bis 20 Kilometern erreichen. Mit Hilfe von Modifikationen und Erweiterungen um ein Raketentriebwerk Allerdings konnten KAB-Fliegerbomben auch weitere Distanzen bis etwa 100 Kilometer überwinden.
Erste Modifikationen der Gleitbombe im Frühjahr 2025
Nach Angaben des ukrainischen Militärnachrichtenmagazins Militarnyi wurden die ersten Fälle von modifizierten russischen Lenkbomben mit Düsentriebwerken gemeldet. bereits im Spätfrühling bis Frühsommer 2025 angemeldet. Die gestiegene Zahl der jüngsten Vorfälle deutet jedoch darauf hin, dass Russland nun gezielte Kampfversuche und Tests durchführt, um die Modifikationen weiterzuentwickeln.
Bereits am Samstag kam es zu einem Luftangriff auf die ukrainische Stadt Losova in der Region Charkiw Trümmer einer weiteren Raketenbombe identifiziertwie die Staatsanwaltschaft von Charkiw per Telegram berichtete.

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Berichten zufolge wurden bei dem Angriff auf ein Wohngebiet fünf Menschen verletzt. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass die Modifikationen der Gleitbombe und der möglichen Flugreichweite noch geprüft würden. Nach aktuellen Ermittlungen wurde die Bombe aus russisch besetztem Gebiet abgefeuert soll eine Strecke von rund 130 Kilometern zurückgelegt haben.
HUR: Russland beginnt mit der Massenproduktion von Gleitbomben
Unterdessen berichtete der stellvertretende Chef des Hauptnachrichtendienstes der Ukraine (HUR), Wadym Skibitsky, auf dem Energiesektorforum „RBK Ukraina“, dass Russland die Modifikationen der Gleitbombe nicht nur teste, sondern sie bereits einsetze Serienproduktion modifizierter Gleitbomben haben begonnen. Die Waffen sollen demnach eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern haben.
Die Gleitbomben sind laut Skibitsky um ein sogenanntes UMPK-Upgrade-Kit erweitertum ungelenkte Freifallbomben in präzisionsgelenkte Gleitbomben umzuwandeln. Die Abkürzung UMPK bedeutet so viel wie „einheitliches Gleit- und Korrekturmodul“.
Dementsprechend sind die Ausrüstungssätze auf Bomben mit einem Kaliber von 250, 500, 1.500 oder 3.000 Kilogramm montiert Reichweite auf mindestens 150 bis 200 Kilometer erhöhensagte der Sprecher des Militärgeheimdienstes am Montag. Die ersten Angriffe mit diesen modifizierten Bomben wurden bereits auf Dnipro und anderen ukrainischen Städten registriert. Laut Skibitsky muss die ukrainische Luftverteidigung nun deutlich ausgebaut werden, um der neuen Bedrohung aus der Luft angemessen begegnen zu können.
Die ersten Angriffe dieser Art haben wir in Dnipro gesehen, jetzt sehen wir sie in anderen Städten.
Vadym Skibitsky, HUR
Russland erreicht mittlerweile auch Gebiete in der Zentralukraine
Die „Kyiv Post“ deutet die Tatsache, dass Russland nun in der Lage ist, Gebiete tief in der Ukraine mit seinen Gleitbomben anzugreifen, als potenzielle Möglichkeit an neue Eskalationsstufe im andauernden Ukraine-Krieg. „Der Angriff auf Poltawa zeigt, dass Regionen, die einst als sicher galten – darunter Kommandozentralen, Versorgungsdepots und Logistikzentren – liegen nun in Russlands Reichweite“, heißt es in dem Bericht.
Die russischen KABs sind Präzisionsbomben, die ferngesteuert werden können. Die größten Fliegerbomben dieses Typs können Transport von bis zu 1500 Kilogramm Sprengstoffschreibt die ukrainische Tageszeitung unter Berufung auf Experteninformationen. Sie werden normalerweise von russischen Su-35- und Su-34-Kampfflugzeugen abgefeuert, die außerhalb der Reichweite der ukrainischen Luftverteidigung liegen.