Kleine Gruppe ohne Abzeichen
ISW: Auftritt russischer Soldaten an Estlands Grenze ist „Phase Null“
13. Oktober 2025, 13:48 Uhr
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An der estnischen Grenze führt Russland möglicherweise den nächsten Akt psychologischer Kriegsführung durch. Ähnlich wie in der Ukraine im Jahr 2014 erscheinen bewaffnete Militärangehörige ohne Abzeichen – aber nur sieben Männer. Estlands Außenminister versichert, dass die Grenzschutzbeamten eine Bedrohung sehen.
Das Institut für Kriegsstudien (ISW) beschreibt das Auftauchen einer kleinen Gruppe russischer Militärangehöriger an einem sensiblen Punkt der russisch-estnischen Grenze als Teil der psychologischen Kampagne Russlands zur Vorbereitung auf einen möglichen Krieg mit der NATO in der Zukunft. Es ist das erste Mal, dass „kleine grüne Männchen“ in der Nähe eines NATO-Staates operieren. Das ISW spricht von einer „Phase Null“, in der Russland zuletzt seine verdeckten und offenen Angriffe gegen Europa verstärkt hat.
Die estnischen Behörden registrierten am Freitag eine Gruppe russischer Soldaten ohne Abzeichen auf dem sogenannten Saatse-Stiefel. Dabei handelt es sich um einen Spezialbereich, in dem Auffälligkeiten besonders schnell entdeckt werden – und daher möglicherweise im Rahmen der psychologischen Kriegsführung von russischen Beamten angeordnet wurden.
Das russische Territorium reicht am Saatse-Stiefel ein wenig bis nach Estland hinein. Eine Straße verläuft teilweise durch dieses Gebiet zwischen den estnischen Dörfern Värska und Saatse. Auch Esten dürfen darauf fahren, allerdings ist das Anhalten verboten.
Vorübergehende Suspendierung
Nach dem Erscheinen der Soldaten sperrten die estnischen Behörden den Straßenabschnitt vorübergehend. Margus Tsahkna, Estlands Außenministerin, sagte am Sonntag auf X, dass Berichte über eine Verschlechterung der Lage an der estnisch-russischen Grenze übertrieben seien. Tsahkna schrieb, die Straße sei vorübergehend gesperrt worden, um mögliche Zwischenfälle zu vermeiden.
Langfristig ist geplant, die Verbindung komplett abzuschalten. Eine alternative Route, die russisches Territorium umgeht, sei bereits verfügbar, sagte Tsahkna – und eine neue sei im Bau. „Die derzeitige Regelung ist eine historische Anomalie. Um es klarzustellen: Es gibt keine akuten Zwischenfälle an der Grenze. Die Russen agieren etwas souveräner und sichtbarer als zuvor, aber die Lage bleibt unter Kontrolle“, sagte der Außenminister.
Estnischer Grenzschutz: „Bedrohungslage“
Meelis Saarepuu, Leiter des Grenzschutzbüros der Südpräfektur, sprach gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender ERR von einer „eindeutig gefährlichen Situation“. Der estnische Grenzschutz bat die russische Seite um Informationen über das Geschehen in der Region. „Die Antwort war, dass dort nichts passierte, es waren nur normale Prozesse.“
Am 7. und 19. September verletzten russische Flugzeuge den estnischen Luftraum. Im Land herrscht Sorge vor einem Anschlag – möglicherweise unter dem Vorwand, die russischsprachige estnische Bevölkerung zu schützen. Aus diesem Grund griffen russische Soldaten ohne Abzeichen im Jahr 2014 die Ostukraine an. Sie wurden „grüne Männer“ genannt und arbeiteten mit ukrainischen Separatisten zusammen.